Geister

Es war spät geworden, viel zu spät. Addison hatte nicht vor so lange mit den Damen im Palas zu verweilen und doch, irgendwas hielt sie an diesem Abend in der Runde. Mit großen Schritten zog sie ihre schwere, schwarze Robe den Hausflur hinter sich her und schlich schließlich die Treppe empor. Stille. Natürlich würden ihre Diener um diese Uhrzeit schlafen, was sie sich auch dabei gedacht hatte, erst in den frühen Morgenstunden zurückzukommen, das hätte sie sich auch denken können.


Als sie endlich in ihren Gemächern angekommen war, setzte sich die Fürstin an ihre Schminktisch, der ganz offensichtlich eine Nachbildung hochwertiger Kurzick-Kunst war, und entzündete eine der Kerzen darauf. Der Blick legte sich auf ihr Spiegelbild und mit einem leisen Seufzen begann sie damit, sämtliche Spuren des Abends zu beseitigen. Mit einem Wisch war der tiefgrüne Lidschatten verschwunden, und tiefe, dunkle Augenringe traten zum Vorschein. Ein weiterer Wisch und die roten Lippen, weg, als hätte sie es nie gegeben. Mit jedem Moment schien die Fassade der Fürstin zu schwinden, ehe eine alte und gezeichnete Frau ihr aus dem Spiegel entgegen sah. “Ich hasse dich”, klang es durch den Raum und die Fürstin erhob sich von dem kleinen Tisch.


Eine ganze Weile lief sie in dem Zimmer auf und ab, entkleidete sich, machte sich bettfertig und war mit ihren Gedanken alleine. Alleine, das war das Stichwort. Als sie endlich im Bett lag und die Decke ihrer Gemächer anstarrte, schüttelte sie nur das Haupt. “Es ist mir egal, Lawrence, du kannst mir vergeben, so viel du willst. Aber ich vergebe mir nicht.” Lange lag sie wach, ehe sie mit einem Mal plötzlich unter schweren Lidern in einen unruhigen Schlaf abdriftete.


Addison schreckte hoch und sah an das Ende ihres Bettes. Ein adretter Mann, einige Jahre jünger als sie selbst, saß am Fuße ihres Bettes und hatte eine Hand auf ihrem Bein abgelegt. Er lächelte sanft und neigte das Haupt etwas zur Seite. “Nah, aufgewacht meine Rose.” Addison rieb sich über die Augen und kniff sie schließlich zusammen. “Das.. Lawrence?” Der Mann lächelte nur, während er sanft das Bein tätschelte. “Du bist zu hart zu dir selbst. Sogar deine Freunde sagen dir, du sollst aufhören in der Vergangenheit leben.” “Lawrence, ich hab mich verabschiedet. Du hast kein-” “-Recht hier zu sein. Und trotzdem bin ich es. Also hör auf dir selbst die Schuld zu geben und fang an zu leben. Vielleicht fängst du an dich mit unseren Kindern auszusöhnen an, bevor du dich noch weiter grämst.” Addison schwieg und drehte das Haupt von ihrem Mann ab. Sanft berührten seine Fingerspitzen ihr Haupt und drehten es wieder zu seinem eigenen. “Lass die Toten tot sein, du hast noch genug Zeit dich zu uns zu gesellen. Aber bis dahin fang endlich an zu Leben.” Addison seufzte leise und verzog genervt die Augenbrauen. “Ich hasse es, wenn du recht hast.”


Der Fürst schmunzelte nur und näherte sich zu einem Kuss, doch bevor ihre Lippen sich trafen fiel ein Strahl Sonnenschein auf Addisons Gesicht und riss sie aus Ihrem Schlaf. “Guten Morgen Fürstin Cunningham.” Jocelyn stand am Fenster und hatte die Vorhänge geöffnet. “Ich hoffe ihr hatte eine angenehme Nachtruhe, euer Kaffee steht bereit und ich habe euch bereits Frühstück aus dem Rurikcafé hergerichtet." Addison rieb sich über die Augen und lächelte sanft. “Ja, eine sehr angenehme, Danke.”, kam es nur gen ihrem Hausmädchen.

Kommentare 4