Lesewarnung
Vereinzelte Gewaltdarstellung
Geschichte
Löwenstein. Tyrias interkultureller Schmelztiegel. Symbol von Standhaftigkeit, Kooperation und Einheit über alle interspezifischen Grenzen hinweg. Die reale Manifestation einer einst genuin idealtypischen Hoffnung, die freien Völker des Kontinents würden über sich hinauswachsen und ihre Stärken komplementär vereinen. Niedergeworfen, niedergerissen, doch im Rahmen eines unerschütterlichen Gemeinschaftsgeistes wieder errichtet und stärker als zuvor. Für wen war diese Stadt nicht das Sinnbild eines Felsen in der Brandung, wenn der Sturm der Verzweiflung das Gewissen plagte? Wer erfreute sich nicht an jenen romantischen Geschichten über Piratenschätze, Abenteuern auf hoher See und den Kämpfen gegen die orrianischen Abscheulichkeiten? Wer liebte ihn nicht, den Geruch des Meeres, das heitere Treiben der Seeleute am Hafen sowie die kulturelle Diversität und Vielfarbigkeit in den Straßen?
Mindestens eine Person, wie bereits eine oberflächliche Betrachtung bestätigt hätte. Denn dem Magister war es ein absolutes Mysterium, warum man diesen Archetypen eines malariaverseuchten Piratenhafens, diese Eiterblase auf dem Antlitz jeder Landkarte, nach dem sintflutartigen Tsunami ein weiteres mal aus der Taufe gehoben hatte. Das Konsortium hatte sich dadurch ein wahrhaft unsterbliches Beispiels seiner eigenen Geistlosigkeit und Irrelevanz geschaffen, welche man nicht einmal in den tollkühnsten Heldenepen zu beschönigen vermochte. Sooc erschien es schier unglaublich, welche Abgründe sich am exemplarischen Beispiel dieser Stadt zwischen Realismus und Idealismus auftaten. Grundsätzlich lag es ihm fern, geschichtsträchtige Geschehnisse wie Zhaitans Erwachen, den Aufstieg von Orr sowie schließlich das Treiben der Zweitgeborenen Ceara, mit positiven Attribuierungen zu versehen. In Folge einer gründlicheren Reflexion musste er jedoch den Einwand gelten lassen, dass sich die Folgen jener Geschehnisse in schlechte und weniger schlechte Resultate typologisieren ließen. Die dezisive Frage, um welche das magisterliche Erkenntnisinteresse zirkulierte, war nun, ob die Zerstörung oder die Rekonstruktion Löwensteins das jeweils schlechtere Resultat der Geschichte gewesen war.
Sooc fand darauf keine zufriedenstellende Antwort, während er sich mit gesenktem und bedecktem Haupt durch das sehr spärliche Treiben in den Gassen wühlte. Kaum einen Tag war es her, seit er mit seinen provisorischen Verbündeten jenen Höhlengewölbe infiltriert hatte. Eine heterogene Truppe aus Individuen mit gänzlich individuellen Zielvorstellungen und Weltbildern, forciert vereint vom Schleier der Notwendigkeit und letztlich siegreich trotz der hoffnungslosesten Ausgangssituation. Die Hoffnung starb bekannt zuletzt. Was für eine bescheuerte Binsenweisheit. Doch er hatte sie letzte Nacht in einer recht ungewöhnlichen Situation, von einer nicht minder ungewöhnlichen Person vernommen, weswegen der Magister wenigstens partiell geneigt war, kurzzeitig den Wahrheitsgehalt jenes Ausspruches nicht zu banalisieren.
Der Asura war in eine lange Robe gehüllt, die wenig Einsicht und das darunter verborgene Individuum gewährte und bahnte sich für seine Verhältnisse überraschend unauffällig seinen Weg in Richtung, welche ihm die allzu maskuline Schankmaid vorgegeben hatte. Kaum eine Stunde war seit dem Abschied vergangen, da hatte die Bedienung bereits eine schriftliche Benachrichtigung für ihren jüngsten Gast erhalten, dass sich dieser an einem Aussichtspunkt über dem Sanctum-Hafen einfinden sollte. Selbstredend hatte jenes prägnante Manuskript residuale Skeptizismen in den inhärenten Regungen des Magisters wieder zu Tage gebracht und möglicherweise substantiell verstärkt. Doch letztlich war er verzweifelt genug, ein etwaiges Mindestmaß an Aufrichtigkeit seitens seiner Reisebegleitung nicht in Bausch und Bogen zu verwerfen.
