Mord
"Heute Nacht. Ich werde da sein."
"'ch auch. Ganz sich'r."
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Grau und bewölkt zeigte sich der löwensteiner Nachthimmel an diesem Abend, nur selten spendete fahles, kaltes Licht etwas Helligkeit, als wollte sich der Mond verstecken, als wolle er kein Zeuge dieser Nacht sein. Vaas stand oberhalb der Klippen, die den Hafen und die Stadt einrahmten, während ein scharfer Wind seinen offen getragenen Mantel immer wieder hin und her wehen lies, die salzige Briese des Meeres selbst bis hier hinauf trug. Grollen in der Ferne. Wetterleuchten. Ein Unwetter näherte sich, langsam aber beständig.
In der Dunkelheit war die bleiche Visage des Nekromantens nur zu erahnen, als Phedro die Klippen hinaufstieg. Nur das rötliche Glimmen einer Zigarette tauchte die Narbenvisage für den Hauch eines Herzschlages in ein warmes Licht und trug den Geruch von billigen Tabak über die scharfkantigen Felswände hinüber zu dem Schiffsjungen. Die Strapazen und Anstrengungen im Kampf gegen den Mantel waren dem Mann in diesem Moment nicht anzusehen, viel zu viele Schatten überzogen sein Gesicht und machten es schwer daraus zu lesen. Er trat auf den Jungen zu, blieb aber gut zwei Schritt vor diesem stehen. Phedro zauderte nicht und straffte jeden Muskel, der vor Angst und Kälte erzittern wollte, während sein Herz bei jedem Schritt, den Vaas auf ihn zu tat, wild in seiner Brust schlug und trat ihm letztendlich stramm entgegen.
Zwei Schritte jedoch nur.
Denn zu weit wollte er sich nicht vom Abgrund entfernen.
„Bist du bereit?“ Vaas' Stimme war erstaunlich ruhig und drang in einem rauen Raunen über seine Lippen, während der Slang vollkommen fehlte.
„Fast. Ich möchte, dass du Salvian etwas von mir überbringst. Ein Memento unserer Freundschaft.“
Der Nekromant merkte auf, als Phedro ihn um einen letzten Gefallen bat und beobachtete, wie dieser eine Pulverflasche von seinem Gurt löste und sie ihm reichte. Sie war schwarz und von großer Schlichtheit, darauf eine eingravierte Narrenkappe. „Kannst du das für mich tun?“
Die Fluppe im Mundwinkel glimmte noch ein letztes Mal auf, ehe der Ältere sie aus dem Mundwinkel zupfte und zur Seite weg schnipste, wo sie vom Winde davon getragen wurde, als wolle dieser auch jede kleinste Spur hier oben verwischen. Der letzte Dunst wurde durch die Nase ausgeatmet, während das intensive Grün vom Jungen auf das Kleinod und wieder zurück zuckte, er es aber letztendlich entgegen nahm und von allen Seiten betrachtete. "Einem Sterbenden, der mutig Grenth gegenüber tritt, schlägt man keine Bitte ab. Es wird bei ihm ankommen, du hast mein Wort."
Er verstaute es sicher in einer seiner Manteltaschen, während Dankbarkeit die Augen des Jungen erwärmten, wenn auch nicht lange, da Vaas selber etwas aus einer anderen Tasche hervor zog und es ihm reichte. Überrascht sah der Pulverjunge auf die Runensteine, einer weiß, der andere schwarz. 'Grenth' und 'Tod' stand jeweils auf einem. "Hier, trag sie bei dir und dein Weg durch die Nebel zu Grenth wird unbeschwert. Sie werden dich leiten und zu ihm führen." Noch immer hatte Phedro Angst, auch wenn er nicht ängstlich oder gepeinigt wirkte, doch nun klammerten sich die Finger um die kalten Steine, als hätte Vaas ihm eine heilige Gabe gegeben, so als hielte er die Fahrkarte für eine ruhige Passage, anstatt fürchten zu müssen, durch tosende Wogen hinüber schwimmen zu müssen und dabei Qualen zu erleiden. Ruhe kehrte in ihm ein. Die Angst flaute ab. Ein letzter Atemzug, dann machte er einen Schritt auf den Abgrund zu, nickte dem Mann entgegen, erwachsen wirkte es, wie das Nicken eines jungen Mannes, der zu einer einmal getroffenen Entscheidung stand und keinen Rückzieher mehr machte.
„Wenn sie mich finden...“ sprach er und klang dabei fest und stark „... und einen Einstich sehen, dann werden sie meinen Mörder suchen. Wenn sie mich aber finden, und keinen Einstich sehen...“
Der zweite Schritt. Gestein bröckelte unter seinen Stiefeln und holperte unzählige Meter hinab. Wind peitschte ihm scharf vom Meer her ins Gesicht und verwirbelte ihm die Haare. Sein Blick jedoch, der lag fest auf Vaas.
