Ein seltsames Gefühl

Ein seltsames Gefühl, 62. Zephyr 1337


Mavet lag, alle Viere von sich gestreckt auf dem viel zu großen Bett. Dieses Bett dominierte den Raum deutlich. Nicht weil es so eine verschnörkelte Holzarbeit war oder einen so mächtigen Himmel hatte, denn beides besaß dieses Bett nicht. Es war die schiere Größe von fast 2 ½ Metern von Kopf bis Fuß und von der einen zur anderen Seite hin. Das Bett war selbst nur eine große Matte, die auf dem Boden lag, wobei ‚nur‘ vielleicht das falsche vermuten ließ. Denn diese Matte war auch mehr als einen halben Meter dick und gab somit die Höhe des Bettes vor, vollgestopft mit reiner Wolle und feinsten Stoffen umzogen. Voller Kissen und einer dicken Decke so breit, dass sie an allen Rändern herüberfallen könnte. Dies hatte sie fast ihr ganzes Monatsgehalt gekostet, aber das war es auch wert. Ihr war es das Wert. Allein die seidigen elonischen Stoffe, die Verwendung bei der Verarbeitung gefunden hatten. Sie hätte sicherlich auch Geld zum Einrichten bekommen, hätte sie danach gefragt, aber sie hatte im Moment eh keine Ausgaben, also konnte sie ihr Gehalt auch dafür nutzen. Keine Ausgaben und Gehalt, darüber nachzudenken allein... was für ein seltsames Gefühl.


Mavet starrte an die Decke. Es war ein seltsames Gefühl, ganz allein. Ihr erster freier Tag in der neuen Wohnung. Sie war allein und es war ruhig. Bis auf einige Geräusche, welche von der nahen Straße oder den Vögeln stammten, absolute Stille. Ein seltsames Gefühl, nach dem Trubel der letzten Wochen. Ein seltsames Gefühl, nach dem Trubel seit ihrer Ankunft in Kryta. Hatte sie seit dem schon einmal einen so ruhigen Tag gehabt? Nein. Sie konnte sich nicht erinnern. Nein, und sie hasste es.


Mavet sprang aus dem Bett. Wenn sie den ganzen Tag in der Wohnung verbringen würde, sollte sie den Kamin stärker befeuern. Bis jetzt war sie nur zum Schlafen hergekommen und nur eine einzige Person außer ihr, wusste wo diese Wohnung war. Ein seltsames Gefühl. Beruhigend, aber auch seltsam irgendwie. Niemand sonst konnte wissen wo sie war, nicht mal jemand vom Verwaltungsapparat. Dieser Antrag ging von ihrem Schreibtisch direkt in die Hände des Ratsherren und verließ diese auch nicht mehr. Nicht mal über die Stadtverwaltung konnte man erfahren, dass sie hier wohnte, denn auf dem Vertrag stand ein anderer Name, als der ihre. Ein beruhigendes Gefühl, Sicherheit versprechend… aber auch seltsam.


Mavet fröstelte und eine zarte Gänsehaut legte sich auf ihren nackten Körper. Sie ging herüber zu dem Pelzmantel, der auf dem Boden neben ihrem zerwühlten Rucksack mit ihren Sachen lag und warf ihn sich, wie einen einfachen Morgenmantel über die Schultern. Auch ein seltsames Gefühl. Ein seltsames Gefühl, aber irgendwie vertraut. Sie schmiegte sich in den Pelz, der ihr die letzten drei Wochen so gute Dienste geleistet hatte, und trat langsam ans Fenster, so, dass man sie nicht einmal von der nahen Straße sehen könnte, sollte man genau zu diesem Fenster aufsehen. Vielleicht sollte sie sich an die Arbeit machen. Den Gewürzhändler aufsuchen, um die Araq-Flaschen in Auftrag zu geben, wie es gewünscht worden war. Um so schneller, um so besser. Oder sie könnte sich ans Lernen und Üben machen. Es war so verdammt still. Hier, ganz allein war sie wie in Watte gepackt. In Pelz eigentlich, aber eingepackt und gelähmt. Ihr erster freier Tag in der neuen Wohnung, und sie hasste es.


Mavet hatte früher oft in den Tag hinein gelebt. Aber jetzt? Jetzt war es ein Seltsames Gefühl. Nun kam es ihr seltsam vor den Tag ohne eine Aufgabe zu verbringen. Morgen wäre noch so ein freier Tag und sie hasste auch den Gedanken daran. Vielleicht sollte sie das gleiche versuchen, wie beim letzten Mal, als sie eine so... 'spontane' Unsicherheit in der Situation hatte. Sie war sich jedoch auch sicher, dass man sie diesmal einlassen würde. Dass man ihr bei ihren kleinen Zielen und Aufgaben helfen würde. Was für ein schönes Gefühl. Seltsam aber schön!

Kommentare 1

  • Seltsam, aber schön...trifft es hier nicht ganz. Mir hat dieser kleine Einblick sehr gefallen und ich mag die Bettwäsche von dem benutzten Bild haben!

    Ich muss mir die ganze Zeit vorstellen, wie Mavet sich über diese riesige Matratze rollt und irgendwo in der Mitte versackt. Richtig gut.

    Ab davon mochte ich es von ihr zu lesen. Gerne mehr.