Auf den Spuren der Schneeleopardin

Beissend kroch der eisige Wind der Gipfel über das Schnee bedeckte Land, trug weitere, tanzende Flocken ins Weiß hinein, ohne das die Sonnenstrahlen es verhindern konnten. Es war zu kalt, der weiße Tod zu reich, als das die Wärme der Sonne hier Boden gewinnen konnte. Stattdessen tauchte sie die eisigen Weiten in ein Meer aus Lichterspielen, in denen kristalline Konstrukte tanzten, gefangen im Reigen zahlreicher Schneewehen.
Die buntesten Farben boten kurze Reize für das Auge, lockten in die süße Schönheit, während die Kälte schleichend die natürliche Wärme aus dem Körper zerrte.
Aiko wusste um die Gefahren des Winters, der an diesem Orte scheinbar ewig währte und dennoch- es war eine Wohltat, der sie sich nicht entziehen konnte, selbst wenn sie wollte.
Sie hatte sich auf die Prüfung der Schamanin eingelassen und kniete unter ihrem wachsamen Blick am Rande der Klippe, den Schrein im Rücken.
Es war nicht ihr Glaube der sie her geführt hatte, obgleich sie Respekt und Achtung für die Tiergeister empfand. Auch die Suche nach Abenteuern war es nicht, die eine Menschin für Stunden in den Schnee zwang und die Wärme des Lagerfeuers vergessen lies.
Freundschaft. Die war es, die ein Zartgemüt wie ihres hier her gelockt hatte und die Schlange in die Kälte lockte.


Kuraiko hatte dem Wetter und dem eigenen Zweifel getrotzt, der dem Schmerz des kalten Windes geschuldet war. Am Anfang war es leicht, wusste sie das wärmende Feuer hinter sich, doch mit der Dauer des ruhigen Ausharrens, gewann die Kälte immer mehr Land ihres Körpers. Die zitternden Fingerspitzen, geschützt von dicken Fäustlingen, die hatte sie zuerst vom Schoß gezogen und unter die Achseln geklemmt. Danach gab sie die stolze, gerade Haltung auf und zog sich mehr zusammen, um dem Wind weniger Angriffsfläche zu bieten. In der Zeit biss und stach die Kälte schon unangehm unter der Haut und bohrte sich tiefer ins Fleisch.
Allsbald rannen die ersten Tränen, unbemerkt auf ertaubten Wangen. Kurz zuvor hatte sie sich in die Lüge ihrer Magie begeben, Dem Körper vorgetäuscht, dass all das gar nicht so schlimm sei. Sie war gut darin, ein jedes mal- doch in den Wnden der Gipfel, hatte sie ihren Meister gefunden, der den Zauber mit der dritten Wehe fort trug.


All dem Folgte das Gift der Kapitulation, die Erschöpfung. Das Flüstern im Geiste, dass es keine Schande wäre aufzugeben, während das Land unter tränenden Augen verschwamm und immer unkenntlicher wurde. Sie würde es verstehen, sollte sie ihr jemals davon erzählen. Sie wusste doch, dass sie für derlei nicht geschaffen war. Ihr Leib würde es ihr nicht danken und wahrscheinlich die nächsten Wochen ans Bett binden und doch...sie wollte nicht dem Gift erliegen, während der reinste aller Winde, endlich Klarheit und Erkenntnis brachte und das Flüstern durch ein glockenhelles, klares Singen des Eises ersetzte.
es tat weh, schmerzte unter der Taubheit ihrer Glieder. Es war Folter. Eine Tortur. Doch dieses Opfer wollte gebracht werden, um ihrer Beschützerin würdig zu sein.


Die Zeit hatte sie völlig aus den Augen verloren mit dem Schlaf der sie gelockt hatte. Es wäre ein so sinnloser Tod gewesen, doch wenigstens ein friedlicher.
nun lag sie zwischen Fellen gebettet und lies sich vom knistern brennender Holzscheite wieder aus dem süßen Schleier locken. Die zarten Atemzüge gewannen unter der steten Vibration am Leibe langsam an Kraft, bis sie es sogar im einfachsten Instinkt schaffte, die Nase mehr ins weiche Fell zu bringen.
Es trug seine eigene Wärmequelle, die den zarten Menschenleib neben sich ,von Grenths Schippe weg gelockte hatte, um nun wieder das Leben in ihm zu wecken. Eine kleine Ewigkeit dauerte es, bis die Zarte endlich die Augen unter den warmen Luftstößen öffnete, die konstant ihre Gesichtszüge striffen. Der Atem eines stolzen Tieres, dass gar noch größer als sie selbst war und in dessen Leib die Stille Erheiterung vibrierte.
Sie hatte den Schneeleoparden gefunden und verlor sich noch mit dem ersten Blick in seine Augen. Da war das Blau, ihrem so ähnlich und doch von solcher Schönheit und Lebenskraft, dass es ihr die Tränen in die Augen trieb. Der schmerzlichste, ehrlichste Spiegel zeigte sich ihr, im einfachen Blick eines Tieres. Nur einen Moment fing sie den Funken darin auf, klammerte sich an das 'was wäre wenn' in diesem Blick. Die Pfade die er offen legte und bis zu diesem Augenblick unerreichbar schienen. Dann drehte sich der mächtige Leopardenkopf weg, verlor das Interesse an dem Menschenkind an seinem Leibe, dass er über alle gezeigte Ignoranz auch weiter wärmte.


Nur langsam quälte die alte Norn sich aus ihrem Stuhl und trat ans Lager heran, wo Tier und Mensch beisammen lagen im stummen Frieden, während draussen vor der Hütte der Sturm an der Tür zerrte und sie klappern ließ im reich beschnitzten Holzrahmen. Das Interesse der Schamanin jedoch, galt dem Bild vor ihren Augen. Was auch immer sie darin sah, stimmte sie nachdenklich, wie auch zufrieden. Nur eine Frage klang kräftig aus ihrer Kehle, obwohl sie um ein Flüstern bemüht war.
"Warum tut ein Menschlein sowas?" Und auch wenn Sanftheit in der Stimme schwang, ruhte etwas lauerndes in der verrauchten Stimmfarbe.
Nur träge löste sich das berührte Eisblau vom sich steten regenden Fell neben sich, um den Blick der Norn zu kreuzen. Mochte die brüchige Antwort auch lange auf sich warten lassen, klang sie schmerzlich ehrlich und besänftigte die Norn.
"Weil die Leopardentochter die meinen Leib mit ihrem schützt, nicht weniger Respekt und Ehrung verdient hat."
"Wie heisst sie?"
"Verjeni....Verjeni heisst die Tochter der Schneeleopardin, die der Schlangentücke Herr wurde."
Und dieses Eingeständnis, brachte der Zarten ein erheitertes, zutiefst berührtes und stolzes Lachen ein, bevor der Klang in der Schwärze des behüteten Schlafes verschwand.

Kommentare 2

  • War überfällig, wenn wir uns schon immer verpassen.
    Sollst du wenigstens wissen, dass Jeni nicht vergessen ist. :)

  • Danke Dini ...
    Einfach nur Danke dafür.
    Ich hab gerade Tränen in den Augen.
    <3