Es ist so...

"Es ist doch so...."
Gemächlich zupfte sie die weißen Handschuhe etwas fester, um auch die kleinste Falte aus dem Stoff zu verbannen.
Weiß.
Warum waren die Roben der Magier weiß? Weiße Handschuhe ergaben bei der täglichen Arbeit die sie zu verrichten hatte, einfach überhaupt keinen Sinn. Man sah sie nur an und sie wurden dreckig. Die Hauptdisziplin und Herausforderung bestand also nicht darin, ein guter und vorbildlicher Soldat zu sein, sondern die verdammten Handschuhe weiß zu halten.


"Es ist doch so..." setzte sie wieder an, kam aber auch dieses mal nicht über die anfänglichen Worte hinaus, denn ihr Blick fiel auf die hellen Stiefelspitzen.
Ihr linkes Augenlid zuckte.
"Findest du, weiß macht und erhabener? Jemand sagte mal, es macht uns zu Engeln. Die Engel der Armee. Ziemlich idiotisch, mh?"
Sie schrägte den Kopf und zwang den Blick höher, um die karge Lehmwand vor sich betrachten zu können, während die erhoffte Antwort ihres Gesprächspartners ausblieb und sich nur in einem stillen verdrehen der Augen äusserte.
Warum hatte sie sich heute Morgen für die Robe entschieden, statt der robusteren und weniger grellen Lederrüstung?


"Also, es ist doch so..." wiederholte sie und wandte sich endlich um, um der verdreckten und gefesselten Gestalt am anderen Ende der Hütte, endlich die Aufwartung ihrer Aufmerksamkeit zu machen.
Er sah reudig aus. Unterernährt und geschunden, wie man es von einem einfachen Feldbanditen erwartete. Das Pech der armen Seelen, die zur falschen Zeit des Lebens, vor eine miese Wahl gestellt wurden. Gewaschen, ausgeschlafen und mit einer guten Mahlzeit im Magen, mochte der Bursche vielleicht sogar was hermachen, doch hier und jetzt, erinnerte er an ein verdrecktes und bissiges Wiesel.
"Es ist so, dass da draussen eine Hand voll Männer darauf wartet, dich noch weicher klopfen zu können, als du es jetzt schon bist. Einfach, weil du den falschen Freunden vertraut hast."
Endlich trat sie näher, hielt aber Sicherheitsabstand. Nicht, weil sie einen Angriff fürchtete, sondern unnützen Dreck auf der Robe.


"Glaubst du wirklich, sie werden kommen und dich holen? Oder dich im Gefängnis besuchen, wenn erst mal Gras über die Sache gewachsen ist?" Langsam sank sie in die Hocke und zupfte akribisch den hellen Stoff über den Schenkeln zurecht, bevor der linke Ellenbogen darauf gestützt wurde, damit die Hand hierzu, dass spitze Kinn stützen konnte. Auf Augenhöhe mit dem Burschen, konnte er Hochmut und auch Mitgefühl aus ihrem Blick lesen. Eine Mischung die ihn irritierte, denn die rechtschaffende Wut ihrer Kameraden, die sein Gesicht schmerzlich pochen ließ dank zahlreicher, voraus gegangenen Schlägen, fehlte hier.


"Es ist doch so..." begann sie wieder und belegte die Worte mit einem leisen Seufzen. "Wenn das hier vorbei ist, wird sich niemand an dich erinnern. Keine Besuche. Ein namenloses Grab- im besten Fall. Während deine 'Freunde', ihr Leben weiter auskosten dürfen und sich den nächsten, armen Idioten für ihre..." - "ich bin kein Idiot!"
Schlagartig, mit dem aufwallenden Zorn des jungen Mannes, hellte sich die Miene der Magierin auf.
"Dachte ich mir. Dann hören wir mal auf, uns wie welche zu benehmen und unterhalten uns wie kluge, gerissene Leute, mh?"



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Gemächlich zupfte sie die weißen Handschuhe an den Händen zurecht und verbannte jede noch so kleine Falte aus dem Stoff. Prüfend wurden die Finger zu Fäusten angezogen, dann endlich durften sie entspannt hinab sinken für den Moment.
In der Spiegelung der Fensterscheibe, betrachtete sie ihr Ebenbild, sowie das Bett in ihrem Rücken.
Zerwühlte Laken, ein Berg an Kissen und irgendwo dazwischen, ragte ein beharrtes Männerbein unter der Decke hervor, dass ihren Blick lockte.
Kräftige Muskeln dominierten die Wade, definiert in einem Schwung, der ihr ein schwärmerisches Seufzen entlockte und nichts mehr mit dem dürren Beinchen eines einstmals Halbstarken gemein hatte.
Die Antwort hierauf war ein schläfriges Grunzen vom Bett aus, ehe sich eine Männerhand aus den Stoffen hervor kämpfte und durch die Decke hindurch, den Hintern darunter kratzte.
Ein sehnsüchtiges und blindes in die Luft griffeln später, fiel die Hand wieder ins Bett und der Mann schlief weiter, während die Magierin sich mit einem zufriedenen Schmunzeln hinaus stahl.


Es war doch so, dass er ganz vielleicht, manchmal doch ein Idiot war- auch wenn er sich klug entschieden hatte.

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