Die unwahrscheinlichen und wunderlichen Begegnungen des M., 3
3. Ouroboros Schleife
Sans Fin.
Als M. die Treppen herabstieg, hatte er ein ungewisses Gefühl. Die Sonne verbarg sich hinter Wolken, und obwohl vollkommen verdeckt von ihnen, lag das herabfallende Licht schwer über der Stadt. Als er das Haus verlies und auf die Straße getreten war, hatte ihm die laue Luft überrascht. Ein leichter Wind aus Westen blies trockene und drückende Luft heran. Frühling - und schon bald würde er unter seiner Jacke schwitzen.
Als M. die Treppen herabstieg, fühlte er wie die Gassen enger, und die Häuser begannen herabzusinken und sich die Bäume scheinbar vor ihm herabbeugten. Es ist merkwürdig. Alles ist bekannt, vertraut, aber nicht so wie man es erwarten würde. Fremde Heimat. Sein Atem wurde flach, und er spürte wie er mechanisch getrieben unerklärlich voranschritt, als habe sich ein Schleier um alles gelegt. Er fragte sich, wie lange er nicht mehr hier gewesen war. Als er unter diesen Bäumen vorbeikam, erinnerte sich, wie er unten ihnen gelegen hatte. Über jenen abschüssigen Platz war er einmal gerannt und hatte sich ein Knie blutig geschlagen. Die Bäume säuselten und er glaubte unter seinen Füßen einen rauschenden Fluß wahrzunehmen. Die Straße war aber beinahe leer und es hatte seit Tagen nicht mehr geregnet.
Als er die Treppen herabstiegen war, nahm er auf einer hölzernen Bank platz. Als er von einem Jahrzehnt oder länger hier gewesen war, hatte dort gegenüber noch ein Baum gestanden, der einsam grünte und unter dessen Ästen eine Tierherde hätte grasen können. Der Einsame hatte hier schon hier gestanden, ehe die Stadt erbaut worden war und man erzählte sich, Melandru habe dort vor langer Zeit einen Soldaten überrascht. Sie war ihm als hungriger Wolf erschienen, aber er hatte sich nicht drum geschert. Er hatte gesagt: Eher will ich unter diesen Baum bis ans Ende der Zeit Schlaf halten, als die Waffe gegen irgendein Lebewesen zu erheben. Daraufhin sei der Gott des Krieges aus der Erde wütend hervorgebrochen, der die häretischen Worte über die Ferne gehört hatte und hatte ihn tatsächlich zur Strafe in einen unendlich langen Schlaf versetzt. Aber als der feurige Herr hinfort war, lies Melandru, die sich hinter dem Baum versteckt hatte sich wieder blicken. Nachsinnend über die Worte des Menschen, milderte sie das Urteil des Balthasar ab. Sie sprach: Du sollst ewig Leben, aber nicht in einem schlaflosen Traum, sondern du sollst der Herr aller Träumer sein und aller die sich niederlegen, und aller die den Frieden unter den Bäumen suchen. Und so wurde der Soldat ein Geist und er erschien jedem, so sagte man, der sich unter dem Baum niederlegte und wahrhaft den Frieden suchte, im Traum. Auch M. hatte schon unter dem Baum gelegen, aber er hatte den Geist nie gesehen. Aber der Baum stand nicht mehr dort. Nun wuchsen dort drei kleine Bäume, nicht höher als der M.
Als er die Treppen herabstiegen war, kam er an einer Gasse vorbei, in der mal ein verlassenes Haus stand, mit verriegelten Fenstern. Solange er hier gelebt hatte, wurde es nie bewohnt. Immer wenn er die Gasse entlang musste, hatte er sich gefürchtet. Nun aber stand ein Neues und es standen Möbel darin. So ging er weiter, und der Wind trug die wollenen Kapseln des Löwenzahns durch die Luft. Früher hatte er hier mal gelernt, wie man den Löwenzahn mit der Spitze des Daumens köpfte. So ging er weiter und er hatte als Kind stets geglaubt: hier endete die Welt, denn was dahinter lag, hatte er in seiner Kindheit nicht gesehen, und war ihm fremd. Es war der Grenzstreifen zwischen den Bezirken und seinen Erinnerungen. Unbekanntes Land und verbotenes Territorium - die Hochstraße, die die Ochsenkarren, Golems und Händlerkarawanen durchschritten. Es gab hier nichts außer den entrückten Blick auf die Stadt und den herumliegenden Unrat.
Als er die Hochstraße überwunden hatte, kam er zu einem Brunnen, und spürte wie es eng um sein Herz wurde und seine Schläfen drückten. Ein gewaltiger Schatten bedeckte ihn. Aber der Platz war still und verwaist. Nur ein Kind steht kniehoch im Wasser. Ein anderes sitzt mit müden Blick am Brunnenrand und streckt die Füße ins Wasser.
"Manchmal glaube ich, die Kälte des Brunnenwassers klettert an mir aufwärts. Es sind wie eisige Hände, die dich an deinen Beinen fassen und du glaubst du würdest jeden Augenblick in eine unsagbare Tiefe hinabgezogen werden. In ein unendliches, ozeanisches Nichts. Aber irgendwann stellst du fest, dass das nur ein Gefühl ist."
"Du, ich habe gehört Asura lieben Explosionen."