Tagebuch eines Nekromanten

Der Tag des Erwachens: oder Wie ich mich entschied, Laszlar Szilas zu sein: Erster Tagebucheintrag, Tag 0:


Die Sonne war schon fast untergegangen. Ich konnte es durch die Schale
meines Samens sehen, kurz bevor mich der Blasse Baum aus meinem Traum
weckte und mich zu Boden lies. Ich sah noch ein paar andere Sylvari
erwachen, doch mich interessierte etwas anderes, der Sonnenuntergang.
ich wusste es war Abend, was bedeutete, dass es bald Nacht werden würde
und den Sonnenuntergang wollte ich um keinen Preis verpassen.


Das erste woran ich mich nach meinem Erwachen jedoch erinnerte, war die
überweltigende Flut an Gefühlen, welche ich alle auf einmal zu fühlen
glaubte. Was sich im Traum nur ansatzweise zeigte, überkam mich mit
erschreckender Realität. Ich weiss noch wie ich neugierig dem Untergang
der Sonne folgte und doch über die hereinbrechende Dunkelheit erschrak.
Mir wurde schlagartig bewusst, dass ich allein war. Ich hatte alle
anderen Sylvari unbeachtet gelassen und war auf einen nahen Hügel
gestiegen um die Sonne im Blick zu haben. Nun, da es Nacht geworden war,
frohr ich. Ich lief also zurück zum Ort meines Erwachens und konnte
schon aus der Ferne erkennen wie sich eine Gruppe gerade erwachter
Sylvari um einen älteren versammelt hatte und er Kleidung und etwas
Proviant verteilte. Der ältere Sylvari begrüßte mich: "Ah - der Blasse
Baum weckt viele Sylvari in diesem Zyklus der Nacht" Ich wollte etwas
erwiedern, war ich doch zur Abenddämmerung erweckt worden, doch da
drückte er mir schon passende Kleidung in die Hand. "Geh und sieh dich
um" sagte er und lächelte mir freundlich zu.


Meine erste Nacht verbrachte ich ganz allein - zumindest den größten
Teil. Die Aufgabe, die Drachen zu bekämpfen, brodelte in mir wie in
jedem anderen Sylvari, doch die Erfüllung der Aufgabe schien mir genauso
fern wie sie mir deutlich vor Augen lag - mich interessierte etwas
anderes. Obwohl ich die Gegend aus dem Traum kannte, wollte ich an einen
Ort, welcher noch in Dunkelheit verborgen lag. Ich folgte einem kleinen
Trampelpfad zwischen Blättern und Büschen und erreichte einen sehr
alten, kleinen Friedhof. Er musste aus einer Zeit vor der Entstehung des
Blassen Baumes stammen. Erst später wurde mir klar, warum es mich zu
diesem Ort hinzog...


Neugierig verbrachte ich die halbe Nacht damit alle noch vorhandenen
Gräber zu untersuchen. Ich grub nach ein paar Knochen und fand sogar
einen Schädel. Plötzlich, überracht von meinem großen Interesse an toten
Dingen, folgte ich unbewusst einer Bewegung mit meiner Hand und die
gefundenen Knochen setzten sich zu einem kleinen Diener zusammen. Es war
kein Leben in ihm, doch er blickte mit seinen leeren Augen zu mir
hinauf und schien darum zu betteln, gestreichelt zu werden. Also tat ich
es, ich streichelte ihn, hielt ihn im Arm und war traurig über die
Abwesenheit von Leben in ihm - traurig über die Abwesenheit von Leben in
so vielen Dingen. Dann geschah es, er erwachte und entglitt sofort
meiner geistigen Kontrolle. Er biss mir in den Arm und sprang zu Boden.
Ich wusste nicht was ich tun sollte, geschweige denn wie ich ihn
kontrollieren konnte, also streckte ich den Arm aus und zeigte mit dem
Finger auf ihn. Im Selben Moment brach einer der Hainhüter durch das
Unterholz. Brüllend stürze er sich auf meinen ersten Diener und erschlug
ihn. Ich sank auf die Knie, mit Tränen in den Augen sah ich wie das
Leben wieder aus meiner Kreatur wich und sogleich erfüllte mich eine
eisige Kälte. Ich spürte es ganz deutlich, es war eine Form der
Eismagie, welche mich gleichzeitig erschrack und neugierig machte. Der
Hüter drehte sich zu mir um doch da hatte ich die Kälte in mir bereits
bündeln können und lenkte sie in alle Knochen die ich im Boden erspüren
konnte. Ich erschuf einen perfekten Diener aus allen Knochen, er brach
aus der Erde und überragte den Heinhüter in seiner vollkommenen Größe.
Doch genauso schnell wie ich ihn erschaffen konnte entzog er sich meiner
Kontrolle. Und dieser Diener war mit dem Zorn des Eises erfüllt mit dem
ich ihn erschaffen hatte. Voller Angst und Stolz sah ich zu, wie der
Heinhüter und mein perfekter Diener aufeinander los gingen. Mein Diener
hatte nicht viel Kraft, da er aus nichts weiter als Knochen bestand. Der
Heinhüter konnte ihn leicht überwinden und schlug ihn in Stücke.
Dennoch war er außer Atem als er sich vor mir aufbaute. Er schlug mir
mehrmals ins Gesicht und fragte nach meinem Namen. "Kayn" antwortete ich
ihm. "Kayn, wenn ich noch einmal sehe wie du ein Grab schändest oder
mit Knochen experimentierst wirst du verbannt werden!" Er schleuderte
mich gegen einen der alten Grabsteine und verschwand.


"Ein wirklich schlechter Start in mein Leben" dachte ich. Die
Nekromantie hatte mien innerstes Interesse geweckt, schon als ich noch
im Traum war, und ich wollte die Magie dahinter verstehen und
beherrschen. Auf dem Grabstein, an dem ich immernoch lehnte, stand der
Name des Mannes, dessen Knochen ich soeben für einen meiner Diener
benutzt hatte. Sein Name war Laszlar Szilas. Ich übernahm den Namen und
wollte so perfekt werden, wie der Diener den ich aus seinen Knochen
erschaffen hatte. So schritt ich aus dem Gestrüp, welches den alten
Friedhof umgab, und begann meinen ersten tag als Sylvari.