Die Rinnsteine wurden von Sand und kleinen Schalentieren verziert, anstelle von Schlamm und Unrat, wie das in manchen Gassen Götterfels' der Fall war. Weniger abstoßend wirkten sie dadurch in jedem Falle nicht. Isolierte Schreie aus den mittlerweile verwaisten Spelunken mischten sich unter isolierte Oden von Möwen, welche den Morgengrauen bereits sehnlichst zu erwarten schienen. Trotzdem hatte es der Magister aus Sicherheitsgründen in Kauf genommen, seine großen Schlappohren mit verzerrter Grimasse und mehr als nur leise fluchend unter seine Kopfbedeckung zu klemmen, damit die Kapuze auch wirklich den Großteil seines Gesichts verdecken konnte. Zusätzlicher Unmut erfüllte ihn, als er bereits aus einiger Entfernung den Strand und das Meer zu erkennen vermochte.
Sooc schüttelte angesichts der Sinnlosigkeit der Seefahrerei nur den Kopf. Als einstige Tiefenbewohner gehörten die Asura seiner Meinung nach ohnehin nicht auf die hohe See. Welches mit-Genie es eine andere Auffassung repräsentierte, das hatte sich seine skritthirnige Narretei folgerichtig auf die eigenen Fahnen zu schreiben. Denn die Asuraportale waren nicht nur eine effizientere, sondern auch weitaus sichere Methode, lange Distanzen in Spannen kürzester Temporalität zurück zu legen. Nicht jeder Winkel Tyrias war bisher in den Genuss dieser magitechnologischen Meisterleistungen gekommen. Und genau das machte einen Besuch jener rückständigen Gefilde auch vollkommen überflüssig. Warum also gab es überhaupt Seefahrer und Piraten? Einzig und allein aus der Motivation heraus, einen gewissen Magister an Ort und Stelle zu entnerven? Ganz abwegig erschien ihm diese Überlegung keinesfalls. Mehr noch, wenn er seine kognitive Unerreichbarkeit mit ihrer atomistischen Kleingeistigkeit, seine intellektuelle Erhabenheit mit ihren substanzlosen Gebärden systematisch verglich, erschien ihm sein Gedanke schlüssiger denn je.
Noch immer gedankenverloren, sich immer wieder unbewusst mit der Linken an den rechten Arm fassend, erreichte der Magister die Lokalität, welche mit der jüngst vernommene Ortsbeschreibung konform ging. Ein kurzes Umsehen mit kritisch verengten Augen resultierte in der Einschätzung, dass es eine angemessene Stelle war. Kein störendes Individuum in Sichtweite und nicht als ein erhöhtes Gemäuer aus Kalkstein, welches die Rinnsteine von einem sehr schmalen Randstück Strand und dem anschließenden Hafenbecken trennte. Nichts zu vernehmen außer der rauschende, mäßige Wellengang, einige Seevögel oder für die feinsten Ohren vielleicht einige Schalentiere im Sand. Sooc erklomm mit einiger Mühe das meerschaumweiße Gemäuer, um sich einen Blick auf die Weiten des Wassers verschaffen zu können. Dass er scheinbar als Erster beim Treffpunkt erschienen war, resultierte in einem missbilligenden Gesichtsausdruck, den ein jeder Interaktionspartner mindestens einmal gesehen hatte.
Er zog die Kapuze vom Kopf, schüttelte befreiend die Ohren sowie den Kopf aus und fixierte den Blick seiner Seelenspiegel wieder auf die weitestgehend stille, dunkelblaue Fläche. Das Meer machte ihm Angst, doch es hatte auch etwas Tiefsinniges. Er regte dazu an, in etwas einzutauschen und wenn schon nicht in das kühle Nass, dann zumindest in die unendlichen Abgründe der eigenen Reflexion. Doch Sooc tat dies nicht direkt. Er nahm sich die Freiheit heraus, diesen vielleicht seltenen Moment der Ruhe in der letzten und voraussichtlich nächsten Zeit ein wenig auszukosten und ließ seine Gedanken abdriften zu jenen, welche ihm in den letzten Stunden nahe gestanden hatten. Nicht nur seine ominöse Reisebegleitung, er reflektierte sämtliche Geschehnisse sowie seine Zeit in Götterfels, wohin er wohl nicht mehr zurückkehren würde.