„... dann werden sie glauben, ich habe es selbst getan. Bleib wo du bist.. aber danke, dass du da bist, dass ich nicht allein bin.“
Vaas schüttelte den Schädel und setzte erstaunlich ruhig nach, auch wenn er einen guten Meter Abstand zwischen ihnen hielt und den Jungen nur zu sich zurück winkte, da er nicht riskieren wollte, dass der Vorsprung unter ihrem Gewicht vielleicht noch nachgab. "Ich bin nicht hier hoch gekommen, um dir einfach beim Springen zu zusehen. Ich bin nicht dumm, um den Idioten von der Garde und der Klinge ein Anhaltspunkt auf Mord zu geben." schnaubte er durchaus ernst. Er wirkte nicht so, als wolle er ihn so einfach gehen lassen, als wolle er ihn springen und an den Felsen im Abgrund zerschellen lassen, was nicht einmal seinen sofortigen Tod bedeuten musste, wenn er blöd fiel. Er war hergekommen, mit dem Ansinnen, ihm den Weg zu Grenth problemlos und schnell zu gewähren, ohne Schmerz, ohne Leid.... ohne Angst. Ein nur all zu krasser Unterschied zu seinem sonstigen Verhalten. Aber er ist dem eisigen Prinzen so loyal und ergeben, wie manch Priester zu Balthasar. Sicherlich wäre er gewiss ein guter Grenthpriester geworden, wenn es ihm nicht schwer, bis fast unmöglich fallen würde sich an Regeln zu halten. Er war ein Regelbrecher und würde es auch immer bleiben.
"Komm her."
Es kostete Phedro viel Kraft an die Klippe zurück zu treten und die Götter wussten er vermochte es kaum den Sprung selbst zu vollziehen. Aber er wollte Vaas nicht diese Schuld aufbürden, das ist der Grund, warum er die zitternden Füße rückwärts setzte. Doch die Worte, die Vaas geduldig zu ihm sprach, brachten ihn letztendlich doch dazu stehen zu bleiben. Intensiv von einer weiteren Woge der Dankbarkeit erfüllt, kam er Vaas tatsächlich schon von sich aus wieder entgegen, nun doch Tränen in den Augenwinkeln. Er wusste selbst nicht einmal warum. Vielleicht war es der Gedanke, die Tatsache in der letzten Stunde nicht alleine sein zu müssen. Vaas zog den Jungen an sich heran, umarmte ihn aber nicht, hob nur die Rechte und schob sie unter den Rotschopf in den Nacken, bestimmend, aber nicht zu fest oder schmerzhaft. Frischer Geruch von Zedernholz und Moschus stieg dem Pulveräffchen in die Nase, vernischt mit einer leichten unterschwelligen Note von Alkohol und dem metallischen Beigeschmack von Blut. Eine seltsame, ganz eigene, aber nicht unangenehme Mischung.
"Halt die Runen fest und sprich mir nach." meinte er nun eine Nuance leiser, während der Wind etwas zunahm und das Donnern näher heran gerollt kam, nun gar nicht mehr soweit entfernt als vorher noch. Der Duft von Unwetter lag in der Luft. Phedro nickte einmal forsch und umklammerte fest die Runensteine.
"Grenth, Herr der Dunkelheit, des Eises und des Todes...." er wartete, bis Phedro ihm nachsprach.
"Grenth, Herr der Dunkelheit, des Eises und des Todes...."
"Du bist mein Gott. Ich folge dir, wohin auch immer du mich führst...."
"Du bist mein Gott. Ich folge dir, wohin auch immer du mich führst...."
"Ich komme, wann immer du mich rufst..."
"Ich komme, wann immer du mich rufst..."
Der Junge konnte nicht verhindern, dass die rituelle Kraft des Gebets seinen Herzschlag wieder wild aufpeitschen lies, wo er doch gerade zur Ruhe gekommen war. Jedes Wort brachte ihn der Endgültigkeit etwas näher und doch sprach er mit fester, dennoch zitternder Stimme, die Worte nach. Ihm war anzuhören, dass er den Willen hatte, den festen Willen, aber eben auch Angst. Er spürte zwar, dass Vaas den linken Arm bewegte, sah aber nicht, was er tat. Er hatte aufgehört nachzudenken, aufgehört Vaas schützen zu wollen, sondern gab sich bereitwillig in seine Obhut.
"Du befreist mich von Leid, von Schmerz und Angst...."
"Du befreist mich von Leid, von Schmerz und Angst...."
Sprach Phedro weiter mit, die Stimme unentwegt am Zittern, doch das Herz kühn.
