„Kommst du mit?“ Schweratmig besah sie sich ihr Werk, als es vollendet war. Und sie sah, dass es keineswegs gut war. Längst pochte es an der Tür. Der Wirt? Jemand anderes? Sie ignorierte die Rufe, während sie blicklos auf das Schlachtfeld dieses Zimmers sah. Die Brust bebend bei jedem Atemzug. Khea grunzte. Die Schultern bebten. Es schüttelte sie. Und dann brach es aus ihr hervor, das wilde Gelächter, welches zu einem Sturm heran reifte. Einem Orkan. Hundert Kerben. Spoiler anzeigen
Der Blick hob sich träge von der muffigen Bettwäsche. Sie roch nach Schweiß, Sex, Erbrochenem und Zigarettenrauch. Das Erste was ihr aufgefallen ist, als sie die verklebten Lider öffnete, war das dunsige Licht, was durch den Spalt der Vorhänge in das kleine Tavernenzimmer herein drang. Tanzende Staubpartikel in den zarten Strahlen. Tänzelnd. Ringelreihe. Dreh dich, flieg! Flieg!
Drehen. Ja, es drehte sich noch immer alles. Kopfschmerz schlug ein wie eine Granate, als sie sich aus dem stinkenden Bett quälte. Ihre nackten Füße glitten über die Kante der Matratze gen Boden, stießen gegen leere Whiskyflaschen. Wie viele waren es? Fünf? Oh, scheiße. Die Pfote glitt in das blonde Haar, welches ebenso verklebt und zerwühlt von ihrem Kopf ab stand. Hämmernder Schmerz pochte in den Schläfen, als sie durch den Unrat am Boden zum Fenster watete.
Was war gestern passiert?
Sie erinnerte sich an den Hals. Sie erinnerte sich daran dass sie ihren Schal vergessen hatte. Sie war nochmals zurück. Toni war da. Diese Fremde und Fengys. Sie erinnerte sich an tumbe Worte. Unwichtige Silben, die aus mehreren Mündern plätscherten. Sie erinnerte sich daran dass ihr den ganzen Abend nach Weinen zumute war und dass die Kehle ihr bei jeder Silbe brannte. Und dann? Sie war ihnen gefolgt. Man hatte den gleichen Weg. Zufall oder Vorsehung? Doch Kheas Weg führte sie nicht sogleich in die Taverne im Salma. Wo war sie den Rest der Zeit abgeblieben? Sie wusste es nicht mehr.
Ihr nackter Zeh stieß gegen die Bettkante und ein wirrer Fluch verließ die Lippen der Ebenholzhaut. Nicht weniger nackte Fußballen zertraten ausgebrannte Kippenstummel am Boden. Zigaretten. Oh, da war etwas. Es knisterte in ihren Gedanken.
„Es gibt Ärger wenn du sie alle aufgeraucht hast bis zu unserem nächsten Wiedersehen!“
Oh, scheiße.
Der Blick suchte den Boden ab und fand die verzierte Schachtel geöffnet dort liegend. Eine einzige Zigarette noch darinnen, zerknickt. Hrm, so viel zu ihrem Versprechen. Khea wurde speiübel. Sie schmeckte den Alkohol und den Zigarettenrauch noch in ihrem Mund. Und sie schmeckte den Tabak, das Erbrochene und sie schmeckte einen Mann.
Unverrichteter Dinge sank sie auf das Bett zurück, die Knie gespreizt, ein Ellenbogen auf dem Linken, die Stirn war in die Hand gegraben. Wühlte im Haar. Sie erinnerte sich nicht. An nichts, was offenkundig wichtig schien. Was war denn passiert nachdem sie sich von Toni und Fengys verabschiede hatte? Wer hatte sie hier her begleitet? Konnte es denn sein, nach all der Zeit, dass fünf Flaschen ausgereicht hatten ihren Schwur zu brechen, oder war es nur eine weitere Prüfung? Eine weitere Kerbe. Gänsehaut breitete sich aus, als sie sich vorlehnte und einen Blick an sich hinab riskierte.
Neuerlich erklang ein Fluch in der geschlossenen Räumlichkeit. Noch einer. Und noch einer. Mit losen, animalischen Schreien, warf sie sich auf den Rücken, strampelte wie ein Kleinkind mit den Beinen. Sie ächzte und stöhnte, ehe sie wild entschlossen aufstand. Die Kommode neben ihr wurde erfasst und mit einem kräftigen Ruck umgestoßen. Zu Boden gerissen. Doch das war nicht genug.
Man ging bebend zum Tisch, packte die Kante und mit einem Stoß riss sie diesen um. Er fiel krachend zu Boden, was darauf noch zu finden war- Reste eines Abendmahls- stürzte ebenso auf den hölzernen Grund. Porzellan splitterte. Eine Weinflasche zerbarst. Obst kullerte über den Boden. Die Löwin fasste nach dem Stuhl und mit einem kreischenden RUMS landete dieser links neben ihr an der Wand. Splitterndes Holz umgab sie wie ein Regen aus Spänen. Der klägliche Rest der Lehne wurde nun ebenso auf den Grund geschmettert. Sie verkrallte sich sogleich in den Vorhängen und riss diese mit wachsendem Enthusiasmus herab. Schmerz. Zerstörung. Ein gefundenes Ventil.
Wirr griff sie ins eigene Haar empor und begann nachdenklich die verklebten Reste aus dem hellen Gold zu kämmen. Ruhe senkte sich über sie. Eine angenehme Stille. Der nackte Po senkte sich auf die Bettkante, als die Zimmertür aufgerissen wurde. Jemand stürzte herein. Direkt auf sie zu. Die wütende Fratze direkt vor ihrem Gesicht schrie etwas. Gesten deuteten in den Raum. Wut verzerrte das Gesicht zu einer amüsanten Ausgeburt der Unterwelt. Der Kopfschmerz hämmerte immer wilder, so dass ihr neuerlich nach kotzen zumute war. Die lustige, schimpfende Figur, zeigte auf sie, dann wieder in den Raum und das Chaos, ehe er zwei Finger zusammen rieb. Ja, sie würde für den Schaden aufkommen.
Ein mattes Nicken. Sie hatte Halsschmerzen. Als sie antworten wollte, kratzte ihre Kehle als habe sie diese die ganze Nacht wund geschrien. Sie schmunzelte freudlos. Ohne bekannte Grübchen. Ihre Wangen spannten noch von den Tränen. Geweinte und ungeweinte. Was auch immer sie gesagt hatte, es genügte der Figur, die sich nun wieder aus dem Zimmer zurück zog. Artig die Tür schloss. Erst da fiel ihr ein, dass sie noch immer vollkommen nackt war, bis auf das Lederband um ihren Hals mit dem halben Löwenzahn und dem halben Wolfszahn.
„Fick dich Löwe...“, krächzte sie nur erbärmlich und drängte bitter die Brauen zusammen. „Fick dich...“
Der Morgen danach... (Khea Asiim)
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Regenteufelchen -
30. Januar 2015 um 04:50 -
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