Er erinnerte sich an seinen ersten Besuch in Meridian, als er Helena kennen gelernt hatte, beleuchtete gedanklich, welch gegenseitige Abscheu sie einst füreinander empfanden, die jedoch sukzessive einem rationalen Nutzenkalkül und letztendlich gar einer Form des Vertrauens gewichen war. Ein interspezifisches Vertrauen zwischen zwei bornierten Rassisten. Ein kleines, zartes, kaum merkliches und in jeder Hinsicht seltsames Vertrauen und doch etwas, was dem Magister viel bedeutete. Darüber hinaus durfte man Wertschätzung nicht mit Vertrauen gleichsetzen. Und das empfand Sooc für sie, er würde Helena vermissen.
„Denkt an den Beginn unserer Beziehung. Unsere gegenseitige Abscheu, unser Misstrauen und seht, dass wir uns miteinander arrangieren konnten.“
Das waren ihre Worte gewesen, als der Asura ihr gegenüber die Zweifel geäußert hatte, Lynn wäre mit ihrer scheinheiligen Janusgesichtigkeit wohl kaum vertrauenswürdig genug, um in die ganze Angelegenheit eingeweiht zu werden. Doch sie hatte ihn überzeugt und er war überrascht gewesen, welche Facetten das dunkelhaarige Stadtmädchen hatte. Es war in ihrer kurzen gemeinsamen Zeit nicht immer einfach gewesen, doch Sooc hatte Lynns Offenheit und – zumindest zeitweise – Vernunftbegabung sehr imponiert. Das Fehlen der gemeinsamen Gespräche würde er bald bemerken – er tat es jetzt schon – doch sie hatte bis zuletzt an seiner Seite gestanden und ihm damit das Gefühl vermittelt, die gemeinsame Zeit optimal gestaltet zu haben. Für ihren Beistand würde er ihr auch über den Grund ihrer Zusammenarbeit hinaus dankbar sein.
„Ihr... vermisst Eure Heimat sehr, nicht wahr?“, hatte sie ihn in einem bedeutungsschwangeren Moment gefragt.
Nein. Das tat er nicht, auch wenn er Rata Sum und Maguuma niemals wiedersehen würde. Es waren Welten, die entfernt lagen und die er so in Erinnerung hatte, wie sie noch nie gewesen waren. Der Himmel sah an allen Orten in Tyria gleich aus, er bildete eine Art der kosmologischen Unitarität. Und dennoch gab es weder einen Himmel über Götterfels noch über Rata Sum. Sooc hatte sich diese simple, triste Wahrheit erst durch dieses Gespräch eingestanden.
„Die Hoffnung ist nie ganz verloren. Manchmal verlieren wir sie aus dem Blick, doch wenn wir geduldig sind und den Blick für das Wichtige nicht einbüßen, wird sich uns auch die Hoffnung wieder erschließen.“
So ähnlich hatte es Zah formuliert, als Sooc sie fragte, auf welche Kraftquellen sie in ihrer bedauerlichen Situation zurückgriff, um nicht einfach aufzugeben. Er hatte ihren Rat gesucht und sie hatte ihm diesen gewährt, trotz allem was sie hatte erleiden müssen und mutmaßlich noch immer musste. Das hatte ihn schwerer beeindruckt, als er jemals zu glauben gewagt hätte.
