Es sind fünfzehn Holzbretter in die Höhe, um mich herum, ich kenne jedes Astloch in ihnen, jede Verwirrung der Maserung dessen. Fünfzehn Holzbretter sind meine Welt gerade, denn ich wage nicht einen Schritt aus dieser Ecke, die von Kisten und anderem verbarrikadiert ist. Ich habe eines der roten Tücher heruntergerissen, der goldene Knoten darauf ist zu erkennen und mahnt mich, immer wenn ich die Lider hebe, warum ich hier bin. Glaubte ich stark zu sein, glaubte ich die Schrecken wieder ertragen zu können, habe ich vielleicht einfach die Hinweise missgedeutet und zu sehr auf die leichte Schulter genommen. Tränen füllen mir die Augen, mein Körper bebt, wenn meine Gedanken sich abermals um die Stunden vor dem Angriff drehen. In üblicher Kleidung, wehendem Rock und meinen Glöckchen bin ich mit einer der meinen über die Stege gelaufen, habe hier und dort mich umgesehen ohne das es auffiel und als wir durch die Kanäle zurück kommen wollten, lachte und scherzte ich mit ihr. Ihre Stimme verging in einem Schrei, meine Lider schließen sich, ich höre sie noch. Will das was mir Worte trägt erheben und nach ihr rufen, aber sie ist tot. Ihr Leib treibt unten im Kanal, die geweiteten Augen sehen mich nicht mehr an und ich hatte nicht die Kraft sie mit mir zu bringen, wenigstens die Überreste zu beschützen. Ich habe den Krait niedergestreckt, dann rannte ich, zog sie verzweifelt zunächst noch an einem Arm hinter mir her durch das Wasser und musste doch aufgeben, weil ich sie kommen hörte. Aufgeregt hob ich die Stimme in der Höhle, keine Antwort, ich schrie wild den Alarm, den Befehl, ja die Mahnung sich zu rüsten, denn der Feind war da, doch einzig Antwort blieb mein Echo der eigenen Stimme, dann mahnte ich mich stille zu sein. Die Dielen knarzten und knackten als ich sie heraufrannte, es war verlassen, das Hauptquartier überstürzt verlassen worden. Nur die wichtigen Unterlagen nahmen sie mit, den Rest hatten sie in Feuerkörben verbrannt, in denen nur mehr die letzte Asche glimmte. Da war kein Herzschlag mehr außer dem meinen in dieser götterverlassenen Höhle unter Löwenstein.
Ich habe mich umgezogen, warum hab ich das getan? Trage nun Rot und Gold auf schwarzem Grund, das Tuch habe ich über meine Lippen gezogen. Kauere in der Ecke und warte, ich habe Hunger, grässlichen Durst und ich schäme mich meine Notdurft unweit meiner verrichtet zu haben. Manch einmal bilde ich mir Stimmen ein, manch einmal bilde ich mir gar ein Wesen zu sehen, Hände die sich nach mir ausstrecken und doch bin ich allein. Ich bin allein! Mein Kopf schmerzt, meine Schläfen hämmern als schlüge jemand immer wieder darauf, werde ich wahnsinnig? Immer wenn ich drohe unter all den Tränen den Verstand zu verlieren, hebe ich meine linke Hand, besehe den Ring der dort meinen Finger ziert und versuche mich zusammen zu nehmen. Doch ich bin so jung, zu jung um hier zu sein, allein hier zu sein und welch Ungerechtigkeit der Welt war es, dass ich zurückblieb hier? Meine Arme umfassen die Knie, ziehen sie eng heran, damit ich mein Gesicht daran verbergen kann und abermals weine ich, gleich wie sehr die Haut mir spannt und wie sehr der Schädel drückt. Was bleibt mir denn außer der Tränen, ich glaube, ich sterbe hier. Denn ich wage nicht hinaus zu gehen, wage nicht zu kämpfen und bin doch nicht wehrlos. Aber ich bin mutlos, kraftlos, ich warte auf den Helden, den Beschützer mit dem roten Mundtuch. Bedenke die letzte Nacht, die wir zusammen waren, in der wir uns hielten und liebten. In der ich nicht glücklicher hätte sein können, abermals schworen wir uns die Vermählung, sobald wir Beide zurück sein würden in Götterfels.
Daheim liegt es, mein Kleid, ich sehe so hübsch aus darin. Es hat Schleifen und Rüschen, es hat Federbesatz und bildet so einen hübschen Kontrast zu meinem dunkelblauen Haar. Ich habe mir tausend Orte erdacht an denen ich ihm das Ja-Wort geben möchte, Orte an denen wir lachten und weinten, nun gut, ich weinte und er mahnte mich, mich zusammen zu reißen. Ein Lachen legt sich bitter auf meine Lippen wenn ich daran zurückdenken. Meine Arme schließen sich enger um die Beine, ich zittere und versinke in den Gedanken um ihn, um mich und um uns. Müde hebe ich die Finger, spreche den Zauber nicht einmal aus, sondern denke ihn nur und sein Abbild erscheint mir vor den Augen „Hol mich hier raus“ flüstert mein Mund ohne mein Zutun. Dann zersprang es wieder in violette Schmetterlinge. Ja, ich werde wahnsinnig und ich werde müde, ich bin so müde. Mein Blick hebt sich empor als das surrende Geräusch eines der Luftschiffe über dem Spalt erkennbar ist, meine Lippen schmälern sich. Haben sie mein Abbild gesehen, ist mein Atem, meine Stimme zu laut gewesen? Ja, ich glaube sie kommen mich holen, ich bin müde, kann nicht mehr aufgeregt sein. Vielleicht ist es auch die Resignation, hier nicht mehr lebend herauszukommen, sollen sie nur kommen, ich sterbe so oder am Durst. Meine Schultern sacken herab, meine Arme umfassen nicht mehr meine Beine und mein Leib sinkt seitlich neben die fünfzehn Bretter, die meine Welt sind, unter dem roten Tuch mit goldenem Knoten und Kisten, die ich nicht einmal besehen habe. Ach hätte ich gewusst, was dort zu finden war. Hätte ich doch nur geschaut, noch einmal öffne ich die Augen. Wo bist du? Komm...komm und rette mich, mein Herz.
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