Azelia

datiert auf den 1. Phönix 1335 n.E.


Zungen reinigender Feuersbrunst lecken an nackter Haut. Ein Reigen blassen Hauttons mit fahlen Flammenkernen, deren mannigfaltige Glieder peitschen. Die Handhabe ungetrübten Hungers ist grausam und belohnend.


Magie, die wirkt, ohne gezaubert zu werden. Passgenau schlängeln Ausläufer heißer Zerstörungswut über weiche Hüftkurven. Hochschlagender Zunder, der im Funkentrieb an ihrem entfesselten Blond nagt. Sie ist keine Herrin über das, was sie zu erobern sucht. Ihr Tanz auf baren Sohlen wirbelt gewalttätige Hitze auf. Ihre sonst strammen Schenkel sind rot, ihre Waden werfen Blasen. Aber kein Schrei. Schweiß, abgezählte Tränen, Eifer und Hingabe. Gebleckte Zähne, deren Weiß das chaotische Flackern spiegelt. Aber kein Schrei. Formeln, deren Bedeutung weltlicher Kenntnis entsagen. Gutturale Beschwörungen, die sie zum Gefäß dessen machen, was mordsüchtig ist.


Es besticht sie alle, wie sie den Zorn lenkt, als sei er formbares Wasser. Eine Drehung, die sie mit gestreckter Flanke führt, in der ihr unbarmherziger Freund Feuerküsse auf ihren Rippenbögen, auf den wogenden Hügeln ihrer Brust und auf den glatten Kanten ihrer Schultern verewigt. Es ist das Miasma vergangener Verbindungen, deren Krater gerissen und deren Knorpel gehäutet werden.


Wer den reißenden Wahnsinn zähmen möchte, muss die Extreme leben.


Und niemand hier ist extremer als sie.


Ein letztes Mal lassen Trommelschläge den Erdboden wackeln. Güldengleißendes Chaos ist zu einem schmerzhaften Mantel erhoben. Rund um sie herum gibt es nur noch das: Licht, Wärme und Absolution. Es ist das Bad, das sie nie verstehen werden. Der Ritus, der sich den Kalten entzieht. Der Prozess, dem nicht einmal der Tod vorstehen kann. Für diesen Augenblick ist sie der Gott, den sie fragt.


Diese Nacht ist zu einem neuen Morgen geworden, als sie aus der Flammenbrunst tritt. Schwielige Füße gehen auf kalten Eisenstufen. Blutige Blasen triefen, als es nicht länger verdampft. Sie sieht grässlich aus, die laufende Leiche einer ungeschriebenen Tragödie. Blondes Haar, das jung wallte, wich einer aufgedunsenen Glatze. Ihr Torso ist übersät von den roten Küssen ihres brutalen Liebhabers. Aber ihre Anhänger brüllen, als sei ein Engel mit göttlicher Vorsehung aus den Fluten geteilten Lichts gestiegen. Manch einer fällt durch Ehrfurcht auf die Knie, ein anderer wendet den Blick aus Unwürde ab.


"Ich habe gesprochen und er hat geantwortet. Diese Zeit ist für uns die Phase der Entscheidung. Wir werden die Botschaft verbreiten und, wie an alten Tagen, bekehren. Denn mit der Zeit des Phönix geschieht die Wiedergeburt von Körper und Geist, das Feuer brennt am hellsten, die Herzen sind offen für verlorene Wärme. Brigen wir den Verirrten die Führung zurück, den Erkalteten den Eifer, den Verdorbenen die Besinnung und den Gefangenen die Befreiung. Hiermit sei unser Tun gesegnet und gottgeleitet."


Ihre Arme heben sich wie Flügel, als sie nackt dabei zusieht, wie eine Fackelallee gebildet wird. Ein treuer und stummer Anhänger hüllt ihren geschundenen Körper in eine Robe schweren Stoffes, ehe sie in Begleitung der Fackeln zurück zu dem Landhaus gehen.


Bis zur Wiedergeburt sollte Sein Licht sie nicht mehr verlassen. Seine Essenz, das maßlose Lodern und die kompromisslose Macht sind das Fundament, auf dem ihr Körper, ihre irdische Bindung, wieder bauen soll. Sieg der Zerstörung, Untergang der Ordnung.

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