Surtalogi

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„Alle Wesen müssen die Weltstatt räumen.
Schwarz wird die Sonne, die Erde sinkt ins Meer,
Vom Himmel schwinden die heiteren Sterne.
Glutwirbel umwühlen den allnährenden Weltbaum,
Die heiße Lohe beleckt den Himmel.“
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Der Tag in Löwenstein begann sich langsam, aber sicher dem Ende zu zuneigen. Ein glühendes Rot durchzog den abendlichen, beinahe wolkenlosen Himmel, als sich die Sonne schon halb hinter den Klippen der Bucht zur Nachtruhe begeben wollte. Doch die Tage sind länger und sie würde durchaus noch eine Weile dort verharren. Der Nekromant selber war gerade damit beschäftigt in seinem eigenen Heim, die Reste der Speisekammer zu durchforsten, die er seit längerem nicht mehr wirklich aufgefüllt hatte. Es würde bald wieder hinauf auf's Meer gehen, wer weiß für wie lange und ob er jemals wieder ein Fuß hier hinein setzen würde. Etwas zog sich in seiner Brust zusammen, als ihm klar wurde, dass er dann auch seine geliebte Vitrine zurück lassen muss und all deren Schätze, die er darin angesammelt hatte.
Die Scherben.... die Herzen... Das Amulett... oh nein! Das nimmt er mit! Aber es sind noch ein paar Sachen, die er hier zurück lassen würde.
Die Gedanken kreisten ein wenig, während er ein wenig Trockenfleisch in eine Kiste packte und auch nicht wahrnahm, wie sich schwere, hammer-krückende Schritte dem Anwesen näherten. Erst als ein forsches Hämmern von der Haustüre her durch das Untergeschoss bis hinauf in den Dachboden zog, wurde er wieder zurück ins Hier und Jetzt befördert. Einen Augenblick benötigte Vaas um zu realisieren, doch er konnte das bestimmende Klopfen unter hunderten heraus hören, denn es war immer das selbe. So schwang er sich schließlich aus der Vorratskammer heraus und knallte die Türe zu dieser rasch zu, während er sich seinen Mantel von einem der Stühle am Küchentisch krallte und über das beige, ärmellose Hemd zog.
Der Priester vor der Türe musste einen Moment warten, bis er das Klacken von mehreren Schlössern hören konnte und sich die hölzerne Barrikade einen Spalt weit öffnete. Trotz, dass sich Vaas sicher war, wer da stand, konnte er alte Gewohnheiten nicht ablegen und wird dies gewiss auch nie können. Doch der Kriegshetzer gab ihm nicht wirklich die Zeit wirklich lange zu spähen, denn schon stapfte er los und war sich auch sicher, dass man ihm den Eintritt in das Haus selbstverständlich gewähren würde.


„Hab nich mit Besuch gerechnet.“ brummte der Nekromant, während der die letzten Knöpfe seines Mantels zu zog. Ein feines Stück, dass er aus der Schmugglerhöhle der Piraten für sich beansprucht hatte. Nichts edles, nichts, aus feinstem Wildleder, aber er war neu, wies einige metallenen Verzierungen auf und wirkte alles in allem wie etwas, was tatsächlich nur Säbelrassler anziehen würden. Zu ihm passte es, auch wenn das Schwarz seine Haut nur blasser wirken liesen.


„Ich werde nicht lang bleiben.“ Die Worte des Priesters erklangen in einem gewohnt herbem Bass, während er nur ein paar Schritte in den Flur hinein tat und der Bleiche derweil die Tür hinter ihnen zuschmiss. Breitbeinig verharrte das rote Schlachtschiff schließlich, während die braunen Seelenspiegel sich einen Moment lang auf dem blassen Grün einfinden und dann kritisch über die Erscheinung des Silberschopfes gleiten, als wolle er etwas überprüfen. Was genau, konnte der Jüngere nicht sagen, aber lies sich davon nicht stören, sondern lehnte sich in typischer, lockerer Haltung nach hinten an die Wand und verschränkte die Arme vor der Brust, abwartend. Es war noch immer hell genug, dass sie hier nicht im Dunklen standen, auch wenn das Licht etwas zu wünschen übrig lies, aber es schien zu reichen. „Die Arbeiten sind zuende. Ein paar letzte Kniffe noch, dann ist alles bereit.“ sprach Sentenzar Dronon dann unbeirrt einfach weiter, erklärte ihm, auf was noch zu warten sei, ehe sie ablegen würden.
Alles wurde verstehend abgenickt, doch der letzte Satz, der machte ihn hellhörig.


