Überaus fragil betasteten kühle Fingerkuppen den schmerzenden Wangenknochen. Es fühlte sich an, als wäre eine wahre Feuersbrunst über ihre Haut marschiert und hätte rücksichtlos, jegliches Fleisch von den Knochen gepuhlt. Tatsächlich war es schlicht, die geschlossene Faust eines Mannes, welcher im Sog seiner überkochenden Erregung, die Fassung verlor. „Verdammtes Arschloch.“ Erneut tauchte Lilith die zitternden Hände in das, indessen blutgeschwängerte Wasser um sich weiter zu reinigen. Die wenigen an der spärlichen Holzkommode aufgestapelten Kupfermünzen, würden gerade mal für diese schäbige Unterkunft und etwas Brot am Folgetag reichen.
Unter einer flatternden Atmung brachte die Schwarzhaarige ihr junges und zerbeultes Antlitz vor den zerfurchten Spiegel. Selbst hier in diesem unsteten, schwachen und spöttisch flackernden Kerzenschein, prangte ein violettes, hässliches Veilchen überdeutlich an der rechten Gesichtshälfte. Die Oberlippe wurde gleichermaßen in Mitleidenschaft gezogen, war unschön aufgesprungen und schimmerte im tiefroten Glanz getrockneten Blutes. „Oh nein..“ Es war ein klagendes Wimmern, welches leise aus dem schmerzhaft verzogenen Mund brach. So würde sie nicht arbeiten können, wer wollte sich schon mit einem blutenden und mit hässlichen Flecken übersäten Mädchen abgeben.
Lilith wandte abrupt ihr Konterfei ab. Sie konnte und wollte diesen Anblick nicht länger ertragen. Die Fänge der Scham nagten an ihrem Nervenkostüm. Nicht dafür, dass sie ihren drahtigen und ausgehungerten Körper für Münzen verkaufte. Es war die Erniedrigung, der Spott dieser Kerle, welcher sie ob des glänzenden Tands zum Spielball ihres perversen Triebes machte, sie schlug und verhöhnte. Der Umstand, dass sie zielgenau in jene Kerbe der Gewalt steuerte, aus jener sie vor Jahren, Hals über Kopf geflüchtet war.
Langsam glitt die schlaksige Frau am Rücken die kalte Wand entlang, wo sie die Beine an ihren Oberkörper zog und die dünnen Arme darum schlang, um die Stirn darauf zu betten. Sie wollte nicht heulen, das war nicht Rechtens und keiner dieser schäbigen Bastarde hatte auch nur eine, ihrer silbernen Tränen verdient. Zitternd wiegte Lilith ihren zusammengekauerten Leib hin und her, ehe sie in bitteres Schluchzen ausbrach.