Der Liebe wegen...

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Als ich sie kennenlernte war sie anders. Sie war zwar schon immer anders, aber zu ihrer Andersartigkeit kam noch Traurigkeit hinzu. Sie war nicht verwöhnt und dennoch musste und muss auch heute noch ihre Familie sich nicht um den darauffolgenden Tag sorgen. Sie forderte nie etwas ein. Nie Süßigkeiten - wie ein Kind es sonst tat... und sie forderte nie Liebe.


Schon früh hatte sie gemalt und gezeichnet. Erst waren es Herzen, dann waren es Wiesen und Sonnen- Aufgänge, oder Untergänge. Kinder malten die Sonne gelb und die Wiesen grün - doch das wollte sie nicht so. Es entsprach zwar nicht der Realität, doch zwischen Irrealität und Realität konnte sie nicht entscheiden. Das konnte sie nie. Dafür war sie nie geschaffen.


Sie war eine Realistin mit einer zu Pessimismus neigenden Ader. Vielleicht war sie aber auch nur eine Träumerin, die den Kopf in den Wolken hatte.




Es war ein stickiger Tag und schwüle Luft erdrückte einen. Ihre Finger wanderten immer wieder über Büsche, oder das Dickicht, hafteten lange dort. Sie mochte die großen, laut summenden Bienen, die ihr Philosophien ins Ohr brummten. Doch auch die anderen Insekten inspirierten das Mädchen. Es war ihre eigene Art und Sicht, Dinge zu betrachten.


Die aquamarinen Augen funkelten mehr als die hellsten Glühwürmchen in der Nacht, wenn sie auch dieses Naturspektakel beobachtete. Sie hatte eine Art an sich, die auf mich übersprang. Begeisterung, die mich nachsorglich prägte. Und wenn ich es manchmal nicht besser wusste, hätte ich beinahe meinen können, dass sie es war die den Insekten ihre Namen gab.


Sie war eine Forscherin mit einem Gefühl für die Natur. Mit ihrer wissbegierigen Eigenheit, war sie mächtig sich der Natur zu un­ter­ord­nen, oder diese sogar zu bereichern.




Wenn sie malte waren es später die Naturporträts die der Natur auf den Grashalm glich. Sie liebte es in das Bild zu tauchen, sich treiben zu lassen und jede Handbewegung geschah ohne jeglichen Zweifel an ihren Fähigkeiten. Und wenn sie Menschen zeichnete, waren es keine Menschen - sondern Abbilder von Monster, die an Menschen erinnerten die ich dennoch wiedererkannte.


Es waren ihre Schaffungen, ihre Liebe, ihr Hass, ihre Verzweiflung, einfach alles. Die Gefühle die in ihr waren und versuchte zu zähmen und nur mit Pinselstrichen frei ließ. Sie ließ die Tinte wirken, ließ sie abklingen, verlaufen, trocknen und ihren Weg finden. Ihre Hände waren ein Instrument und die Klänge, womit sie Kunst auf Papier schaffte. Verlieh wenigen Mustern auf der Leinwand ihre Kraft.


Sie malte ihr Leben und das Leben malte sie, wenn auch nur auf eine merkwürdige Art und Weise. Sie war nicht nur äußerliche Kunst, sondern auch innerliche.




Als sie ein Kind war, dachte sie, dass die Wolken weinten und die Regentropfen deswegen aussahen wie die salzigen Tränen die auf ihre Wangen traten. Schon immer wollte sie diese Tropfen erforschen und hatte mit einem interessierten Gesicht die Nässe auf den Scheiben betrachtet, bis diese zu Tropfen wurden und einen Wettlauf austrugen. Ich wettete, wer der schnellste Tropfen war und sie fühlte dabei die Traurigkeit in sich aufsteigen.


Die nassen Tropfen, die auf ihre bleiche, sanfte Haut fielen waren gesegnet. Sie fielen nicht lieblos auf den schmutzigen Boden, sondern auf eine Haut die spürte und fühlte. Sie wusste, dass der Regen auch auf andere Dächer fiel, andere Wiesen, Länder und auf die Köpfe der unterschiedlichsten Menschen und Wesen, mit den unterschiedlichsten Geschichten.


