Das letzte Mal sahen sie einander, da hatte Jack dieses Haus gerade erstanden. Das zweite Stockwerk war damals noch gar nicht eingerichtet. Während in der hinteren Ecke des Obergeschosses ein hohes Bett stand, welches auch für die Kundschaft genutzt wurde, denn daneben erkennt Maya noch eine Kommode, auf der allerlei Kram liegt, der nach Tätowierinstrumenten aussah, reichte sich dieses Stockwerk auch die Hand mit den persönlichen Machenschaften des Irren. Diverse Ketten hangen von der Decke, befestigt an Haken und Seilzügen. Manche ließen nicht einmal sonderbaren Spielraum übrig, wofür sie wohl gebraucht würden, denn es waren Handeisen an ihren letzten Gliedern befestigt. Zu alledem reihte sich unpassender Weise ein malerisches und großes Gemälde an der langen Wand gegenüber des Treppenaufstiegs ein, dass eine hübsche und ganz offenkundig canthanische Landschaft zeigte. Zarte Kirschblütenbäume, saftig grünes Gras, gepflegte Gärten und Gazebos vor dem Hintergrund nebelumwobener Gebirge. Seine Gedanken drifteten für den Moment ab: „Ahh, ich muss dich irgendwann so richtig verschnüren. All die Kurven, die helle Haut, von den Seilen beengt…“ Er schien diese Vorstellung zu mögen, fand aber recht schnell wieder zu dem Thema zurück, welches sie an der Treppe begonnen hatten. „Aber wenn du mich umbringst, dann absorbiere wenigstens vorher einen Teil meiner Seele oder sowas und sperr sie in ein Amulett, einen Ring, irgendwas. Aber so wie ich dich hier sehe bist du ohne mich gar nicht lebensfähig!" Er ließ Maya allerdings vorerst los, denn da war noch das offene Fenster, durch das der Vogel sie angekrächzt hatte. Ein recht großer Vertreter irgendeiner Papageienart, die weißes und violettes Gefieder besitzt – in einem wortwörtlich goldenen Vogelkäfig auf einer Stange sitzend. Unweit des Käfigs stand auch ein Beistelltisch, auf dem eine Reihe verschiedener Messer lagen. Diese waren, völlig anders als alles andere hier, der Größe nach und penibel nebeneinander aufgereiht.
"Du.. ich denke dir würde schnell langweilig werden, wenn ich mich nicht wehren kann." Sprach sie ihm angetan zu. "Glaubst du das wirklich? Das sagst du jemandem der sich freiwillig von den ganzen Flachpfeifen da draußen fernhält und sehr gut mit sich selbst auskommt! HA!" Entrüstet breitete er seine Arme einen Augenblick zu beiden Seiten aus, ehe er sie theatralisch aus dem Fenster streckte und zuerst die Läden von außen schloss, ehe er auch das Fenster selbst zudrückte. Zum Schluss kamen, wie vor all den anderen, noch die Vorhänge vor den hässlichen Anblick der Fensterläden hinter Glas.
Ihre Aufmerksamkeit schweifte in den Raum hinein. Ein anerkennendes Pfeifen verließ ihre Lippen. Verkehrte Welt - sie selbst hatte gerade das herunter gekommene Zimmer in dem Gasthaus in irgendeiner Sackgasse aufgegeben und er hatte riesige Gemälde, einen goldenen Käfig und etliche teure Utensilien gehortet. Die Brünette starrte den weiß-violetten Vogel im Käfig an und zog Vergleiche zu ihrer eigenen Erscheinung. Mit der blassen Haut, dem violettem Kleid konnte sie das sogar. In einer Art beruhigten Lethargie schien der Vogel den Blick, zumindest für ein Tier, doch recht fokussiert auf dem nahen Jack zu haben. "Du solltest ihn frei lassen, wenn er schon nutzlos ist. In Löwenstein. Dort gibt es mehr als genug Hurensöhne, die er beleidigen könnte." murmelte sie und stieß mit der Hüfte gegen das Treppengitter. "Die gibt es auch hier. Er muss nur einmal nach draußen schreien und trifft keinen falschen. Selbst hier drin nicht. Ich bin ein Hurensohn vor den Göttern!" Prompt lachte er seinem Papagei entgegen, legte eine Hand an ein kleines Rädchen oben auf die Krone des Käfigs an der die einzelnen Stäbe zusammen liefen und drehte daran wie an einer Taschenuhr. Bis dato an den Streben nach innen geklappte Spiegelpanele drehten sich zu den Seiten und schlossen den Vogel innen blickdicht ein. Er beschwerte sich offenkundig auch nicht darüber, nun im Innern nur noch sich selbst zu sehen. "Der größte beschissene Narzisst den ich je kannte."