Vaas zog von seinem Gürtel einen Dolch, nicht länger als fünfzehn Zentimeter, der von seiner Schneide her eher an ein Rapier erinnerte, als an eine scharfkantige Klinge. Ein Zentimeter am Griff und zur Spitze hin extrem dünn zulaufend. Das Metall ist frisch geschliffen und würde im Mondlicht nur so glänzen, wenn sich nicht gerade dicke Wolkenmassen über Löwenstein auftürmen würden. Der Dolch wurde auf Halshöhe angehoben, während das Gesicht Phedros weiterhin an Vaas Schulter gebettet war, er weiterhin nichts sah und Vaas darauf auch acht gab.
"Ich fürchte mich nicht, wenn du über mich richtest... ich fürchte mich nicht.... nie mehr."
"Ich fürchte mich nicht, wenn du über mich richtest...
ich fürchte mich nicht....
nie mehr."
Er schwor es und presste die Runensteine so fest in seinen Händen, dass die Fingerknöchel weiß hervortraten.
Der Nekromant wartete geduldig, bis der Schiffsjunge seine letzten Worte zitierte, wartete, bis er die letzten beiden Worte sprach, lies ihn schwören, ehe ein schneller und gezielter Ruck mit der Waffe zwischen die Halswirbel erfolgte. Die Klinge war spitz und geschliffen genug, dass sie mühelos durch die dünne Haut drang, Vaas präzise genug, so dass im nächsten Herzschlag, bevor der Rotschopf überhaupt reagieren oder realisieren konnte, Nervenstränge und Rückenmark durchtrennt waren. Mund und Augen des Jungen öffneten sich schlagartig auf den kurzen Schmerz hin, aber es war nur noch ein Keuchen, dass am Wind zerschellte, ehe der Körper seinen Dienst versagte und zusammen sackte. Vaas schmiss den Dolch vorerst neben sich auf den Boden, damit er die Linke um den schmalen Körper schlingen konnte, dieser ihm nicht voreilig entglitt. Doch Phedros Augen waren noch wach, sein Geist noch bei Bewusstsein und der Bleiche spürte es auch in der Art wie dieser ihn ansah, nämlich nach dem ersten Schrecken völlig verbunden, voller Dankbarkeit für seinen Todesengel, der ihn ohne Schmerzen aus der Welt nahm. Die Augen des Jungen lagen dabei unter einem Tränenschleier und er blickte Vaas an solange er es vermochte, wodurch dieser auch den Moment sehen konnte, indem jeder Ausdruck und schließlich das Leben erlosch. Doch der Grenthgläubige fürchtete sich nicht vor diesem Moment, scheute sich nicht den Augenblick zu sehen, an dem Grenhts eisige Finger nach der Seele des Schiffsjungen griffen und ihn zu sich holte und gab dem Jüngeren, bis zu dem Zeitpunkt an dem der Lebensfunke in ihm erlosch, das Gefühl nicht alleine zu sterben. Der erste Blitz durchzog den pechschwarzen Himmel gefolgt von einem lauten Knall, machte die Nacht für den Bruchteil einer Sekunde zum Tage, als die Seele dem Körper entglitt und nur noch glasige Seelenspiegel zurück lies, als wäre damit die Endgültigkeit dieses Aktes besiegelt worden.
Kein Zurück mehr, es war zu spät. Keine Reue. Keine Trauer. Kein Schmerz.
Der leblose Leib wurde noch einen Moment an den eigenen gebettet, während er sich selber das Fleisch am rechten Daumen mit den Eckzähnen aufriss und dem Rotschopf noch Grenths Symbol auf die Stirn zeichnete, nachdem er die Wunde am Hals mittels Magie verschloss und ihm letztendlich die Augen schloss. Der Stich war zu fein, als das er viel Blutmagiehätte benutzen müssen. Ehe sie den Jungen finden würden, wäre nichts mehr davon im Körper zurück geblieben.
"Möge Grenth seine Waage zu deinem Gunsten richten."
Er trat vor und lockerte den Griff, so dass der Leib ihm Stück für Stück entglitt, er warf ihn nicht. Die roten Haare kitzelten noch in seiner Handfläche, ehe Phedros Körper hinab fiel. Ein Aufprall an den Klippen würde der Körper nicht heil überstehen, Knochen würden brechen, bersten und auch das Genick würde beim Zerschellen an dem spitzen Gestein so viel Schaden davon tragen, dass man nichts mehr nachweisen können würde, doch der Junge erlebte es nicht mehr mit, musste keine Schmerzen erleiden. Vaas war nicht dumm. Er wusste durchaus, wie man ihm nicht auf die Schliche käme, nicht bei dieser kleinen Wunde und nicht, wenn sie den Körper erst nach ein oder zwei Tagen finden würden. Er machte sich keine Sorgen. Seine Seele wurde Grenth übergeben und sein Körper dem Meer.
