Teilweise Gewalt verherrlichende Handlung daher im Spoiler
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Die Sicht verschwommen blinzelte ich aus dem Dunkeln heraus in den Tag, später Nachmittag, wobei ich die Sonne nicht beachtete, ebenso wenig wie die tatsächliche Uhrzeit. Es schien mir wie in einem Traum als ich Sand und Gestein unter meinen Fingern spürte, am ganzen Körper gar. Es war als hätte man mich hinein getunkt, es wie eine Panade um mich gelegt. Immer noch pochte mein Schädel schmerzhaft und schärfte mit jedem Puls meinen Blick ein wenig mehr, wenn auch nicht gänzlich. Mein Kopf war nicht der einzige Punkt, von dem Schmerz ausging wie ich feststellen durfte. Linke Schulter, rechter Oberschenkel, Flanke…au…letztere war mit jedem Atemzug zu spüren, eine herrliche Erinnerung an jede gebrochene oder geprellte Rippe an jeden Bluterguss und die hübsche Stichwunde, die mich um Haaresbreite schon vor dem Untergang des Schiffes zu Grenth geschickt hätte. Dass ich rot, blau und grün wie eine Flagge trug an mehr als nur einer Hand voll Körperstellen musste ich meinem Spiegelbild an der Wasseroberfläche nicht ansehen, war es auch so eine bittere Gewissheit. Es musste ein Traum sein, der sich da um mich herum zusammen puzzelte alles andere konnte niemals erklären können, dass ich mich noch bewegen konnte. Ziehen der Arme und Krabbelbewegungen waren es mit denen ich mich voran arbeitete während die Wellen in meinem Rücken mich noch schäumend versuchten zurück zu halten. Oder stießen sie mich vielmehr in die richtige Richtung? Ich dachte nicht allzu genau darüber nach. Es trieb mich weiter durch den nassen Sand welcher an meiner klitschnassen, teilweise zerrissenen Kleidung haftete. Meine Gedanken waren wirr und ziellos.
„Nimm dir das, was dir zusteht“ schallte es durch meinen Kopf. Es war die Stimme des Mesmers, welcher mir diesen Traum bescherte ohne dass ich je darum gebeten hätte. Dennoch nahm ich die Stimme, vielmehr die Aufforderung, die sie mir mitgab als Antrieb weiter aus den Fängen der See zu entsteigen und mich elegant und flink wie ein Rammbock aufzurichten. Jeder einzelne Muskel meines Körpers brannte tausend Feuer. Doch der Schmerz verschaffte mir die zuckersüße Wahnvorstellung am Leben zu sein. Es fühlte sich gut an das musste ich zweifelsfrei zugestehen und es trieb mich voran, ließ mich alles aushalten und die Schatten wieder willkommen heißen. Ich konnte sehen wie sich die Sandkörner an manchen Stellen mit mir vom Boden erhoben während meine dunklen Gefährten über den Boden krochen, sich ausbreiteten wie Efeu ranken, unaufhaltbar wie eine Seuche, welche sie im Grunde doch waren , doch sie gehörten mir wie ich ihnen gehörte. Ich sehnte mich nach dem Moment in dem sie mich wieder vollends in ihre Arme schlossen und mich in den Krieg führten. Giftig züngelnd wanderten sie an meinen Beinen nach oben und ich ließ es geschehen während meine Augen trotz immer noch leicht verschwommener Sicht die Umgebung absuchten auf der Jagd nach etwas ganz Bestimmten.
Ein Ruck ging durch meinen Körper und es fühlte sich wieder an wie auf dem Schiff, dachte ich zumindest. Aber das Wesen in mir, welches sich mit seinen Fühlern ausstreckt und damit durch meine Adern wandert wie das Blut, das durch selbige gepumpt wird, war stärker als mein letzten Mal. Das ohnehin schon kaum zu haltende Biest war stärker, schneller, es passte sich an und über dies hinaus ließ es sich kontrollieren. Es riss nicht das Ruder an sich mich in den nächstbesten Kampf zu stürzen und das verwunderte mich. Ich wusste was ich tat, ich hatte die volle Kontrolle, tat jeden Schritt über Kies und Stein ganz bewusst. Es ließ sich führen, strebte nicht nach neuerlichen Herrschaft über meinen Körper, blieb sogar friedlich wenn ich auch merkte wie es nach Blut und Tod lechzte, wie sehr es sich danach verzehrte. Ich wusste an wem ich genau das auslassen wollte so führte es mich an Schiffsteilen vorbei in Richtung schützender Felsen die zumindest Raum für ein Lager boten. Genau da erspähte ich ihn auch, wo er Zuflucht gesucht hatte, wo er gehofft hatte meinen letzten Atemzug aus zu sitzen. Im Moment jedoch war mir egal, dass es nur eine hübsche Illusion aus der Hand des Mesmers war. Meine Füße trugen mich nur immer schneller zu ihm wo ich ihn, Jared Marle, im Staub liegend von oben herab betrachtete. Mit aufgerissenen Augen sah er mich an, schien kurz davor in Tränen auszubrechen. Schwächling. Er verdiente den Tod und noch Schlimmeres als das. „Du…du weißt es oder?“ erhob er nun die Stimme und ich hasste ihren Klang so weich und beruhigend, doch sie hatte mir nie Ruhe gespendet, ich hasste den Klang so sehr wie ich ihn fürchtete. Aber die Angst wurde verschluckt, die Schatten erstickten sie für mich und das kam mir entgegen. So konnte ich mich darauf fokussieren selbst der Schrecken zu sein, welchem ich versucht hatte zu entkommen. „Er hat mit dir gesprochen, nicht wahr? Du weißt dass du seine Tochter bist…“ Seine Lippen erbebten mit jedem Wort während er das aussprach, es wagte wieder zu sprechen.