Und zuletzt lässt Jack den Vogel Vogel sein und widmete sich wieder dem interessantesten Lebewesen hier oben - Maya. "Da hat sich bei dir ja einiges getan." murmelte sie in dem Moment und hängte sich barfüßig im lockeren Kleid an eine der Ketten, die von der Decke baumelten. "Mhmmm. Ich würde auch den letzten Tropfen deiner Lebenskraft heraussaugen, Jack. Verspreche ich dir!" Ihre Stimme klang dabei fast liebevoll als sie das vorherige Thema nochmal aufgriff.
"Ehhh, ich zweifle dran! Aber nicht daran, dass ich -gut schmecke-. Du wärst extrem schnell süchtig." Jack schob eine der rasselnden Ketten beim Weg hin zu Maya beiseite und gerade, als er mit einem
regelrecht vorfreudig bissig-funkelnden Grinsen in greifbare Weite kommen wollte, fiel ihm an einer ihrer Arme tatsächlich der Ansatz einer Sanduhr auf. Selbst jetzt noch, im anfänglich zugedröhnten Zustand erstarrte der Typ und bliebt da wie angewurzelt stehen. Vielleicht brauchte es ein paar Augenblicke, in denen er einfach -nichts- tat, damit ihm klar wurde, weshalb er gerade plötzlich stoppte. Sonderbar, wenn ein Teil inkarnierten Chaos einfach so schlagartig ruhig wird.
Sie schwang sich in dem Moment im kleinen Kreis über dem Boden. Gestreckt waren ihre Füße, die Zehenspitzen reichten hier und da nicht mehr bis zu den Dielen. Ihr war nicht aufgefallen, dass Ärmel ihres Kleides den Unterarm frei gegeben hatte und die tätowierte Sanduhr preisgab.
"Zur reinen Studie ziehe ich es gerade in Erwägung dich im Laufe des Abends anzuzapfen." Sie blickte zur Decke als er sie ansteuerte, lenkte den Blick zurück und lächelte verschmitzt, hob aber genauso plötzlich die Brauen als er erstarrte. Sie wartete einen Moment, denn schließlich wusste sie nicht, ob er vor ihrem Auftauchen nicht bereits irgendwas zu sich genommen hatte was nun in einer Wechselwirkung mit dem Pulver stand. "Ey? Alles in Ordnung?" Sie ließ sich etwas an der Kette herab, hatte den Arm aber noch oben und blickte ihn neugierig an.
Der erste Moment in dem Jack nur erstarrt war, löste sich. Im zweiten regte sich zumindest sein Kopf. In Zeitlupe stiegen seine Augenbrauen in die Höhe und dann begann er plötzlich zu lachen. So laut und ausgelassen und Götter, es wirkte als hätte er gerade den Spaß seines Lebens nur weil er etwas gesehen oder gehört hat das ihm gefiel. Es war nur ein klein bisschen verdächtig, dass das Gelächter nach knapp zehn Sekunden schlagartig abebbte, als Jack sich gehörig auf die Unterlippe biss: "Nein, neinneinnein.." Also lachte er unterdrückt und halb innerlich weiter vor sich hin. "Du hast doch nicht.." Mit seinem unsäglich verlangenden Biss auf der eigenen Unterlippe tänzelte er in zwei beflügelten Schritten auf Maya zu, setzte dabei die eigenen Hände an seine Brille und zog sie schmerzlos von den Augen. Dahinter kamen die blassgrünen Lohen mit ihren ewiglich dunklen Augenschatten zum Vorschein. '"Verdammmich ich werde dich so hart aussaugen. Du wirst Wochen zur Regeneration brauchen." Seine Brille hängte er für den Moment an den Halskragen seiner Weste, denn die Hände brauchte er nun alle beide. "Eh, eh. Nicht allzu lange, Herzilein. - Ich gehe neuerdings ehrlicher Arbeit nach und habe nicht allzu viel Urlaub. Außerdem muss ich mir nach dir erstmal eine neue Bleibe organisieren..." Die Stimme der Vernunft galt es erstmal zu ersticken.
