„Hast du alles?“, fragte G.
„Ich habe alles.“, sagte S.
„Bist du dir sicher?“, verlangte G zu wissen.
„Aber ja doch. Ich mache das nicht zum ersten Mal.“, konterte S.
„Dein letztes Mal ist lange her.“, gab G zu bedenken.
„Nun wollen wir es aber mal nicht übertreiben.“, lachte S und puderte sich die Nase.
„Ich finde es seltsam, wenn du das machst.“, kommentierte G mit gefurchter Stirn.
„Das ist mir egal.“, tat S es ab.
„In Löwenstein gibt es Pfirsichpuder. Aber das ist teuer.“, überlegte G.
„Ich bevorzuge Rosenkreide.“, säuselte S.
„Das ist so gewöhnlich.“, rümpfte G darüber die Nase.
„Und genau aus diesem Grund.“, löste S auf.
„Ach...“, machte G. „Das ergibt Sinn.“
Von der Straße aus gesehen war es ein Haus. Es lag in der Nähe der alten Arztpraxis im Rurikviertel. Es hatte auch einmal eine Apotheke in direkter Nachbarschaft gegeben, aber beide waren vergangen und jetzt nur noch Erinnerungen.
Von innen betrachtet handelte es sich auch um ein Haus. Es war kein großes Haus, kein schönes Haus, aber es war solide und zweckdienlich und mehr musste es gar nicht sein.
Das Haus hatte drei Etagen. Vier eigentlich, bezog man den Keller mit ein. Gewöhnliche Aufteilung. Keine Besonderheiten.
Erdgeschoss
Die Küche glänzte mit Normalität. Sporadisch waren ein Tisch, ein Ofen und ein paar wenige Stühle in den Raum geworfen. Hier ein Regal mit Vorräten, dort ein Fenster, dessen Unvollkommenheit die lachende Sonne verriet als sie ihre Strahlen hindurch warf und den Deckmantel der Reinheit mit einem Fingerschnipsen von dem Rauchglas herunter riss. Es gab noch eine Kellertüre, aber sie war vereist.
Erste Etage
Bücher. Bücher waren das erste was man sah. Es gab Regale gefüllt mit ihnen, ein bequemes Polster für den Hintern und in einem Eck Rüstungen auf Ständern und Waffen an den Wänden. Solche Dinge wollten ausgestellt werden. Ausgestellt oder getragen. Konnte man das eine nicht tun mit ihnen, dann musste man das andere machen, denn sonst wurden sie undankbar und versagten einem im Notfall den Dienst.
Schwachsinn.
Zweite Etage
Ein Bett, ein Bad, ein Kleiderschrank. Nichts von Interesse. Nicht einmal nach einer Durchsuchung. Einen so großen Mangel an Persönlichkeit hatte kein Haus verdient. Kein Heim viel mehr, denn wie sollte etwas ohne eigene Note jemals zu einem Ort der Zuflucht, zu einem Hort des Rückzuges werden?
Toilette, Badewanne, Waschbecken, Kernseife, Handtuch, Zahnbürste. Tatsächlich kein einziger interessanter Krümel in diesen vier Wänden.
Flasche gefüllt mit farbloser Flüssigkeit. Zwei.
Packung Zündhölzer aus dem Meridian.
Streichung der unwichtigen Information.
Pfefferminzbömskes.
Sprengkörper rot. Drei.
Sprengkörper gelb. Eins.
Leinenlappen
Sprengkörper rot zwischen Bad und Schlafzimmer platziert. Sprengkörper rot zwischen Bücherregal und Ministerialrüstung gelegt. Sprengkörper rot auf den Küchentisch gelegt. Sprengkörper gelb vor der Kellertüre in Stellung gebracht. Verteilung der Sprengkörper abgeschlossen.
Halstuch vor Mund und Nase gezogen. Schutzbrille aufgesetzt. Lederkappe über gezogen. Haare sorgfältig unter das Leder geschoben. Sicherungsvorkehrungen abgeschlossen.
Flasche entkorkt und Öffnung mit Leinenlappen verschlossen. Vorbereitung des Auslösers abgeschlossen
Flasche entkorkt und Inhalt über dem Bett verteilt. Auf dem Weg nach unten Inhalt über die Treppe verteilt. Flasche neben Sprengkörper gelb vor die Kellertüre gestellt. Verteilung Brandbeschleuniger abgeschlossen.
Bis sechzig zählen.
Zählung abgeschlossen.
Streicholz anreißen, durchatmen, Leinenstoff anstecken. Zündholz löschen, nicht fort werfen. Durchatmen. Zündung. Wurf. Flucht.
Anschlag abgeschlossen. Erfolgreiche durchführung abgeschlossen. Beobachtung der alamierten Seraphen für unwichtig befunden. Prioritäten anderweitig ausgelegt. Pause. Bömskes vergessen! Tag im Arsch.
„War er drinnen?“, wollte G wissen.
„Nein, aber das macht nichts.“, winkte S ab.
„Ich hätte es gut gefunden wenn er drinnen gewesen wäre.“, überlegte G.
„Ja, schon.“, pflichtete S G bei.
„Hat alles geklappt?“, meldete sich Gs Neugierde zu Wort.
„Alles hat geklappt.“, bestätigte S.
„Hast du etwas interessantes gefunden?“, stellte G die nächste Frage.
„Nein, ich habe aber auch nicht danach gesucht.“, wusste S gleich klar zu stellen.
„Wieso nicht?“, empörte G sich.
„Weil es nicht wichtig war.“, hielt S dagegen.
„Da hast du Recht.“, musste G sich schnell geschlagen geben.
„Hast du etwas von diesem Pfirsichpuder da?“, wechselte S das Thema.
„Ja, schon. Willst du es mal probieren?“, wollte G wissen.
„Ich glaube das möchte ich.“, nickte S es ab.
„Es ist sehr teuer.“, erinnerte G.
„Und du hast mich sehr gerne.“, erinnerte wiederum S.
„Das ist wahr.“, lachte G und gab S einen Kuss.
„Ich habe immer Recht.“, schmunzelte S.
„Das wiederum ist nicht wahr.“, feixte G.
„Reichst du mir bitte die Tücher, Spatz?“, bat S.
„Natürlich.“, sagte G und reichte S die Tücher.
„Danke.“, bedankte sich S, nahm die Tücher von G und wurde wieder zu H.
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