Er wird weggehen Liebes, denn Lucius ist jetzt erwachsen.

„....Hallo?.... Hörst du mir noch zu?.... Lucius!“
Andrews Stimme war so laut und schmerzte dem Jungen im Kopf. Noch nie, jedenfalls nicht solang er sich erinnern konnte, hatte er den Mann so brüllen hören. Ihm klingelten regelrecht die Ohren. Doch jetzt stand er vor ihm, mit geweiteten Pupillen, zornesgerötetem Kopf und geballten Fäusten.
„Ich habe NEIN gesagt! Und dabei bleibt es! Verstanden!?“
„....nein“, sprach Luc leise. Ein Wunder das er überhaupt noch wiedersprechen konnte.
„Lucius Gregor Quessar....“ Luc wusste ganz genau, dass wenn Andrew seinen vollen Namen aussprach ein riesiges Donnerwetter herangrollte. Und doch ballte nun auch er seine Finger zu Fäusten und sah seinem Ziehvater fest in die Augen. „Nein Pa! Ich will das so und ich mach das. Ich will zur Garde und zurück nach Löwenstein. Außerdem habe ich die Bewerbung längst abge...“ KLATSCH! Andrews Handrücken traf den Jungen unvorbereitet im Gesicht, so heftig, dass dieser seitwärts vom Stuhl segelte.
„Dafür habe ich dich nicht mit aus Löwenstein genommen. Damit dich am Ende doch Piraten töten, oder du auf See verschollen gehst.“
Bitter die Stimme, von Wut und Unglaube über die Worte des Jungen verdunkelt.
„Das ist nicht deine Entscheidung!“, brüllte Lucius vom Boden hinauf. Tränen verklärten den Blick der grünen Augen, doch tapfer blinzelnd verbot er ihnen das Ausbrechen. Noch nie hatte Andrew ihn geschlagen.
„Doch! Ich bin dein Vater! Und die Portalreise zahl ich dir auf keinen Fall!“
„Nein bist du nicht! Du bist nicht mein Vater und du wirst nie mein Vater sein! Wir sind nicht verwandt!. Und dann lauf ich eben bis nach Löwenstein!“
Bevor Andrew etwas erwiedern konnte drückte sich der Junge hinauf und stürmte zur Treppe. Trampelnde Schritte die alten Holzstufen hoch, eh ein lautes Türknallen verriet, dass Luc nun in seinem Zimmer war.


„Pa?“, sprach das kleine Mädchen mit den Zöpfen, welches um die Ecke lunzte.
„Hmm?“, kam es leise von Andrew zurückund. Inzwischen saß dieser am Tisch, ein großes Bier vor sich, den Blick auf die Tischplatte gerichtet, welcher sich direkt in Grenths Reich bohren würde – würden sich nicht die kleinen Arme seiner Tochter um seinen Hals schlingen.
„Pa? Du musst dich mit Lucius vertragen, sonst geht er weg und er darf nicht weggehen.“
„Er wird weggehen Liebes. Lucius ist jetzt erwachsen.“
„Aber er ist doch mein Bruder. Er darf uns nicht alleine lassen.“
Andrew nahm seine Tochter auf den Schoss und erklärte dem Mädchen, so gut er es konnte, wie das mit dem erwachsen werden so ist. Wenn Jungs gegen ihre Väter rebellieren, wenn sie alles besser wissen und Erwachsene eh nicht verstehen was in einem vorgeht, weil sie ja uralt sind. Und das es bei Mädchen ganz genauso kommt, wenn sie zur Frau werden. Das einem Elternteil nichts anderes übrig blieb als seinem Kind beizustehen, selbst wenn dessen Entscheidungen auch mal fragwürdig sind... und beeten, zu den Göttern beeten muss man. Ganz viel, denn sie beschützen die Kinder, wenn es Eltern nicht mehr können.


Am frühen Morgen, auf Socken schlich sich der Junge die Treppen hinab, lag auf dem Küchentisch ein Reisepaket. In der Nacht noch zusammen gestellt, fand Luc darin einige Brote, die befüllte Feldflasche, genug Kupferlinge für eine Portalreise nach Löwenstein und wieder zurück...
und ein Brief. An den krakligen Lettern konnte Lucius Andrews Handschrift ausmachen.
Gute Reise mein Sohn.

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