„Aber zuvor gibt es noch eine Sache zu klären.“


„So?“


Das längliche Bündel, was der Priester, nebst seinem Hammer, mit sich führte, ist ihm durchaus nicht entgangen und nun lupfte er die rechte, von kleinsten Narben durchzogene Braue und eine gewisse Neugierde schlich sich nun in den blassgrünen Seelenspiegel. Er hatte es schon gemustert, aber es war zu dick in Stoff eingewickelt, als dass er hätte erraten können, was sich darunter befand. Aber Vaas war schon immer jemand von neugieriger Natur und nun fragte er sich umso mehr, was der Rote mit sich trug.
Ohne weitere Worte zu verschwenden, klackerte und rasselte der Stahl, als die rechte Pranke sich in schroffer Direktheit hob, um Vaas das Bündel anzureichen, wobei er es ihm nicht einfach vor die Brust drückt, wie ein unliebsamer Gegenstand, den er nur schnellstmöglich los werden wollte. Die Geste hatte durchaus eine gewisse, ernsthafte Andacht mit sich, die selbst dem Nekromanten nicht unbemerkt blieb. So langte er auch nicht einfach zu wie ein ausgehungerter Penner, dem man ein Stück Brot darbot, sondern schaffte es, eine gewisse Beherrschung an den Tag zu legen, es dem Mann nicht direkt aus den Händen zu reißen. Dass es ihm durchaus nicht leicht fiel konnte man an der Anspannung ablesen, die ungewollt in seinen Körper geschlichen war. Doch Dronon lies nicht direkt zu, so dass die das Kleinod einen kurzen Moment gemeinsam festhielten, während dieser den Blick des Nekromanten suchte und dieser ihn auch erwiderte, fest vertäut hielt, bis sich die stählerne Pranke genauso geräuschvoll wieder zurück zog und Vaas den Gegenstand an sich heran ziehen konnte.


„Was das?“


„Seht selbst.“


Sie waren gerade beide keine Männer von großen Worten, aber die Spannung in der Luft, die ernste Andacht des Priesters und die vage Vermutung Vaas', dass er irgendwas vergessen, oder verdrängt hatte, reichten alleine schon aus – es waren keine nötig. Die schlangen Finger fuhren die Konturen unter dem Stoff ab, aber irgendwas fühlte sich komisch an, irgendwie schien er nun erahnen zu können, was darunter war und dann wiederum doch nicht. Erst, als die Blicke sich wieder lösten, begann er mit einer, beinahe schon kindlich wirkenden, Neugierde den Stoff beiseite zu schlagen, um endlich das Geheimnis zu lüften.
Der Stoff fiel zäh und hatte gefühlt unendlich viele Schichten. Der Gegenstand war dick eingepackt, um ihn vor den Blicken anderer komplett zu verhüllen und abzuschirmen. Und die Anspannung im Leib des Jüngeren stieg schon beinahe bis zum Zerbersten, bis die letzte Schicht endlich erreicht war. Zuerst nur war es nur ein schlicht wirkender Schwertgriff, der sich ihm da präsentierte. Aus glattem glänzenden Stoff, ohne Verzierungen und Schnickschnack, doch ging dieser tadellos in einem massiven Handschutz über, der die Form eines blutrünstigen Hundemauls besaß, durchzogen von feinen Linien feurig glimmender Energie im Kern des robusten Metalls. Magische Kraft wohnte dieser Klinge inne, stärkte die Schmiedekunst, auch wenn kein tatsächliches Feuer oder auch nur Hitze zu erfühlen war. Doch auf der magischen Ebene spürte der Nekromant sehr wohl etwas, auch wenn er das Gefühl selber noch nicht einschätzen konnte. Vielleicht einfach nur Einbildung durch die Euphorie, welche die Anspannung langsam ablöste.
Die harschen, zahnartigen Zacken am unteren Ansatz der Klinge ragten noch ins Freie, der Rest der glühend, durchfurchten Klinge ruhte in einer passend abgestimmten Lederscheide.


„Es sind gut zwei Jahre vergangen, seit Ihr Euch dies erarbeiten wollt. Nun habt Ihr es verdient. Verwendet es weise und schwingt es im Namen des Herrn der Schlacht.“


Etwas gedämpft kamen die Worte bei dem Nekromanten an, dessen Finger sich nun so fest um die Waffe geschlungen hatten, dass das Leder sich an den Knöcheln stark gespannt hatte. Sein Blick hatte sich geweitet in dem Moment, als er realisierte, was genau er da in den Händen hielt. Er hatte schon gar nicht mehr damit gerechnet, dass sie jemals in seinen Besitz kommen würde. Ungesehen hatten sich die feinen, weißen Härchen in seinem Nacken aufgestellt und ein Kribbeln durchzog seinen Leib. Ein Gefühl, welches er sonst nur im wüsten Getümmel der Schlacht, oder einer bestimmten Person verspürte. Seine Atmung beschleunigte Minimal. Voller Faszination zuckte sein Fokus über das Gute Stück, bis er letztendlich den Blick des Priesters auf sich spürte, der, wer weiß wie lange schon auf ihm ruhte.


