Der Pfad im Herzwald

Gemeinsam mit den anderen Freiwilligen stand sie zwischen all den Seraphen und Söldnern in der breiten Herzwaldschneise. Bereits auf dem Weg hierher wurden sie von mehreren Kreaturen angegriffen. Es sind so viele verletzt worden, manche schwer – manche tödlich. Auch dem Feldwebel, dem sie folgten, blutete das halbe Gesicht. Seine Entschlossenheit steckte sie nicht an. Nicht, nachdem das abstruse Bild einer anderer Realität sie so sehr fesselte. Adern der Leere zogen tiefe Risse durch den schwammigen, sumpfigem Boden und erschwerten jeden einzelnen Schritt. „Das Wasser…“ nuschelte sie für sich und betrachtete wie der Fluss den Berg hinauf, statt hinabfloss. Die Magie an diesem Ort bereitete ihr Unbehagen, denn eine andere Wirklichkeit beherrschte jedes Fleckchen der sumpfigen Erde. Als sie den blassvioletten Blick vom Wasser lösen konnte, bemerkte sie das überwältigende Ausmaß der gegnerischen Stärke. Angeführt von einem stacheligem, monströsem Drescher krochen aus allen Winkeln des Sumpfes Leerekreaturen. Manche bewegten sich schnell, wieder andere krochen bedrohlich auf das bunt zusammen gewürfelte Heer zu. Die Furcht in den Gesichtern ihrer Mitstreiter ließ sie ein paar Schritte zurückweichen. Minna war eine Köchin, eine Abenteurerin und irgendwo auch eine Magierin aber gewiss nicht stark genug, mutig genug einer Armee an Gegnern gegenüberzustehen, welche sich gerade vor ihnen formierte und sie einfach überrennen würde. In jeglicher Hinsicht war es überwältigend.


Das lautlose Stoßgebet und die anschließende Fürbitte an die Götter erschien selbst ihr albern, doch es war ihr Glaube, der sie noch auf den Beinen hielt und sie daran hinderte wegzulaufen.


Die ersten erhoben ihre Schwerter und die improvisierte Artillerie hinter ihnen lud und verschoss bereits die ersten Pulverfässer gegen den Drescher, bevor...


… ein heller Blitz die Umgebung und die Kämpfenden einschloss. Nur einen Bruchteil eines Augenblicks brauchte es anschließend, um die natürliche Stille des Sumpfes wieder wahrnehmen zu können. Stille die durch die Detonation der Pulverfässer gestört wurde. Fässer die nichts mehr trafen. „Das ist eine Falle! Sie tarnen sich!“ In dem Raunen ihrer Kameraden tastete sie sich selbst ab. „Bin ich..?“ Sie war sich nicht sicher, wie diese eine letzte Reise aussehen könnte. Vielleicht hat sie etwas übersehen? „Tot? Nein.“ So oder so ähnlich waren die Worte der Bogenschützen neben ihr. Worte, welche die Blondine erstmal sacken ließ. Auch die zweite Ladung Fässer detonierte im schlammigen Sumpf, traf kein verschleiertes Leereheer, sondern verschreckte Tiere und hallte im Wald noch etwas nach. „Sie sind weg.“ Das unbefriedigte Gefühl einer verpassten Schlacht zeichnete sich in dem Gesicht des Seraphen der an Minna vorbei lief. „Weg. Es ist vorbei.“ Murmelten Freiwillige, Söldner und Soldaten. „Für den Moment.“ Manch einer traute dem urplötzlich eingekehrtem Frieden nicht. Sie selbst auch nicht, doch als sie den humpelnden Kerl sah, besann sie sich wieder einer Aufgabe. Eine die sie bewältigen konnte. „Nun musst du mich ertragen.“ sprach er und ließ sich wieder stützen. „Nichts lieber als das, Elliot.“ schmunzelte sie und brachte ihn über den Pfad im Herzwald zurück nach Tonteich. Es fühlte sich nicht wie ein glorreicher Sieg an, aber das Überleben allein, war zumindest für Minna, Triumph genug.




Inspiriert durch das Ende des EOD Drachenleere Events in Tonteich - vielen Dank an die SL und alle Mitspieler.

Kommentare 5

  • Dankeschön für die Geschichte, den Höhepunkt (der am Ende keiner war x) ) super atmosphärisch zusammengefasst!

  • Tja! 12 Stunden eine Minna die jammert oder ein Elliot der nur bis nach Tonteich jammert. :3

  • Sehr spannend! ❤

  • Sehr schön geschrieben. Danke für die Erwähnung. Oh, jetzt verstehe ich auch besser, warum Minna auf der Treppe ein Hackbeil dabei hatte.