Drückende Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit war ihr ständiger Begleiter, seit sie an dem Wachsamenlager angelegt hatten und von Bord gegangen waren. Es würde sicher einige Tage dauern, bis sich Tara und Serekka akklimatisiert hatten, jetzt aber schlug es ihnen auf den Kreislauf, machte sie träge und das Vorankommen ging nur langsam vonstatten.
Trotz mehrmaliger halbherziger Warnungen der Elonblütigen, verschwand das Rattenwesen immer wieder aus ihrem Blickfeld, um die Gegend auszukundschaften. Nicht etwa um Gefahren zu erkennen, nein.. Serekka war neugierig, denn all zu oft kam die kleine weiße Skritt nicht aus Löwenstein heraus.
Einer der heftigen Regenschauer, die typisch für dieses Gebiet waren, zwangen sie zu einer Pause, denn die Sicht verschlechterte sich rapide und wer glaubt, es sei sicher bei solchen Bedingungen weiter durch den Sumpf zu wandern, der wurde schnell eines besseren belehrt, so er lang genug überlebte. Keine zwei Meter weit konnte man sehen, geschweige denn den Boden, der von einem unheimlichen undurchdringlichen Bodennebel eingehüllt war. Es blieb den beiden nichts anderes übrig als auszuharren, insgeheim waren sie für diese Rast dankbar, denn die Stunden zerrten zusätzlich an ihren Kräften.
Der Regen machte Tara einen Strich durch die Rechnung, das Vorhaben noch am Tage den Sumpfvorposten zu erreichen, wurde mit dem Sturzbach ähnlichen Regen hinfort geschwemmt. Erst spät in der Nacht ging das beständige, ohrenbetäubende Rauschen in ein nervtötendes Tröpfeln über. Zu spät, um jetzt noch aufzubrechen. Serekka hatte die meiste Zeit über geschlafen, jetzt war es an der Zeit, dass auch die Nekromantin etwas Ruhe fand, zumindest wenn es nach der Skritt ging. Serekkas Bemühungen Tara davon zu überzeugen, dass sie aufpassen würde, trugen nur mäßig Früchte. Selbst die heldenhaft erlegte Schlangenhaut, die noch von einer Häutung im hinteren Teil der Höhle lag, brachte keinen Erfolg, aber ein erschöpftes Lächeln auf die abgespannten Züge der Wölfin. Mit einem tiefen Seufzer der Resignation und der neuen Beute, lehnte sich die Skritt an Tara, die nach allen Kräften darum kämpfte wach zu bleiben – vergebens, wie das regelmäßige Schnaufen nach einer Weile deutlich zeigte. „Passen auf Heilemacherin auf, ja ja. Serekka bringen Heilemacherin wieder zu Narbenmann und Tochter von Heilemacherin zurück, ja ja!“ Serekkas Stimme war auf ein Minimum abgesenkt, um die unruhig schlafende Frau nicht wieder zu wecken.
Ihre Aufgabe auf Taraya aufzupassen nahm die Skritt in den folgenden Stunden auch mehr als ernst. Es wurden zahlreiche Käfer, die sich in die Höhle verirrten mit einem kleinen Dolch aufgespießt und neben der Wölfin zur letzten Ruhe gebettet, der ein oder andere verschwand knuspernd im Mund der Skritt – Stärkung musste sein, immerhin war es keine leichte Aufgabe die Heilemacherin vor den Käfer und Würmerhorden zu beschützen, die in die Höhle einfielen. Ein besonders hartnäckiger Wurm, der im Erdreich steckte und sich partout nicht von Serekka aus jenem hinausziehen lassen wollte, wurde dem Schlaf Taras zum Verhängnis. Ächzend zog und zerrte die Skritt an dem glitschigen Vieh, bis es mit einem Male nachgab und Serekka mit einem lauten Quietschen nach hinten purzeln ließ. Wild um sich schlagend versuchte sie den Wurm von sich zu bekommen, erst das leise Lachen und Tara's Einsatz befreite die Skritt von ihrer Last. Stolz wie Oskar präsentierte Serekka die erlegten Feinde, die ihnen beiden ans Leben wollten. Eine beachtliche Menge, die die Skritt freilich satt kriegen, bei Tara jedoch nur über das ärgste Magengrimmen hinweghelfen würde.
Nach einer kurzen Stärkung beeilte sich Tara damit weiter zu kommen. Jetzt am Morgen war die Hitze noch nicht so unerträglich und würde ein schnelleres Vorankommen möglich machen.
Neuerliche Warnungen, sich nicht zu weit von Tara zu entfernen, schlug die weißhaarige Skritt in den Wind. Immer wieder verschwand sie im Gebüsch oder hinter größeren Bäumen und tauchte an einer anderen Stelle wieder auf. Der Abstand der beiden vergrößerte sich immer mehr, aber das durchdringende Quietschen erreichte auch das eine funktionierende Ohr der Nekromantin, die alle Vorsicht für den Moment fallen ließ und losstürzte. In der Nähe befand sich der Sumpfposten des Zintl-Stammes und genau das war die Gefahr. Die Hylek kannten Serekka nicht, sie mussten sie für einen Eindringling halten und die wurden für gewöhnlich mit Giftpfeilen außer Gefecht gesetzt.
Ein besonders übereifriger junger Hylek war bereits dabei, die im Dreck liegende Skritt an den Füßen weg zu schleifen. Zielgenau hatte der Pfeil aus dem Blasrohr die rechte Pobacke des Rattenwesens getroffen und sie zu Boden gehen lassen. Mit der Nase im Dreck, die kurioser Weise mal nicht hektisch hin und her zuckte, lag Serekka da. Ein alarmierendes Bild, wenn da nicht das ohrenbetäubende Quietschen gewesen wäre, das ganz eindeutig von einer lebenden , in Panik geratenen Skritt sprach. Auf Taras Rufen hin hielt der junge grüne Hylek inne. Ein älterer Krieger war hinzugetreten, um sich nach dem Aufruhr zu erkundigen, der – als er Taraya erkannte, dem jungen Wach-Hylek Einhalt gebot und ihn zurück ins Lager schickte. Konnte noch mehr schief gehen? Einmal mehr bereute Tara es, die Skritt mitgenommen zu haben. Schlaff hing Serekka in der Hand der Nekromantin, die sich von dem blauen Krieger erklären ließ, dass es sich um ein Muskel erschlaffendes Gift handelt, mit denen die Alchemisten zur Zeit arbeiteten. In ein paar Stunden würde die Skritt wieder fidel mit der Nase zucken.
Stunden in denen Tara sich nicht von der Seite der Skritt entfernte. Morgen war auch noch ein Tag und die lange Reise hatte mehr an den erschöpften Kraftreserven der Ebonhaut gezerrt, als sie zugeben mochte. Für heute ließ sie sich auf einem Feldbett in einem der erhöhten Bauten der Hylek nieder. Schlaf übermannte sie mit der Gewalt eines Göttertöters, hüllte sie ein und ließ sie in die Traumwelt hinüber gleiten. Ins Zintl-Heiligtum konnte sie auch am nächsten Tag noch gehen.
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