Klostergästebuch

Vogelgezwitscher am Morgen, Gesang bei Andachten, ruhige Gespräche oder einfach nur stiller Frieden hatten sie einige Tage hier ihre Sorgen, Nöte und Ängste vergessen lassen. Sie hatte mit dem ein oder anderen Bruder oder Schwester sprechen können und ihre Gefühlswelt kam wieder zur Ruhe. Die ständig vorherrschende Wut schlief langsam ein und sie lernte sich zu konzentrieren und ihre Gabe einigermaßen zu kanalisieren. Doch langsam war es Zeit wieder in die Stadt zurück zu kehren, es gab leider auch dort Pflichten, die sie wahr nehmen musste, immerhin hatte sie ein Geschäft zu führen, mit dem sie ihren Unterhalt verdiente. Also verließ sie schweren Herzens die klösterlichen Mauern wieder und trat den Heimweg in Begleitung einer Norn, die sie abgehohlt hatte, nach Götterfels an.

Zuvor verabschiedete sie sich aber noch bei dem ein oder anderen Bruder und spendete ein paar Silberlinge für die Kasse des Klosters. Ebenso gab sie das Versprechen, bald zurück zu kehren, so es ihre Zeit erlaubte, denn sie hatte einen Ort gefunden, wo ihre Seele Frieden finden und ihre Hände sich mit anderen Dingen als der Nähnadel beschäftigen konnten.

Der Ordensbruder trug den Namen "Kyara Shira" erst einmal aus dem Gästebuch derer aus, die für einige Tage länger dort Unterschlupf gesucht hatten.

Die vergangene Nacht im Kloster war nicht immer still. Zur zweiten Stunde und zur fünften hörte man erst ein leises Weinen und dann doch ein deutliches Protestieren aus einer Säuglingsbrust. Kurz darauf sah man eine Frau mit Krücke im Leinennachthemd und mit dem Kind im anderen Arm zur Feuerstelle wandern, dort eine Flasche aufwärmend um sie der Kleinen zu geben.Die Mühe sich das Holzbein anzulegen machte Emma sich nicht, so konnte man auch deutlich sehen, ihr linkes Bein endete Mitte Oberschenkel, der Stoff fiel dort einfach tiefer ab ohne Füllung der darunter zu erwartenden Haut.Während sie das Kind fütterte summte sie leise ein altes Kinderlied vor sich hin. Ein Bild des Friedens und der Zuneigung offenbarte sich jedem neugierigen Augen, während die vermeintliche Mutter ihr Kind fütterte, lediglich warum sie nicht stillte, könnte dem ein oder anderen verwundert auffallen.

Am Morgen, noch eh der erste Hahn wirklich krähte, sah man einen blonden Hünen am Brunnen arbeiten. Der Flaschenzug wurde mit geschickten Fingern repariert, geschickteren Fingern als man dem Kerl zutrauen würde, wenn man es wagte einige Worte mit ihm zu wechseln. Gutmütig ist er, freundlich und grüßt ein jeden der seinen Weg kreuzen sollte mit einem offenen Lächeln und dem Aufblitzen des Zahnweiß, aber er ist eben auch nicht besonders helle oder schnell im Denken. Nicht mehr als eine Stunde später hielt eine kleine Handelskarawane vor dem Kloster und dieser schlossen sich der blonde Hüne, nun in Rüstung, und seine kleinere blonde Begleitung mit dem Säugling wieder an. Das Ziel; zurück nach Shaemoor mit neu gewonnenem Mut und Zuversicht. Alles in allem wirkte die kleine Familie sehr glücklich miteinander, es gab auch verstohlene Küsse vor dem Aufstieg der einbeinigen Frau auf den Packbullen.