Evelyn springt durch eine der großen Pfützen auf dem Gut ihres Vaters. Der Regen hat einige Stellen ausgewaschen und dem jungen Mädchen mit den beiden geflochtenen Zöpfen macht nichts mehr Freude als in Matsch und Wasser zu toben. Ihr helles Lachen hallt über den Hof und selbst die Stallburschen die gerade die Stallungen ausmisten, müssen über den kleinen Sonnenschein grinsen. Evelyns heiteres Gemüt ist - zumindest auf der Plantage - berüchtigt und geliebt. Kaum etwas kann ihr die Stimmung vermiesen und obwohl sie mit ihren 8 Jahren noch recht jung ist, zeigt sie reges Interesse an allem was auf dem Gut vor sich geht. Heute allerdings, hat sie sich ihre liebsten Matsch-Stiefel angezogen und tollt begeistert durch die Pfützen. Die liebt das Gefühl so mit der Erde und dem Wasser verbunden zu sein, besonders wenn sie über und über bekleckert ist mit Matsch und Dreck. Die rotbraunen Haare kleben ihr schon an den Schläfen als sie herumspringt, aber aufhören mag sie noch nicht.
Am Himmel ziehen Gewitterwolken auf und es zucken die ersten Blitze über den Himmel. Das Treiben auf dem Hof kommt kurzzeitig zum Erliegen ehe es mit mehr Eifer und Geschwindigkeit wieder aufgenommen wird. Man möchte dem Regen davonarbeiten, oder zumindest nicht noch draußen sein wenn es zu schütten beginnt. Evelyn hingegen wünscht sich das die Wolken schneller machen würden. So spielt noch immer - allein - im Dreck und hat inzwischen eine beachtliche Burg aus kleinen Stöcken und Matsch erbaut. Gerade hebt sie noch den Burggraben aus. Jede richtige Burg braucht einen. Mit einem Wassermonster drin! Eines das böse Leute frisst und die Leute in der Burg beschützt vor den bösen Dieben und Zentauren. So buddelt sie munter und wirft immer wieder sehnsüchtige Blicke zum Himmel hinauf. Gewitter mochte sie schon immer. Selbst als Baby. Ihr Vater war zuerst erstaunt darüber, dass sein kleines Evchen (So darf nur ihr Papa sie nennen!) bei einem Gewitter so ruhig schläft. Andere Kinder weinten und plärrten, Evchen hingegen schlief den Schlaf der Gerechten.
Evelyn schaut auf als sie Hufgetrappel hört. Die Pferde ihres Vaters reiten auf dem Hof ein, ziehen einen Karren hinter sich her der hoch beladen mit Kisten und Fässern rumpelt und wackelt. Aufgeregt rennt sie zu ihrem Vater hinüber der sie auffängt und in die Arme schließt. "Na mein kleines Matschmonsterchen?" einen Kuss kriegt sie auf die Stubsnase, der einzige Fleck in ihrem Gesicht der halbwegs matschfrei geblieben ist. "Papa ich habe eine Burg gebaut und gerade mache ich den Burggraben damit Lessie darin wohnen kann. Sie ist grün und hat blaue Augen und große Flossen und..." der Vater lauscht den überaus wichtigen Ausführungen seiner Tochter zu ihrem neustem Werk. Evelyn ist so beschäftigt mit ihren Erzählungen dass sie die zweite Karre erst gar nicht sieht. Auf dem Kutschbock sitzen ein großer Mann mit blonden Haaren und ein Junge der wie eine kleinere Kopie des Mannes erscheint. "Evchen, wir haben Besuch, geh dich waschen ja? Und eins von den Kleidern?" Der Vater kniet sich vor seine Tochter hin und schaut sie bittend an. Ein Spiel zwischen den beiden, eigentlich zieht Evelyn ja gerne Kleider an. "Das Grüne?" "Das Grüne." brummt Kenneth und schaut seiner kleinen Tochter zu wie sie davon hüpft - durch zwei Pfützen durch! - und im Haus verschwindet.
Der große blonde Mann tritt neben ihn und lacht leise. "Dein kleines Töchterlein ist wirklich herzensgut mh?" "Ohjah. Du hast keine Ahnung. Sie ist ein kleiner Engel. Manchmal ein klein wenig zu neugierig, aber... Ein Engel." Kenneth stimmt in das Lachen seines Freundes Jonathan Thavington ein. "Lass uns rein gehen, ich lasse Kaffee und Essen herrichten mein Freund." Der junge Bursche mit dem goldblonden Schopf schaut kritisch auf das Bauwerk der kleinen Evelyn. Er ist nur ein paar Jahre älter, aber im Matsch spielt er schon lange nicht mehr. Trotzdem kniet es sich kurz neben die Matschburg und legt zwei Finger an den unfertigen Graben der Burg. Mit ein klein wenig Magie hebt er diesen fertig aus und grinst zufrieden. Eine schöne Burg. Eine richtige Burg! So eilt er seinem Onkel hinterher der nach ihm ruft. "Harry! Auf geht's Junge. Rein mit dir ins Haus."