Der Schiffsjunge war mit Ehre gestorben, mit Würde.. und mit Vaas' Respekt vor seiner Entscheidung. Er selber hielt einen gewissen Abstand zum Rand der Klippe ein, sah dem hinabstürzenden Körper aber dennoch hinterher, soweit es ihm möglich war. Wieder zuckte ein Blitz durch das dunkle Wolkengebilde und keinen Herzschlag später entließ der Himmel seine schwere Fracht in Form von dicken Regentropfen...
…..als würde er den jungen Tod Phedros beweinen.
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" „Blut? Ich hab' Angst. Mach es schnell, ja? Ich will nicht schreien.“
„Ich will nicht als Verräter sterben. Ich will als ein Matrose sterben, der den Kapitän stolz gemacht hat, verstehst du?“ " - Phedro
Kommentare 19
Ovy
BROMANTIC.
Nur leider fehlt mir etwas Kontext, was war denn das für eine Schnapsidee, mit dem Sterben und allem?^^
Vaas Autor
*gg* Ja, erst die Nase brechen und dann das.
Der Kontext ist einfach zusammen gefasst: Die GK war nein bisschen pissed, weil Ros verschwunden ist, ohne dass sie ihn oder seine Tochter wegen was befragen konnten. Phredro war der einzige an Land, der später erzählte, dass die Nadel gesunken sei, alle tot sind, aber auch die Wahrheit wusste. Ihm war bewusst, dass die GK oder eventuell auch die Garde ihn befragen würde. Er hatte Angst gefoltert zu werden, damit man alles aus ihm raus bekommt. Er wollte nicht als Verräter enden. Die Entscheidung traf auch er, nicht Vaas.
Ovy
Ah, ok. Na gut ich hätte es mit Ruderboot nach Elona versucht oder so, aber jeder auf seine Art! :p
Motte
Ovy XD
Minna
Das Tolle Euren Geschichten ist, dass ich sofort Bilder im Kopf habe ohne die Charaktere jemals im RP getroffen zu haben.
Danke fürs Teilhabenlassen. ♥
Vaas Autor
Es freut mich sehr, wenn jemand, der mit den Chars und dem Rp soweit nichts zu tun hat, die Geschichten toll und spannend findet
Luc / Zavo
Ach ja, diese Regeln beim Klerus mit denen gewisse Persönchen Probleme haben. Ich kenn da noch so einen XD
Zur Geschichte selbst: traurig schön zu lesen. Jeder Zeile trug eine Stimmung mit sich, welche zum beschriebenen Moment passte.
Seltsamerweise bin ich ziemlich stolz auf Phedro, auch wenn ich den Char nicht kannte.
Und Vaas - ziemlich toller Grenthbromigo
Motte
Oh. Es freut mich, dass du stolz auf Phedro bist.
Vaas Autor
Auf Phredo konnte man, ob der Entscheidung wirklich nur bewundern, über seinen Mut, das vertrauen, einfach alles. Ich habe ihn und Motte auch ooc bewundert. War kein einfaches Rp und die eine oder andere Träne ist schon geflossen dabei.
Ja, Vaas ist halt ein Regelbrecher, das liegt in seinem Naturell, ich bin erstaunt, dass Dronon ihn teilweise noch nicht... oh, wait, doch, von Dronon hat er auch schon ne Klatsche bekommen deswegen...:P
Und es freut mich, wenn Vaas Art, das Gebet zu machen gefällt
Luc / Zavo
Gefällt auf jeden Fall.
Weil es sich wirklich wie respektvolle Hingabe zu Grenth liest
Arlassia
Oh... oh...
Hannah
Vaas Autor
Arlassia
Der arme Phedro. Aber ich bin froh, daß Vaas gnädig mit ihm war. Sprich...ich mag das was du schreibst, auch wenn es mich traurig macht. Der Smiley war nun nicht als negative Kritik angedacht.
Vaas Autor
Ah, nein, ich habe es nicht als neg Kritik aufgefasst, ich wollte nur zeigen, dass ich's auch traurig find, immer noch. alles gut
Motte
Bei mir auch.. aber Phedro war ja auch mein Char. Gott, das ist wunderschön. Gänsehaut beim Gebet, ehrlich. Hammer.
Vaas Autor
Ich kann mir immer noch vorstellen, wie schwer es für dich gewesen sein musste. Mir viel es gar nicht leicht, das alles wieder auszukramen, durchzulesen und anhand des Rp's die Geschichte nachzuschreiben. Ich habe 4 Stunden dran gesessen, weil ich zwischendurch immer wieder abbrechen musste. War gar nicht so einfach
Von Harmon
Pipi im den Augen. Wobei das eher schon Krokodilstränen sind...
Vaas Autor
Ja, die hatte ich während dem Rp auch gehabt QQ