„Ist das denn so?“ Stolz wie der Pfau der ich war wurden meine Gesichtszüge zu der einer Statue, welche sie mir eines Tages errichten werden. „Ja. Er hat dich bei mir gelassen nachdem Elise gestorben war, er wollte mich damit demütigen…aber ich hatte dich so lieb“ Das Biest in meine Brust knurrte und ich musste an mich halten es zurück zu pfeifen. Am liebsten hätten die Schatten ihn auf der Stelle zerfetzt, doch ich gebot dem Einhalt. Er sollte fertig erzählen bevor er starb. Er wusste, dass ich ihn töten wollte und ob ich ihm Glauben schenkte könnte ich danach immer noch entscheiden. „Ich sollte dich als meine Tochter aufziehen. Aber seine Pläne haben sich nach ein paar Jahren geändert. Er wollte dass ich dich abhärte, dich stärker mache sodass du...all diese Dinge die ich tun musste…“, nun war es nur noch ein Schluchzen, das er hervorbrachte, doch bei mir weckte er damit nur Abscheu. Vor ihm und der ganzen bizarren Szenerie in der ich mich hier wiederfand. „Na spiel ich das Spiel mal mit…Vater. Warum hast du es denn gemacht, wo du doch offenbar so ein großes Tier bist. Oder willst du mir weismachen er hätte dich verhext?“ Jammernd kroch er auf mich zu und versuchte wie ein Bettler auf der Straße nach meinem Bein zu greifen. Ich trat ihm gegens Kinn und machte einen Schritt rückwärts. „Nein. Er hätte aber gekonnt. Du hast keine Ahnung wer er ist, Nori…“ „Wag es nicht mich noch einmal so zu nennen!“ fauchte ich ihn an und ein Klatschen folgte. Diesmal hatte nicht ich den Schlag kassiert sondern er. Die Dinge hatten sich geändert. Ungehindert dessen sprach er einfach weiter, wimmerte seine erbärmliche Geschichte weiter. „Enzo ist mächtig…er hätte mich töten können…und auch Iris“ Ein Lachen schlich sich in mein Gesicht so bitterböse dass er gar nicht erst auf die Idee kam zu glauben, sie wäre noch zu retten oder umzustimmen. „Ja, deine kostbare Iris…Und du bist nie auf die Idee gekommen ihm die Stirn zu bieten? Hast es nicht einmal versucht?“ Ich schob meinen Unterkiefer hin und her und hörte es knacken. Ich konnte nicht fassen, dass ich dieses Gespräch führte. „Ich hatte Angst dass er…“ „Es reicht, Jared!“ unterbrach ich ihn „Du bist ein elender Feigling der bereit war sein Kind zu missbrauchen um einer Konsequenz der Nahrungskette zu entgehen.“ Mein Ton wurde merklich lauter und ich musste an mich halten mich zu beherrschen. Ich holte tief Luft und mein Ton wurde wieder ganz ruhig, beinah eisig bevor ich aussprach: „Du. Widerst. Mich. An.“ „Bitte Ellinor…“ Fest mahlten meine Zahnreihen über einander. „Du bist ein feiges Arschloch“ meinte ich. „Und was tun Feiglinge? Sie laufen weg“ Ich machte es ihm einfacher indem ich die Frage für ihn beantwortete. Er blickte zu mir hoch, sein Haar von Sturmwind und Wasser durcheinander gebracht, sein Gesicht voll mit Schrammen. Eines seiner Beine ganz offensichtlich mindestens einmal gebrochen. „Ich…ich kann nicht…“ winselte er vor sich hin. „Lauf!“ befahl ich und macht Anstalten ihn zu berühren meiner Aufforderung Nachdruck zu verleihen. Er wusste dass ihm diese Art von Berührung nichts als Schmerz bereiten würde, hatte es an mehreren seiner Lakaien gesehen. Und wo waren die jetzt, jetzt wo es wirklich um seinen Hals ging? Am Grund des Meeres, wo sie hingehörten. Illusion hin oder her ich wollte meinen Spaß. Die Informationen, die auf mich eingeprasselt waren, die nun nach und nach durchsickerten empfing ich gar nicht so weit, dass sie mich abhalten könnten zu tun wonach die Bestie und auch ich und sehnten.
