Gewalt & Spoiler
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Bereits die Tatsache, dass es mehrere Minuten brauchte, bis Emich Farlan mit der Gefangenen wieder herab kam, sprach für ihre Widerspenstigkeit. Für eine Sylvari war sie recht groß, aber in den Pranken des riesigen Bandenführers sah sie nicht nur klein, sondern auch schwach aus. Und das war sie vermutlich auch, gemartert und unterernährt wie sie daher kam. Ein farbenfrohes Exemplar ihrer Art, wies die zarte Borke rote und tiefgrüne Farbe gleichermaßen auf, ebenso wie das mit ihrem Körper verwachsene Pflanzenkleid. Ihre Augen stachen grasgrün hervor, und in diesen sowie den Furchen ihres baumgeborenen Körpers konnte man andeutungsweise ein pinkes Schimmern erkennen, doch zu dieser Tageszeit leuchteten Sylvari noch nicht vollwertig. Ihr dunkler Blätterschopf war nach hinten verflochten, und einige rosastichige Blütenauswüchse schmiegten sich daran. Besonders beeindruckend, und befremdlich irgendwo, war aber das schwere, halbe Dutzend langer Stengel mit übergroßen, fleischigeren Blättern, die ihr aus dem Rücken wuchsen. Etwas schwerer und länger noch, und die Auswüchse wären hinter ihr herabsackend über den Boden geschliffen wie die Schleppe eines Brautkleides. Godfrey stellte sich das lästig vor - in etwa so, wie wenn dickbusige Frauen über das Gewicht ihrer Brüste klagten, nur umgekehrt. Dennoch konnte er nicht leugnen, dass diese Sylvari ein schönes Wesen war.
Farlan schleppte sie durchs Haus an den Tisch wie ein modisches Accessoire. Bislang hatte sie recht schlaff in seinen Augen gehangen, aber als der grobe Klotz sie auf den Stuhl drückte und ihre Arme nach hinten bog, fing er sich einen tückischen Kratzer am Handrücken ein. Die Sylvari fauchte dazu kehlig und wand sich wütend, doch sie kassierte eine brutale Ohrfeige des Bandenführers, welche sie kurzzeitig erschlaffen ließ. Bevor ihre Hände hinter der Stuhllehne gefesselt wurden, konnte man erahnen, dass ihr ein Finger fehlte.
"Aber, aber, Mister Farlan.", kommentierte Godfrey mit lascher Geste den Hieb, nachdem er herunter geschluckt hatte. "Ist das eine Art, ein zivilisiertes Gespräch zu beginnen?" Der Inquisitor aß gerade sein zweites Schinkenbrot, als die Gefangene schließlich ihm gegenüber fixiert war. Er hatte ziemlichen Kohldampf, nachdem er bereits den ganzen Tag unterwegs gewesen war und auch in Galgenbrenners Lager keine Pause eingelegt hatte. Er hielt seine Stulle mit der Rechten über der Brotzeitplatte, schnippte links mit den Fingern, gen Farlan. "Zeigt etwas Gastfreundschaft. Noch einen Becher Wasser bitte! Gebt unserem Gast einen Schluck zu trinken." Abermals biss er von seinem Schinkenbrot ab. Der angeschnittene Laib, der große Vorderschinken und die Butter lagen noch auf seiner Platte bereit, ebenso wie die frischen Hälften einer zerteilten Tomate. In aller Ruhe kauend betrachtete Godfrey sein sylvarisches Gegenüber und ließ einen freundlichen Zug um seine Augen spielen.
Nur widerwillig gehorchte Farlan, der die Lippen bereits ärgerlich aufeinander gepresst und zu einem Fluch angesetzt hatte, als der Inquisitor ihm dazwischen gefahren war. Der grobschlächtige Mann befüllte ein Glas mit Wasser und stellte es vor dem gefesselten Baumkind auf den Tisch. Sie hatte die Hände nicht frei, schien allerdings auch weniger geneigt, das Angebot zu akzeptieren, als Godfrey finster anzustarren.
Dieser ließ sich von der Feindseligkeit nicht beirren. "Naa~?", machte er, sah dabei aber noch immer Farlan an und vollführte eine rotierende Geste aus dem Handgelenk. Auffordernd sah er von Glas zu Sylvari und zurück, bis der Bandenführer kapierte. Abermals biss der Inquisitor ab, kaute gemächlich.
"Klar, Sir.", brummte Farlan mit mahlendem Kiefer, aber einem Blick, der bereits jetzt sagen wollte, dass das nicht funktionieren würde. Godfrey interessierte sich nicht dafür. Als Farlan ihr einen Schluck einflößen wollte, drehte sie ihren Kopf weg wie ein bockiges Kind, bis er sie zwang, stillzuhalten. Daraufhin spuckte sie dem Banditen den eingeflößten Wasserschwall geradwegs ins Gesicht. Ihr bulliger Peiniger blinzelte, bevor er den Becher hart auf die Tischplatte knallte und bereits zum Hieb ausholte, als ihm offenbar noch aufging, dass er heute nicht die Entscheidungen fällte. Mit verengten Augen und erhobener Hand verharrte er.