„Du suchst also einen Sinn?“
Das hatte er als Wissenschaftler immer getan. Er hatte sich nie von den nihilistischen Verlockungen vereinnahmen lassen, dass alles Streben letztlich sinnlos sei. Oder doch? Zu oft hatte er die Verlassenheit und Tristesse der Welt bezeugen können und vielleicht wusste er auch, dass sie so beschaffen war. Doch vielleicht hatte er den unterschwelligen Glauben auch nie verloren, dass sie durch die Wissenschaft zu bessern sei, indem man das Bewusstsein und Weltbild der in ihr lebenden Individuen schärfte. Hätte er die Ewige Alchemie entschlüsselt, wozu sein Genie auch durchaus noch immer das Potential hatte – wer weiß? Aber nach einem solchen Sinn hatte sich Sahrela nicht erkundigt, als sie ihn wieder einmal mit ihren Ausflüchten belästigt hatte. Eine sehr enervierende Person, doch eben auch mehr. Auch diese Gespräche würden ihm fehlen.
„Eine Zeit lang vom rechten Weg abzukommen oder den Blick für das Wirkliche zu verlieren, muss nicht in der Verdammnis enden. Ein jeder schwankt und zweifelt zuweilen die Richtigkeit seiner Handlungen an und solange wir nicht willentlich Untaten begehen und aufrichtig bereuen, kann ein jeder Weg geändert werden.“
In einer vergleichbaren Manier hatte es Samuel formuliert. In einem kurzen Moment, in welchem sich Sooc der Desillusion hingegeben hatte, dass es erst die Kurzsichtigkeit und Gleichgültigkeit aller Beteiligten gewesen war, welche das Erstarken des Mantels begünstigt hatten. Nicht mehr als eine kleine Erinnerung, dass niemand ausschließlich schlecht war, sondern sich einen Sinn für das Rechte behalten konnte, wenn er es denn nur wollte. Das Rechte war wohl zweifellos nicht die Religion oder der Glauben an die Sechse, welcher den Aufstieg des Mantels nicht verhindert hatte. Doch es war Samuel, der wirklich daran zu glauben schien und der in dem Magister nicht nur eine fremdartige Ratte gesehen, sondern den Ernst der Lage verstanden und ihm aller Widrigkeiten zum Trotz geholfen hatte. Wenn der Asura einen Beweis brauchte, dass Menschen durchaus zur Vernunft fähig waren, so hatte der Diener des Totengottes einen geliefert.
„Magister Sooc.“
Sooc war noch immer so sehr in seinen Gedanken vertieft, welche der Blick auf das unergründliche Dunkelblau des ausgelöst hatte. Er bemerkte in diesem Moment schlechterdings nicht, dass sich eine Stimme an ihn wandte, die nicht nur im Rahmen seiner Reflexionen existierte, sondern die wirklich auf ihn einredete. Eine Stimme, die ihn hätte stutzig machen sollen, denn die stimmliche Intonation sowie die korrekte Aussprache seines Namens, hätten nur den Schluss zugelassen, dass es sich um ein mit-Genie handelte.
„Ihr habt die Panazee zerstört. Die einzige Chance der Bookah auf ein Überleben. Eine Chance, die sie angesichts ihres wahnhaftes Hangs zu Selbstzerstörung zu ihrem eigenen Wohl gebraucht haben. Eine Chance der völligen Unterwerfung oder Auslöschung, um die Bookah vor sich selbst zu bewahren.“
Erst im Laufe der weiteren Worte wurde der Magister vollends in die Realität zurück versetzt. Die Stimme war angenehm, doch sie zeugte von einer latenten Schärfe, einer unterschwelligen Boshaftigkeit, welche Sooc beinahe erschaudern ließ. Während er sich mit leichte Muskelverkrampfung sehr langsam umdrehte und er seine Ohren gereizt anlegte, fuhr die Stimme unverdrossen fort.
„Hat Euch die Zeit inmitten dieser minderwertigen Subjekte nichts gelehrt? Nicht deren immanente Bedeutungslosigkeit für das Weltgeschehen deutlich gemacht? Euch nicht erkennen lassen, dass ihre Existenz einen Irrtum der Natur darstellt, welcher entweder restlos getilgt, oder durch die Kunstfertigkeit der Wissenschaft rationalisiert werden muss?“
Die Stimme blieb ruhig, doch die inhärente Aggressivität war spürbar. Sie fraß sich durch die Sinne des Magisters wie ein Leichenwurm. Er blickte in die nachtschwarzen, hasserfüllten Augen eines mit-Genies - der Kleidung nach zu urteilen ein Portalwart oder Wartungsoffizier des Kollegs der Dynamik - und in den Lauf einer mutmaßlich voll durchgeladenen Handfeuerwaffe.