Jack ergriff direkt ihre Hände, noch bevor sie die Kette losgelassen hatte. Mit einer brodelnden Euphorie und einem spürbaren Spaß lockte er sie regelrecht tänzerisch unter zwei Schritten zurück mehr in die Mitte des Raums, dafür ging er selbst rückwärts und zog sie sanft mit sich mit. Nun ganz ohne Brille, sie sah totzdem, wie er die Augen marginal zusammenkniff, beugte er sich vor und schaute Maya ins Angesicht und ihre ergriffenen Hände streckte er als Ode an die Freiheit hoch über ihren Kopf in die Höhe, direkt darauf folgte ein dominanter Kuss. Kein Biss, kein wilder Überfall, sondern der Nachdruck seiner erobernden Lippenpolster. Der Kuss war ein guter Anfang, um eben die noch laute Stimme im Inneren der Brünetten zu ersticken. Die Dominanz darin ließ sie aufschmunzeln. "Du erinnerst mich gerade an jemanden." provozierte sie ihn unbedacht gar mehr. Während er ihre Hände oben hielt, hob sie ein Knie an um das Bein um seine Hüfte zu legen.
Gefahr zu erkennen, auch wenn sie noch so verspielt und verführerisch lockte, war für Maya nicht sonderlich schwer. Selbst im berauschten Zustand bemerkte sie diese feinen Veränderungen seines Verhaltens, allerdings verlor sie kurzerhand in seinen Augen. Außerdem war die Brünette für jeden Kampf bereit den es hier auszufechten galt.
"Ja.. ja...." raunte er gegen ihre Lippen. "Benutz mich, stell dir vor, wie ich irgendjemand wär von dem du gern genommen würdest. Ich bin der Hammer, der dein Fenster zu dieser langweiligen Welt zerschmettert." Es klickte. Seine Lippen schwebten noch nah vor ihren, die heiße Luft eines Irren und Rauschsüchtigen bleckte über ihren Mund und rund um ihre Handgelenke schlangen sich zwei separate Handschellen, die ohne seine direkte Führung, aus Eisen geschaffen und mit den Ketten, die von der Wand hängen verbunden passgenau ihre Arme in der Höhe hielten. Es war eine Falle. Eine, in die sie sehenden Auges getappt war. Sie war schließlich bereit für all das.
Noch war sie in Gedanken an diese eine andere Person, schloss für einen Bruchteil ihre Augen und nahm grinsend das Klicken wahr. Dem Geräusch folgend schaut sie hinauf zu ihren Armen. Die weiten Ärmel waren weit hinab gerutscht und sie selbst konnte nun einen Blick auf die beiden Sanduhren werfen. "Scheiße." Zischte sie leise.
Jack nahm gerade zwei Schritte nach hinten Abstand und drehte zur Seite, hin zu den vielen Messern.
"DA HAT JEMAND AUF MEINE VERFICKTE LEINWAND GEKRITZELT!" Plötzlich brach es aus ihm heraus, gerade während er eines der scharfen Instrumente griff. Es ist eines der filigraneren mit schmalem Blatt, aber durchweg längerer und geschwungener Klinge. "Ich hab dir den Schnitter geschenkt! Du bist -mein- Kunstwerk!" Er wurde nicht von seinem eigenen Ausbruch gepeinigt, er litt in dem Moment auch keine Qual. Die überbrandenden Emotionen ließen ihm aber das Blut in den Schädel schießen, erröteten Haut auf seinen Wangen und am Halse schlagartig und schließlich stand er mit dem ausgesuchtem Messer vor der reizenden Figur der Brünetten in Ketten. "Zuerst wirst du.. büßen.." Ein Hauch von Worten und plötzlich war da eine kühle Klinge, die er unter eng gesuchter Nähe an Mayas Hals platzierte.
"Jack. Mein guter, lieber Freund. Bevor du..“ setzte sie eilig zur Beschwichtigung und anderen Geständnissen an.
Diese Geschichte ist ein Mitschnitt aus dem Rollenspiel mit Border!
Kommentare 1
Saso
*Isst Popcorn und glotzt. Lungert hier herum.*