Langsam, sicherlich auch schmerzvoll versuchte Jared Marle sich nun an einem Felsen hoch zu ziehen. Ich sah in aller Ruhe dabei zu und ließ ihn vor mir humpeln, folgte ihm mit ruhigen Schritten, die mich deutlich weniger Mühe kosteten als ihn die seinen. „Na los! Wars das schon? So viel ist dir dein Leben wert? Lauf gefälligst richtig!“ forderte ich zornig und ein paar britzelnde Wellen krochen auf ihn zu ihm den nötigen –Antrieb- zu geben. Tatsächlich wurde der Elementarmagier jetzt, besser spät als nie, panisch. Er beschleunigte sich merkbar und versuchte zu laufen, sodass ich mich zumindest ein wenig anstrengen musste hinterher zu kommen. Nicht ausreichend für eine richtige Jagd, aber man muss nehmen was man kriegen kann und es entlockte mir ein amüsiertes Lachen. Jenes wurde nur noch manischer als er über einen Stein stolperte und erneut zu Boden sank. Hier war weit und breit niemand, der ihm helfen könnte. Nicht einmal ich wusste wo wir waren, wie nah wie Garrenhof gekommen waren auf der Reise. Fest stand aber, dass hier keine Menschenseele war, die ihn vor seinem Schicksal bewahren konnte und dieses Schicksal war ich.
Vor mir krabbelte er weiter, ich trat ihn erneut ihn in den Staub zu zwingen und dann hielt er auch still, wandte sich mir wieder zu. Ich zog von meinem Gürtel die letzte noch brauchbare Waffe, welche ich bei mir trug. Einen Dolch, normalerweise nutzte ich ihn um Verrätern in den eigenen Reihen zu demonstrieren, dass man es sich mit einer Göttin nicht verscherzen sollte. „Ich habe dich geliebt wie mein eigenes Kind, Ellinor. Sieh was aus dir geworden ist. Du bist so stark, so viel mehr als ich mir je vorstellen hätte können. Bitte hab Gnade.“ Diese Worte waren es, die meine Geduld überstrapazierten. Ich schnellte nach vorn mich auf ihn zu stürzen und nieder zu drücken. Er wehrte sich nicht und so hatte er auch schon die Klinge an seinem Hals. Ich konnte seine Angst förmlich riechen. „Bitte…hab Gnade, Tochter“ wiederholte er sein Betteln und meine Mundwinkel huschten nach oben. Kurz sah ich ihn an wie das kleine Mädchen, welches ich einst gewesen war, welches ihrem Vater bis in den Tod gefolgt wäre. „Vater…“ sagte ich mit sanfter Stimme und ich ergötzte mich an diesem kleinen Funken Hoffnung der in seinen Augen flackerte. Sie war das Gift, welches ihn tötete, und er hätte es verdient. „…ich bin nicht deine Tochter.“ Beendete ich den Satz und der Funke erstarb. „Und du hast mir etwas sehr Wichtiges beigebracht, weißt du noch?“ Wieder arbeitete es in seinem Kopf, das konnte ich sehen und da wo eben noch die Hoffnung war, da erschloss sich mir nun das blanke Entsetzen. Er wusste was kam, das stimmte mich nur noch zufriedener als ich diese letzten Worte an ihn richtete. „Gnade wird weder gewährt noch erbeten“ sprach ich aus während ich meine Klinge in seinen Brustkorb fahren ließ. Dieser Satz hatte mich Jahre meines Lebens begleitet, er hatte mich zu dem gemacht was ich war, wie oft hatte mir Jared mit genau diesem Satz veranschaulicht, dass das Leben grausam war. Nun war ich in der Position ihm zu zeigen wohin es ihn gebracht hat. Ich begnügte mich nicht damit ihn zu erstechen, das wäre zu kurzlebig gewesen. Er war noch am Leben als ich die Klinge wieder anhob und mit seinen Schmerzensschreien erhoben sich auch die ersten Fluten des roten Goldes aus seinem Inneren. Sein Wimmern war wie die lieblichste Melodie in meinen Ohren und beflügelten das Monster zu jedem weiteren Schnitt, tief in die Brust. Mit roher Gewalt geführt sollte das Messer den ihm zugedachten Zweck erfüllen. Opfer bringen, einer Göttin der in Blut und Schmerz Tribut zu zollen ist. Mit naheliegenden Felsbrocken wurden Knochen knackend wie Geäst