Wiedersehen

Den morgendlichen Ausflug der Baronin Marlene Ashcroft und Fürstin Cunningham, konnte man leicht mit einem einzigen Wort beschreiben: verkatert. Was auch immer nach dem Rurikpalas im roten Ziegelhaus der Baronin vorgefallen ist, es gab wohl eine Menge Alkohol und eine sehr kurze Nacht. Addison erspähte mit tiefen, dunklen Augenringen unter den grünen Iriden einen freien Platz vor ihrem Lieblingscafé auf dem Rurikplatz, und kurzerhand wurde die Baronin von Ihr auf einen Stuhl verfrachtet und das verkaterte Lästern ging weiter. Marlenes goldene Iriden flogen über die Speisekarte, während Addison ihr irgendwelche Belanglosigkeiten erzählte, die von der Baronin nur mit Schweigen abgetan wurden.


Warm brach die Sonne durch das rotgoldene Laub der Blätter auf den Platz und tränkte die Stühle vor dem Café in sein wohliges Licht. Nur für einen kurzen Moment schloss die Fürstin ihre Augen um in den warmen Sonnenstrahlen zu baden, während Marlene dem bereits heran getretenen Kellner ihre Bestellung aufgab. “Kuchen zum Frühstück, wir sind aber einfallsreich”, kam es von der Fürstin und die Baronin schmunzelte nur sachte, während sie erwiderte: “Es ist ja auch nicht jeden Tag und der Abend muss gefeiert werden.” “Recht hast du”, entgegnete die Ältere wieder und verweilte noch eine Weile in ihrem Sonnenbad.


Es dauerte eine ganze Weile, bis der Kellner wieder an den Tisch herantrat und den Damen das Frühstück servierte. Die Baronin Ashcroft hatte einen kleinen aber vorzüglichen roten Samtkuchen und eine Tasse schwarzen Kaffees gewählt, während die Fürstin ihr übliches frisches Croissant mit Kirschmarmelade, sowie ebenfalls eine Tasse schwarzen Kaffees vorgesetzt bekam. Addison öffnete die Augen wieder und schielte mit einem fast schon neidischen Gesichtsausdruck auf den Kuchen ihrer Freundin, doch Marlene hatte bereits die Gabel in selbigen gestochen und bemerkte den Eifersuchtsanfall der Fürstin nicht.


Fast schon gespenstisch ruhig war der Rest des Frühstücks verlaufen. Addison setzte gerade wieder ihre Tasse an die Lippen an, als ihr Blick sich auf den Platz legte und sich ihre Bewegung mit einem Mal versteinerte. Ihr kam es vor wie eine Ewigkeit, als wäre die Zeit stehen geblieben und leise hörte sie tatsächlich auch irgendetwas in ihrem Ohr aber alles war so weit weg, so fern, als wäre sie gar nicht hier sondern in einer dunklen Kiste auf dem Grund des Ozeans. “Addison? Ist.. alles in Ordnung? Addison, du fängst an mir Angst zu machen.”, kam es derweil immer wieder von der Baronin, ehe diese schließlich dem Blick ihrer Freundin folgte.


Es war noch früh und der Markt hatte heute noch nicht geöffnet, doch trotz dieser Umstände war es bereits recht beschäftigt in der Rurikstadt geworden. Bei all dem Gewusel hatte die Baronin schon etwas Schwierigkeiten zu erkennen, was ihrer Freundin so zusetzte, doch dann sah sie in der Menge, was sich wie ein Pfeil in ihr Herz gebohrt hatte. Zwei Damen, höchstens im selben Alter wie die Baronin selbst, unterhielten sich angeregt miteinander. Erst jetzt fiel der Baronin auf, dass bei den beiden Frauen auch noch ein junges Mädchen stand, dass noch keine zehn Sommer hätte sein können. Alle hatten feuerrotes Haar wie die Fürstin und die beiden Damen waren zudem noch in ähnlichen Farben gekleidet wie die alte Hexe. Die jüngere der Damen richtete ihren Blick zum Café und deutete mit dem Kopf etwas an, sodass die Ältere sich schließlich kurz umdrehte und das Dreiergespann plötzlich in der Menge verschwand.

Marlenes Fingerspitzen wanderten an ihre Lippen, doch es kam kein richtiger Satz aus ihnen heraus. ”Addison, ich..”, ihre freie Hand legte sich auf die der Fürstin und drückte sie sanft, ehe sie nach einer ganzen Weile wieder zu sprechen begann. “Wir brauchen noch Kleider für die Seancé, wir sollten aufbrechen und.. wir gehen jetzt Kleider kaufen”. Marlene nickte bestimmt, ehe sie sich erhob und die Fürstin mit sich ziehen wollte. Addisons Tasse setzte sich mit leisem Klirren auf den Unterteller ab, ehe sie mit leerem Blick zur Baronin aufschaute. “Ja.. Kleider. Und danach mehr Alkohol…” Marlene schwieg wieder für einen Moment. “Das klingt mir eher wie ein Fall für einen Eisbecher. Aber jetzt gehen wir erstmal einkaufen und dann habe ich noch andere Sachen zu erledigen und du folgst mir jetzt einfach.” Addison senkte das Haupt und folgte der Baronin wortlos in die Stadt hinein.

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