Der Abend war bereits angebrochen, bald würde man sie rufen für das Abendmahl und im Grunde hatte sie sich zurückgezogen um sich nach einem Tag in der Stadt, frisch zu machen und die Kleidung zu wechseln. Doch nichts von dem war geschehen bisher, sie saß am Tisch vor sich eine lederne Mappe, gut gefüllt mit allerlei beschriebenem Pergament. Das Fässchen mit der Tinte bereits geöffnet, die Feder neben sich liegend überflog sie ihre letzten Zeilen wohl.
Kummer und Trauer diktierten die letzten Worte dort, in jedem Abschnitt des Briefes waren diese Emotionen zu erahnen und noch jetzt trieben sie ihr das Nass in die Augen. Josephine wendete sich um, sah ins Feuer und kurz auf die Dielen davor. Dann hob sich die Linke, griff nach der Feder und bald schon war das Kratzen derer auf dem Blatt zu vernehmen.
Mein Herz, mein liebster Marzio,
ich schreibe dir heute, heute an einem Tag der schöner nicht hätte sein können und ich schäme mich nicht mehr dieser Worte. Ja, ich glaubte ewiglich zu trauern, nicht mehr das Lachen auf mein Angesicht zu bekommen und doch, dort ist ein Mensch, ja ich gebe es zu ein Mann.. Er vermag es mir wieder schenken und ich will mich diesem nicht verwehren. Möchte die Scham verlieren, die Sorge abtreten um ein wenig mehr vom Glück kosten zu dürfen. Verurteilst du mich darum? Würdest du mich verstehen, so dieser Brief wahrhaftig in deinen Händen ruhen würde? Ich mag es nur erahnen nachdem was wir uns zuletzt sagten, du sagtest ~Finde dein Glück, sehe nicht zurück~ und ich weinte, konnte dich nicht einmal mit Händen halten und noch weniger mit Worten. Immer wieder verneinte ich es, sagte ich würde nimmer mehr glücklich sein, nimmer mehr lachen und versinken in einem Augenpaar und doch, ungeahnt wie rasch nach deinem Fortgehen, stand er vor mir. So unvermittelt wie du damals auf der Gasse, erschien er in flüchtiger Begegnung vor mir am Schrein und so es die Sechs bestimmten sah ich ihn baldig darauf im Hause meiner guten Freundin, ja ich lief ihm gar in den Arm dort und wieder umfing mich Wärme, ein Lächeln und Worte die schöner nicht sein konnten. Ja, ja ich schäme mich und doch will ich ihn und die Zeit nicht missen, die wir miteinander verbrachten. Erst heute wieder sind wir die alten Stätten, die unzähligen Ruinen der Stadt abgegangen wir haben einander Wissen getauscht, wusste der eine etwas so schwieg der andere und lauschte, als auch in andere Richtung. Wir aßen auf dem Markt Fisch, wir tranken hellen, erfrischenden, süßenWein dazu und lachten, nach anfänglicher Befangenheit. Als der Nachmittag später wurde, die Schatten länger saßen wir an den Docks, wir betrachteten die ausfahrenden Schiffe als auch die Heim kehrenden. Ein jeder Augenblick schien ohne Sorgen zu sein und ja, ich vergaß dich mit jeder Minute etwas mehr, sodass kaum ein Wort mehr dich betraf oder kaum ein Gedanke in deine Richtung floh. Zachary ist ein Ehrenmann, er würde mich niemals berühren so ich es nicht wollte, er drängt mich nicht und doch bekundete er in der vergangenen Nacht, er wäre mir zu gewandt und so ich darüber nachdenke, versuche außer Acht zu lassen wie beklemmend das Gefühl deines Wegganges ist, so will ich dir, der mich allein ließ sagen. Ja, ja ich bin ihm auch zugewandt. Ich hänge an seinen Lippen wenn er spricht, ich fühle mich geborgen in seiner Stimmfarbe und ich habe sehr lange nicht mehr so ehrlich und aufrichtig gelacht. So will ich dich nun bitten, ja ich flehe dich gar an, lass mich frei. Gib mir mein Herz zurück, du brauchst es nicht mehr dort wo du nun bist, lass mich leben und das Leben erfahren auf eine Art und Weise, die mir auch mit dir fremd war.
Mit diesen Worten, schreibe ich dir ein letztes Mal, ja dieser Brief endet was der lederne Umschlag hält. Die Worte und Zeilen alleinig an dich, die begannen als du das erste Mal verschwunden bist. Ich wusste nicht wohin mit mir, begann dir zu schreiben, aber ich werde mir bewusst. Durch diese Briefe erhalte ich dich mir im Leben und ich will es nicht mehr. Ja, ich will dich gar mit diesem letzten Anklagen, warum hast du so eigensinnig gehandelt, wärest du in Götterfels geblieben, wir hätten doch glücklich werden können. Auch wenn der Adel dich umfing, wäre ich an deiner Seite gewesen. Du hast mir Schmerzen zugefügt mit Worten, mit Taten, welche es unter Liebenden nicht geben sollte und somit klage ich dich an, mich niemals wirklich geliebt zu haben. Denn Liebe heißt einander beistehen, nicht fürchten, nicht fortstoßen und du hast es so oft getan. Lebe wohl, lebe glücklich in dem Sein, was dir die Welt offenbaren mag und ich flehe dich an, kehre nicht zurück. Suche mich nicht, denn ich will nicht mehr gefunden werden von dir.
Ein letztes Mal, ich liebe dich,
nimmer mehr die Deine,
Josephine
Ein letztes Mal überflog das helle Augenpaar die Zeilen, welche sie nun niedergeschrieben hatte, dann erhob sie sich und der Stuhl knarzte auf den Dielen in dieser Bewegung. Sie nahm die Mappe, nahm das letzte Pergament und ging zum Kamin hinüber. Die Flammen schlugen hoch, jemand vom Hauspersonal der Firlaen musste es entzündet haben bevor sie kam. Tränen rannen über die Wangen der Priesterin und doch mit jeder Rührung der Finger landete ein weiterer Brief in den Flammen und wurde verzehrt von diesen. Und mit jedem Brief der verging wurde das schwere Herz ein wenig leichter, der letzte kam nach Minuten, der Abschied und die Lippen setzten einen Kuss an diesen um ihn dann auch dem Feuer zu übergeben. Hoch loderte gierig das Flammenmaul, während der Mund der Frau leise flehend wisperte „Gib mich frei“
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