zerbrochen und ich verlor mich in dem Rot, welches mir entgegen strömte, warm und samtig auf meiner Haut und sog es sich in meine Kleider, sie rot zu färben, sodass ich nicht vergaß was geschehen war. Ich liebte es wie kaum etwas Anderes. Zu meinem Bedauern verlor der Mann unter mir viel zu schnell das Bewusstsein, konnte er damit doch gar nicht genießen wie ich mit fast schon hackenden Schnitte grob wie ein Metzger ohne Sinn und Verstand den fleischigen Motor eines Menschen von seinen Leitungen löste. Als ich das Messer zur Seite legte um meine Hand in die einladende Wärme seiner Brust zu führen, konnte ich es ein paar letzte Male pochen spüren. Dann jedoch riss ich ihm das Herz heraus, wie er es einst mit mir getan hatte. Ein paar Sekunden lang starrte ich es an. Grade so groß wie seine Faust knapp war es. Ich umfing es behutsam mit beiden Händen, vorsichtig wie ich es mit einem Glasgefäß getan hätte, und führte es an meine Lippen. Es war mein Sieg doch er wäre erst komplett wenn ich es verschlungen hätte. Als handle es sich um einen Apfel biss ich hinein. Rohes, warmes Fleisch erreichte meinen Mund während das Blut aus meinen Mundwinkeln ließ und meinem Gesicht den Ausdruck des Monsters lieferte, welches in mir Freudensprünge vollführte und sich wie ich in dem gewonnenen Sieg sonnte. Ich war eine Göttin in diesem Augenblick. Eine, die sich von nichts und niemandem aufhalten ließ, keinesfalls unsterblich oder unverwundbar. Doch eine die ihren Weg aus Leichen pflastert und ihn dann überschreitet als sei der Teppich immer rot gewesen. Weder die Wärme noch der metallische Geschmack störten mich, teilweise recht zäh wie ich feststellen musste, doch bei einem Herzen wunderte es mich wenig. Gerade gab ich mich dem letzten Bissen hin als ein Kreischen die Stille durchdrang in welcher ich eben noch geschwelgt hatte. „Du Monster! Was hast du nur getan!“ Es war eine Frauenstimme, verhasst wie vertraut gleichermaßen. Ich hob den Kopf um zu sehen dass sie mich aus sicherer Entfernung beobachtet hatte. „Ach wie nett eine Familienwiedervereinigung“ meinte ich sichtlich amüsiert doch damit waren die Zeiten des Sprechens auch vorbei. Sie schien bei klarem Verstand zu sein, wie auch immer das zustande gekommen war. Ich richtete mich langsam vom toten Körper ihres Vaters auf und nun schien sie ihre Meinung geändert zu haben, beschloss zu laufen wie auch er es getan hatte. Ich versuchte gar nicht erst aufzustehen ihr womöglich zu folgen. Dummes Mädchen. Was ich auf mich genommen hatte um sie zurück zu bringen. Und das war der Dank.
Blaue Augen fixierten sie mehr als genau. Eigentlich war es nur eine kleine Bewegung, welche ich nun vollführte. Doch war sie anstrengender als man meinen mochte. Es war mein Zeigefinger, der sich langsam aber sicher meinem Daumen näherte, während ich mich darauf konzentrierte ihr die Luftzufuhr abzuschneiden. Ich konnte ihr keine entziehen, aber ich konnte verhindern, dass sie weitere bekam. Nach ein paar wenigen Schritten mehr sah ich wie sie stehen blieb, in die Knie ging und sich an den Hals fasste. Ich führte meine Finger weiter zusammen und beobachtete was geschah. Iris sank irgendwann weiter zu Boden und ich konnte sie husten und röcheln hören. Ich ließ schlussendlich die beiden Finger einander berühren sodass sich das Husten in Stille wandelte, mit dem Rauschen des Wassers verschwamm. Meine Schwester rührte sich nicht mehr.
Mit einem Mal spürte ich eine unaufhaltbare Müdigkeit, die in mir aufstieg, meine Glieder schwer werden ließ ebenso wie meine Augenlider. Es war ja ohnehin nur ein Traum, so dachte ich bei mir, ehe ich mich zufrieden in die Schwärze fallen ließ.
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