„Euer Ernst!?“ mehr brachte Vaas nicht hervor. Zum ersten Mal seit längerer Zeit hatte man es geschafft ihn durchaus sprachlos zu machen, denn nach den Worten pressten sich die Lippen schon wieder leicht zusammen.


„Mein ernst.“ entgegnete der Kleriker trocken und weitaus weniger feierlich, als man hätte annehmen können. Dennoch wurde ein anerkennendes Nicken dem Jüngeren zuteil. „Wie ich schon sagte, Ihr habt es verdient. Der Herr der Schlacht hat noch weitaus Größeres für uns parat. Also lasst es Euch nicht zu sehr zu Kopfe steigen.“


„Nein... Nein! Das werde ich nicht!“ in einer inbrünstigen, fanatischen Vorfreude wird das Schwert nochmals ein Stück von sich weg gehalten, um es in seiner vollen Pracht betrachten zu können. Er hatte dieses Schwert so sehr gewollt, so sehr. Und nun? Hielt er es in seinen Händen. Und er würde es nie wieder her geben. Nie. Wieder. Nur über seine Leiche. Es fiel ihm mehr als nur schwer, den Blick von der Waffe zu lösen und diesen wieder gen Priester zu richten.


„Ich erwarte nichts geringeres.“ entgegnete dieser, das breite Kinn einen Deut empor hebend, indem sein Augenmerk Vaas abermals gründlich taxiert. „Nutzt die verbliebene Zeit, um ein Gefühl für den geheiligten Stahl zu bekommen, Junge. Es ist nicht mehr lang hin, da werden wir ihn in heißes Feindblut tränken.“


„Oh, er dürstet danach, ich kann es förmlich spüren.“ mittlerweile hatte sich ein breites, hyänenhaftes Grinsen auf seine Züge geschlichen, präsentierte die weißen Beißerchen mit den größeren, breiteren Eckzähnen, als es normal wäre und seine ganze Erscheinung nur noch animalischer wirken ließen. Er grinste. Freudig... fanatisch.... irre. Es war Monate her, dass sich solch eine Regung das letzte Mal durch seine halb vernarbte Visage zog. Und ihm selber dürstete es ebenso nach heißem Feindblut. Fest hielt er den Blick der dunklen Seelenspiegel, mit dem Dronon ihn begegnete und abermals hob sich die gepanzerte Rechte, packte nach seiner Schulter und übte dort kurzweiligen, soliden Druck aus. Von Vaas Seite wurde dies wiederum mit einem kurzen Senken des Schädels beantwortet. Eine kleine Geste mag man meinen. Doch wer den Nekromanten kannte, wusste, dass dies für ihn eine tiefe, respektvolle Art ist, dem Mann vor sich seine Anerkennung zu zollen. Er senkt sonst das Haupt so gut wie vor niemanden. Dronon zählte damit zu einen der einzigen drei Männern, die in diesen Status bei ihm rücken durften. Mehr sollte wahrlich nicht gesprochen werden und nach einem kurzen, gegenseitigen Blickkontakt gedachte der Kleriker sich auch wieder hammer-krückend der Türe zu zuwenden, den Blick lösend und den Nekromanten vorerst mit dem außergewöhnlichen Stahl alleine zu lassen.


Jede, außergewöhnliche Waffe brauchte einen Namen, damit sie zu etwas persönlichem wurde, sonst war sie letztendlich nichts mehr als einfach nur Stahl in der Hand, den man gegen seine Feinde führte. Der Piratenkapitän erzählte es ihm einst vor langer Zeit einmal. Und während das Blassgrün sich wieder auf die Waffe legte, flüsterte etwas leise in sein Ohr:


„Surtalogi......“

Kommentare 6

  • Vaas ist der neue Surtr. LAUFT!

    • Hehe, genau!
      Nur dass er für 'n Troll recht winzig ist... aber! Egal! :D

  • Ok, Surtalogi nochmal gegooglet. Wenn man seiner Waffe schon Namen gibt, dann richtig eskalieren! :D
    Elonische Felder anzünden für Balthasars Ehre, ich seh's schon kommen!


    Ich empfehle jedem es nochmal mit dieser Musikuntermalung und Märchenonkelstimme im Kopf zu lesen. Dronalf der Rote!

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    • Als wenn Vaas in irgendeiner Weise Bescheiden wäre, mit dem was er tut :D
      Mal sehen, ob nicht am Ende mehr, als nur elonische Felder brennen :D

  • Die Waffe! Die Waffe, man. Nach zwei Jahren!! Fettes GZ und Surtalogi ist ein großartiger Name, sehr vaas-esque! <3