Abendstunden

Das Schloss ihres Stadthauses klickte leise, als die Fürstin den Schlüssel zu später Stunde herum drehte. Die Lichter des Anwesens waren erloschen, keine Stimme zu hören, kein Diener in Sicht. Ihr neues Anwesen war nicht mehr im Salmaviertel, sondern in der Rurikstadt angesiedelt, unweit der Rurikhalle und doch schien der Weg von der Halle bis nach Hause eine Ewigkeit gedauert zu haben.


Addison streifte die aufwändig gearbeiteten Stöckelschuhe von den Füßen, ehe sie barfuß über die Holzdielen zu ihrem Wohnzimmer schritt. Behutsam entflammte sie die Kerzen auf dem alten Holztisch, ehe sie die Kopfbedeckung von ihrem Haupt strich und dabei ihre Haare lose vor das Haupt fielen. Müde fiel sie auf das dunkelgrüne Sofa, ehe sie die Beine anzog und ihr Haupt auf den Knien ablegte. Die Flamme der Kerze begann zu tänzeln und mit ihr die Schatten ihrer Möbel. Eine ganze Weile schaute sich die Fürstin das Schauspiel an, ehe die grünen Iriden zu einem alten Ölgemälde empor gingen und mit einem Mal war es, als wäre das Funkeln aus ihren Augen verschwunden. Ihr Blick traf den eines Jüngeren selbst, neben ihr die Abbildungen ihrer drei Kinder und hinter ihr, sie wagte es gar nicht, den Blick noch etwas zu heben.


Ihre Fingerspitzen strichen über die eigene Wange und erst dann bemerkte sie, dass ihr Tränen über das Gesicht liefen. Sie war alleine, vollkommen alleine.


Ihre Kinder und Familie zogen es vor in Rabenfurt auf Caer Corvus zu bleiben, möglichst weit weg von ihr. Marlene und Dorian hatten sich längst ein eigenes Leben aufgebaut, in dem sie keinen Platz mehr hatte. Aedan schien jeden ihrer Versuche, eines Kontakts im Sand verlaufen zu lassen. Und Lawrence. Lawrence war nicht mehr an ihrer Seite, nicht mehr in ihrem Leben, nicht mehr ihre Stütze. Ihr Blick senkte sich auf das kleine, silbrige Gefäß unter dem Kamin, resigniert lächelte sie auf und schüttelte nur den Kopf mit dem zerzausten Haar. “Idiot”, kam es nur aus ihr hervor, während sie unkontrolliert die Tränen laufen lies.

Kommentare 2

  • Die Geschichte hat mich schon sehr gerührt als ich sie vor ihrem Erscheinen hier lesen durfte. Sehr atmosphärisch.

  • Ich mag das Ambiente, dass du da schaffst. Aye.