Es war den ganzen Tag drückend heiß, doch nun kühlte es am Abend ab. Der Himmel war sternenklar und man bekam endlich die nötige Motivation, etwas zu tun. So auch Aurélie und ihre Zofe Jana. Beide saßen im Wohnzimmer und tranken kalten Sekt, philosophierten über das baldige Leben der Chevalier als Gräfin. Welche Aufgaben würden anfallen? Würde ihr das Leben auf seinem Anwesen gefallen? Sie lachten und dennoch war da dieses unwillige Gefühl der Ungewissheit.
„Ach, Baroness,“ seufzte die rothaarige Dame, „ich werde Euch wirklich vermissen. Wir haben so viele Jahre miteinander verbracht und nun endet sie. Ich hoffe, ihr werdet den Plüschhasen in Ehren halten, den ich mit viel Mühe auf dem Mondneujahrfest schoss!“
Aurélie musste lachen, als ihre Zofe über den Plüschhasen sprach und sie somit an die herrliche Szenerie erinnerte. Sie machten damals Scherze darüber, dass ein Mann seiner Herzensdame etwas erspielen sollte, und doch tat dies damals Jana und äffte einen Prinzen nach, der dermaßen geschwollen sprach. Jana und Aurélie waren beinahe wie Freundinnen. Zumindest privat. Vor Besuchern oder gar hohem Besuch würde sich Jana stets vornehm, wie es von einer Zofe zu erwarten war, verhalten.
„Ich verspreche es,“ lächelt die Chevalier zu Jana rüber. Sie sieht sie noch wenige Herzschläge an, ohne etwas zu sagen, ehe sie schweren Herzens seufzte. „Ich habe Angst. Angst davor… alleine zu sein. Ich kenne ihn doch kaum.“
Jana hielt inne und sah ihre Herrin an. Angst… Angst bei Aurélie konnte man wahrhaftig selten erblicken. „Ihr habt einen guten Fang gemacht. Da bin ich mir sicher. Ihr werdet den Grafen in der Ehe noch gut genug kennenlernen.“ Mutmachend lächelt die Dame mit den vielen roten Locken.
„Ja, Ihr habt Recht. Und was ist mit Euch?“ will die Violinistin wissen, „Was werdet Ihr tun wenn… ich ihn geheiratet habe? Ihr seid nicht mehr meine Zofe. Ich bekomme ja eine von ihm…“ Der Gedanke ließ es der Baroness kalt den Rücken herunterlaufen. Es war so viel Neues. Neues Anwesen, neue Aufgaben, neues Personal, neue Verpflichtungen. Und dann war da noch dieses Abkommen zwischen dem Doktor Menzel und ihrem Vater.
Jana legte vorsichtig eine Hand auf die der Baroness. „Macht Euch keine Sorgen um mich. Wir bleiben sicherlich in Kontakt. Ihr habt mir eine tolle Zeit beschert. Jede andere Zofe hätte sofort meinen Platz einnehmen wollen. Ihr habt mir auch Freiheiten gelassen und das schätze ich sehr.“
Die Worte erfüllten das Herz der Aristokratin mit Wärme und dennoch wurde es klamm. Es fühlte sich beinahe so an, als würde ein Teil von ihr sterben. Sie musste sich bereits jetzt darauf einstellen, dass sie Jana bald nicht mehr haben würde. „Ich sollte Euch meinen Respekt zollen, Jana. Nur dir alleine.“
Plötzlich stellte die Baroness das Sektglas auf dem Wohnzimmertisch ab und griff nach den rauen Händen, der Zofe. „Baroness…“ Jana wirkte verwirrt, erhob sich aber dennoch. „W-Was…?“
Ohne irgendwas zu sagen, verbeugte sich die Chevalier vor der Rothaarigen. Sie tat es respektvoll, anmutig und mit viel Achtung vor der Zofe. Viel länger, als sie es vor einem König jemals tun würde. Die Baroness schloß die nassen Augen und blieb gebeugt, ehe sie nach einer Hand griff, um einen Kuss auf den Handrücken der Zofe zu tupfen.
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