Eine viertel Stunde später sitzt die junge Evelyn adrett im grünen Kleidchen am Esstisch mit ihrem Vater, dessen Freund und Harry. Das der sie immer wieder anstarrt, veranlasst Evelyn dazu ihm Grimassen zu schneiden wenn ihr Vater gerade nicht hinschaut. Warum sie den Jungen nicht leiden kann, weiß sie auch nicht. Aber der guckt so blöde. Der ist sicher doof! Sie wackelt mit den kurzen Beinen die nicht bis auf den Boden reichen auf dem hohen Stuhl und trinkt noch einen großen Schluck Kakao. Harry guckt sie schon wieder an. Unsicher wischt sie sich über das Gesicht. Hat sie da noch Matsch kleben? Aber nein, Amelie - ihre Amme - hätte sicher was gesagt! So versteckt sie sich einfach hinter ihrer Tasse, plötzlich schüchtern geworden. "Evelyn, zeigst du Harry deine Bücher Liebchen? Wir müssen noch Geschäfte regeln, das ist euch sicher langweilig." Evelyn zieht eine Schnute. Bestimmt findet der ihre Bücher eh doof. Aber sie tut wie ihr Vater sie bittet. "Gerne Papa." So rutscht sie vom Stuhl und klopft sich das Kleid ein wenig glatt. "Hier lang..." Harry folgt, immer noch auf Evie starrend. Sie wuselt vorran und macht ihre Zimmertür auf - an die Klinke kommt sie nur heran wenn sie sich auf die Zehenspitzen stellt - und führt Harry in ihre Leseecke. Eine große, gemütliche Couch steht dort, umgeben von zwei Bücherregalen. Sie schnappt sich ein Buch und beginnt trotzig zu lesen.
Harry indes schaut sich das junge Mädchen noch einmal genau an. So ohne Matsch im Gesicht ist sie eigentlich ja ganz hübsch. Für ein Mädchen. Er schaut sich im Zimmer um das ordentlich aufgeräumt ist, nur in der Ecke in der die ganzen Bücher liegen herrscht Chaos. Ein schönes Chaos. Eins in dem er sich wohl fühlt. So sammelt er ein Buch vom Boden auf und setzt sich neben Evelyn auf die Couch. "Du hast echt viele Bücher." meint er dann lahm und beißt sich auf die Zunge. Was hat die kleine Made nur an sich, das er so komisch wird im Kopf? Mädchen sind doof! "Hm?" Evelyn schaut auf und fixiert ihn mit den grün-blauen Augen bei deren Anblick Harry irgendwie ganz komisch wird im Bauch. "Ich hab gesagt du hast schöne Bücher. Und viele. Das ist toll. Ich mag Bücher." Evelyn strahlt ihn daraufhin an. Eigentlich sind Jungs ja doof, aber Harry scheint nett! "Ich auch. Papa bringt mir immer mal wieder eins mit. Magst du mein liebstes Buch sehen?" Kaum hat sie gefragt rutscht sie schon wieder von der Couch und sammelt einen großen Wälzer auf den sie kaum heben kann, mit blauem Einband und schwarzen Lettern.
Stunden später haben die beiden Männer ihre Geschäfte endlich geregelt und so betritt Kenneth das Zimmer seiner kleinen Tochter. Als er das Bild sieht das sich ihm bietet, lacht er leise. Evelyn und Harry sind beide eingeschlafen, Evchen sitzt in Harrys Arm auf dessen Schoß der große Bildband liegt mit den Zeichnungen und Beschreibungen der Zittergipfel den Evelyn so liebt. Scheinbar haben die beiden zusammen gelesen. Vorsichtig entwirrt er die beiden Kinder und legt Evelyn in ihr Bett. Einen Kuss kriegt sein kleiner Engel auf die Stirn, dann trägt er Harry hinüber ins Gästezimmer zu seinem Onkel. "Haben gelesen." meint er und legt auch den Jungen ins Bett. "Scheinen sich ja zu verstehen." Johns brummiger Bass lässt Amusement hören als er bedächtig nickt. "Lass uns noch einen Whisky trinken. Wir sind ja noch ein paar Tage hier." So klopft er Kenneth auf die Schulter und begleitet den Gutsherren hinaus ins Wohnzimmer.
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