"Wie unhöflich.", kommentierte Godfrey, der sein Schinkenbrot vertilgt hatte, das Verhalten der Pflanze. Kurz kreuzte er Farlans Blick mit einem sachten Kopfschütteln, und der Bandit trat nach hinten weg, auch wenn seine Augen noch zornig funkelten. Der Inquisitor lehnte sich gemütlich im Stuhl zurück, betrachtete die Sylvari eine Weile und schrägte schließlich den Kopf. Er deutete mit offener Geste nach vorn, ihr entgegen. "Mögt Ihr Schinken? Jeder mag doch Schinken. Dieser hier ist sicher nicht die Krone der Schöpfung, aber recht schmackhaft im Rahmen der Umstände."
"Ich esse kein Fleisch.", schnappte sie. Ihre Stimme besaß Tücke durch eine besonders scharfe Betonung des S. Sie drängte wehrlos ihren Oberkörper nach vorn und kämpfte einen Moment lang mit bebenden Schultern gegen die Fesseln, aber es war ein zweckloses Unterfangen. Im Sitzen wirkte sie noch zierlicher als aufrecht. Jetzt verengte sie ihrerseits die Augen und belauerte ihn mit Blicken.
"Ohh~ da verpasst Ihr aber etwas, meine Liebe.", versicherte Godfrey mit vertrauensvollem Schmunzeln, indem er sich kurz nach vorn beugte. Sein nächster Deut galt dem kläglichen bisschen Gemüse auf der Brotzeitplatte. "Wir haben noch Tomaten, aber die sind leider furchtbar wässrig, die kann ich Euch allein nicht anbieten. Jeff, stellt unserem Gast noch einen Teller hin. Vielleicht überlegt sie es sich ja anders. Ich für meinen Teil werde mir noch ein Schinkenbrot schmieren, so hungrig bin ich von der Anreise." Gesagt , getan. Während der angesprochene Schläger sich aus seiner bisherigen Untätigkeit löste und in den Keller stapfte, schnitt Godfrey sich noch eine Scheibe Brot ab, bestrich sie sorgfältig mit Butter und belegte sie mit einer saftigen Schinkenscheibe.
Die Sylvari verweigerte weitere Worte und rutschte weiterhin widerspenstig herum. Es war ihm allerdings allerdings sehr wohl aufgefallen, wie hungrig sie ihrem Stolz zum Trotz die Tomate angesehen hatte. Jetzt rückte sie ihren Stuhl scharrend vom Tisch fort, da Niemand ihre Beine gefesselt hatte. Prompt stand jedoch Farlan hinter ihr, die schweren Pranken auf ihren Schultern, und schob sie grob wieder an Ort und Stelle zurück.
Godfrey besaß kein spezielles Interesse für das kindliche Gerangel der beiden Herrschaften. Viel mehr störte ihn, dass hier nicht zügiger gearbeitet wurde, denn er hatte heute noch Einiges vor. "Wo bleibt denn der Teller für unseren Gast?", schnappte er launisch und machte aus seinem Ärger keinen Hehl. Ungeduldig presste er den Kiefer aufeinander und schlug einmal mit der flachen Hand auf den Tisch, dass das Geschirr klirrte. "Wird's wohl bald, oder muss ich das etwa persönlich übernehmen?" Einen Herzschlag später schmunzelte er der Sylvari bereits in entschuldigender Milde entgegen. "Ich bitte die Umstände zu entschuldigen. Wir haben uns noch nicht vorgestellt. Ich bin Inquisitor Godfrey." Er sprach besonders langsam und tippte sich zu seinen Worten selbst auf die Brust, bevor er ihr einladend und fragend entgegen deutete.
Wenn man so tat, als sei das Gegenüber ein bisschen blöde, dann lockerte das zwar selten die Stimmung, aber häufig die Zunge.
Er musste feststellen, dass diese Strategie hier unwirksam war. Jeff kam gerade in großer Hast wieder aus dem Keller hervor geeilt, um eine weitere Brotzeitplatte auf den Tisch zu schieben, auf der sich nur ein paar Apfelschnitzen und halbierte Tomaten befanden. Godfrey zuckte noch zufrieden Mundwinkel - je weniger man sein Gemüt mäßigte, desto besser spurten die Banditen immerhin. Aber statt in Äpfel oder Tomaten schlug die Sylvari ihre Zähne - dornenhaft und spitz wie bei einem kleinen Monster - in Emich Farlans bereits aufgekratzte rechte Hand.
"Ahh!", schrie der hartgesottene Bandit, als tiefrotes Blut aus seiner Hand quoll. "Dreckiges Miststück!", polterte er wild und riss mit Gewalt an ihrem Blätterschopf, bis sie den Kopf weit genug nach hinten biegen musste, um ihre blutigen Beißer aus seinem Fleisch zu ziehen.