Sie war reicher, als andere Personen die ich kannte und auch reicher als ich. Während andere nur den Regen fühlten, wurden andere nur nass.



Ich sah es kommen. Wie das Leben sie immer mehr prägte und ihre Seele formen annahmen. Während ich nicht wusste ob es Tränen waren, die aus ihren Augen tropften, oder das Leid, dass sich in der ganzen Zeit in ihrem Körper angestaut hatte. Und ich wusste auch nicht was in ihr geschah als sie die Augen schloss. Ob sie starb, oder schon vor Monaten gestorben war.


Es war der Tanz, der sie erst wieder lebendig wirken ließ. Wenn sie tanzte, dachte sie nur an sich und vergaß die Welt um sich herum. Sie sorgte sich nicht um morgen. Sie focht unsichtbare Kämpfe vor meinen Augen aus, wofür ich zu blind war. Ich wusste, ich konnte ihr nicht helfen und die Gefühle nehmen, die sie plagten und kontrollierten.


Sie tanzte um mit den Beinen zu Träumen. Erträumte sich in andere Welten um nicht in dieser zu sein. Die Welt, die sie nicht erträgt.




Als ich sie kannte, wusste ich plötzlich was all die Dichter und Schreiber beschrieben, wenn es um die Liebe ging. Es ist merkwürdig. Wenn ich sie sah, spürte ich einen sanften Kuss in meinem Herzen. An jeden Zentimeter meiner Haut war ein kitzeln, ein streicheln meiner Seele. Wenn sie einen küsste, müsste es sich so anfühlen als würde kalter Regen auf die Lippen prasseln und dort verdampfen.


Diese Frau war wie ein tiefer See in den ich fiel. Ich ertrank und meine Lungen waren gefüllt von ihren Atemzügen. Von ihrer Melancholie, die ihre Seele füllte. Und ich Verstand nie, warum ich sie so sehr liebte. Sie war das Licht meines Lebens, das Feuer in meinem Herzen, meine Sünde und meine Archillesferse. Sie war mein Untergang und ich wusste, sie wird mich untergehen lassen müssen.


Sie erhielt nie die Liebe, die sie verdient hatte, denn dafür gab es zu viel Zwietracht in ihrer Welt. Besitzen konnte man sie nicht und es endete immer nur mit diesem Versuch.





Und jetzt endete alles. Wenn ich ging, dann für meine Archillesferse.


Ein Gesicht schob sich in mein Sichtfeld das mehr und mehr verschwamm. Die dunkelblonden Haare und die markanten Gesichtszüge konnte ich dennoch erkennen. Eine Hand strich mir sanft durch das dunkle, lange Haar. Die Stimme sprach beruhigend zu mir und doch war ich mir der Bedrohlichkeit gewahr. "... ich werde einfach jedem sagen das du dieses Schicksal freiwillig erwählt hast. Ich weiß um deine Liebe zu Celeste und du weißt wie sehr ich es hasse, wenn man sie mir streitig machen möchte..." Und noch ehe ich Antworten konnte, hustete ich und etwas das nach Eisen schmeckte, quoll aus meinen Lippen. Ich hatte keine Angst zu gehen. Denn in meinen Gedanken war sie bei mir und ich wusste, dass sie meine Gefühle in meiner neuen Welt erwidern wird.



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Kommentare 4

  • Oh... mein... Gott... Das Ende habe ich nicht kommen sehen. Das ist so bittersüß und es ist beeindruckend, dass du, je näher das Ende kommt, die Schrift verblassen lässt. Wie cool ist das denn?!

    • ;-;
      Danke?


      Ich mag mich nicht bedanken, weil du ein bisschen Schuld daran bist, dass ich überhaupt geschrieben habe und das bis eben, weil ich nicht zur Ruhe gekommen wäre. Also... Wenn ich es nicht zuende geschrieben hätte!

    • Was immer du gemacht hast @Amnesyas, hast du gut gemacht! : D


      Ich mag die malerischen Worte sehr. <3

    • ❤️