„Habt Ihr den Bookah diese Chance aus Gründen Eurer Eitelkeit verwehrt? Konntet Ihr nicht über Euch hinauswachsen und das notwendige Tun, um die Bedeutungslosigkeit dieser Rasse zu beheben? Oder habt Ihr, gar schlimmer noch, aus einer verleumderischen Moralität heraus beschlossen, dass es die Bookah wert seien, über ihr eigenes Schicksal zu bestimmen?“
Der Magister wollte antworten, nicht auf die Frage, doch er kam nicht mehr dazu. Eine winzige Regung, die sich zu einer vielleicht belanglosen Geste mit dem Arm entwickelt hätte, ließ einen lauten Knall entstehen. Sooc wurde nach hinten gestoßen und verspürte mit einem mal einen quälend stechenden Schmerz im Brustbereich. Ein Schmerz, welcher das Gefühl des Fallens und den Sturz von der Mauer herunter auf den Sandstreifen übertraf. Er wollte schreien, doch ein plötzlich einsetzendes Husten machte dies unmöglich.
„Seid froh, dass ich Euch gestatte, so rasch und gnädig zu sterben, ~Herr Magister~.“
Noch immer wand sich Sooc rücklings auf dem Boden. Sand erfüllte seine Kleidung und drang in seine Ohren, doch in diesem Moment hätte ihm das nicht gleichgültiger sein können. Sein Blickfeld verblasste im frühmorgendlichen Halbdunkel und er tastete blindlings mit den Greifklauen an seinem Brustbereich, wo der stechende Schmerz seinen Ursprung hatte.
Dann ein Knall. Nein. Ein doppelter Knall. Möglicherweise noch mehr gesprochene Worte. Der Magister registrierte es nicht. Schmerz, neuerlicher brennender Schmerz der nun von seinem Bauch auf ihn einströmte, vereinnahmte seine Gefühlswelt. Er wollte abermals schreien, doch brachte nicht einmal ein Husten hervor. Die Augen presste er fest zusammen, die Extremitäten verkrampften sich, während er im Sand beinahe umher rollte und dennoch auf der Stelle liegen blieb. Was war geschehen? Der Schmerz war überwältigend und lähmte des Magisters Sinne. Es war feucht. Wie konnte das sein? Hatte ihn eine Flutwelle des Hafenbeckens erfasst? Hatte jemand einen Eimer Wasser über ihm ausgekippt oder hatte ein plötzlicher Regen eingesetzt?
Nein. Die Feuchtigkeit war zu warm. Blut. Er lag in seinem eigenen Blut, welches ihn in einer Lache umgab und sich unter den Sand mischte. Erst jetzt verstand er was geschehen sein konnte. Erst jetzt kam ihm die Erkenntnis. Seine Augen waren geschlossen und er sah nur undurchdringliche Schwärze, die jedoch mit jeder Sekunden noch zu verschwimmen schien. Seine bebenden Hände befühlten die Wunden. Einschusslöcher in der Brust und im Bauchbereich. Das sollte es gewesen sein? All die Mühen, die Anstrengungen, das Leid und die Verzweiflung, nur damit es hier zu Ende ging? War das Leben denn wirklich derart frei von Gerechtigkeit oder Fairness, dass man die Hoffnung auf Besserung doch begraben musste? Der Schmerz des Asura mischte sich mit Verzweiflung und Wut. Doch es half nichts.
Er hustete und nahm es gar nicht wahr. So fühlte es sich also an, zu sterben? Einsam und vergessen, in dem Wissen, dass niemand seiner denken würde? Der Zenit der erfahrbaren Hoffnungslosigkeit? Soocs Verstand driftete ab, stieß in Ebenen des Unterbewusstseins vor, weil er das Bewusstsein allmählich verlor. Wie oft hatte er das Leben verflucht, dessen Aussichtslosigkeit angeprangert und es respektlos behandelt? Er wusste es nicht, denn es waren unzählige male gewesen. Doch trotz all dem, wünschte er sich letzten Endes nichts sehnlicher, als sein Leben doch noch nicht hinter sich lassen zu müssen.
Und letzten Endes schien sich sein Wunsch nicht zu erfüllen.
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