Auch Godfrey schrie, allerdings vor Lachen. "AhahahaHAA! Heheh~" Gerade hatte er weiter essen wollen, aber jetzt krümmte er sich leicht, prustete in seinen Handrücken und rang vor Begeisterung nur widerwillig mit seiner Kontrolle. Er schnaufte heiter, als er kopfschüttelnd in die Schinkenstulle biss, und wedelte mahnend mit dem Finger, während er den Happen herunter schlang, um zu Wort zu kommen: "Raffiniert. Mister Farlan, ich glaube das ist ihre Art und Weise, uns ihren heimlichen Fleischhunger mitzuteilen. Ihr dürft sie loslassen und wir warten einmal ab, ob sie doch noch Schinken möchte."
Farlan schien das Ganze weniger lustig zu finden. Er trat trotzdem zurück und nahm rasch seine eigene Hand in den Mund, um nicht den ganzen Boden vollzubluten.
Der Kiefer seiner Angreiferin schnappte zusammen, und es war spürbar, dass ihr noch etwas anderes auf den Lippen lag als einige Spritzer von Farlans Blut, aber im Endeffekt schwieg sie sich weiter aus und verschoss böse Blicke über den Tisch.
"Ihr wolltet mir Euren Namen nennen, glaube ich.", erinnerte Godfrey ans Thema. Vor lauter Kuriosität hatte er sich ein Stück vorgelehnt und mit beiden Ellbogen auf den Tisch gestützt, drapierte sein Kinn auf dem Handrücken seiner Rechten und biss angeregt kauend in das belegte Brot, welches seine Linke hielt.
"Ich bin Zingrea.", schnitt ihre biestige, fremdartige Stimme dann tatsächlich wieder durch die Luft. Damit hatte er fast nicht mehr gerechnet. Die grausgrünen Augen der Sylvari huschten in schlecht verborgenem Hunger auf Obst und Gemüse herab, blieben der feindseligen Betrachtung ihres Gegenübers aber nicht lange fern. Natürlich musste sie ihm zeigen, wie wenig sie seine Begeisterung teilte.
"Na glaubt es denn einer, das funktioniert ja doch mit uns beiden!", rief er zwischen den Bissen. "Nun, Zingrea, Ihr seid eine Freundin der Familie Saverio, wie mir zugetragen wurde."
"Was wollt Ihr von ihnen?"
"Oh, so vieles. Geld. Leben. Unterhaltung." Godfrey hob abwinkend die Rechte, denn tatsächlich war es hier und jetzt nicht weiter wichtig. Er schmunzelte ihr gönnerhaft zu, klaubte sich einen Krümel aus dem Mundwinkeln und schnippte ihn mit reibenden Fingerkuppen auf sein Brotzeitbrett zurück. "Und je schneller das geschieht, desto eher endet auch Euer unangenehmer Aufenthalt in diesen bescheidenen vier Wänden." Auf die eine oder andere Art und Weise. "Ich entschuldige die Wartezeit. Den verbliebenen Rest könnte ich Euch sogar mit mehr Komfort versüßen, wenn Ihr mir verratet, in welchem genauen Verhältnis Ihr zu den Saverios steht."
"Wir sind nicht mehr als Bekannte.", fauchte Zingrea zurück. Dann schnappte ihr bösartiges Maul auch schon wieder zu. Langsam wunderte der Inquisitor sich nicht mehr darüber, warum ein tumber Klotz wie Farlan hier so wenig erreicht hatte. Die Sylvari hatte Mumm, und an zwei große Fäuste würde sie diesen nicht verlieren.
"Nicht mehr als Bekannte.", wiederholte er mit wippender rechter Braue, aber ungebrochenem Schmunzeln. Ein letztes Mal beugte er sich beim Essen vor, dann legte er die halb gegessene Stulle mit vorläufiger Endgültigkeit auf dem Teller ab und sank wieder gemütlich im Sitzen zurück, ohne sich dabei gehen zu lassen. Er gestikulierte vage. "Bekannte, die Euch höchstpersönlich einen Schlafplatz verschaffen und sich genügend Sorgen um Euch machen, um bewaffnet zu Felde zu ziehen. Nun kommt schon, meine Liebe, solche Farce können wir uns sparen. Sprechen wir ganz offen."
"Sie sind gute Menschen, aber ich bin keine nähere Freundin von ihnen. Ich bin nur zu Gast in Götterfels. Gewesen." Es war nahezu erstaunlich, welche Fülle an Worten plötzlich aus diesem borkigen Mund kam. Gemessen an ihren vorigen Aussagen, zumindest. Immer wieder verlor Zingrea die Kontrolle über ihren Blick und schielte auf das vor ihr ausgebreitete Essen herab, nach dem sie nicht greifen konnte. Abermals drückte sie harsch ihren Rücken durch, denn das ausladende Blattwerk, das aus ihrem Rücken wuchs, wurde von der Lehne des Stuhles stark zusammen gequetscht.
"Wie furchtbar öde." Der Inquisitor seufzte. Gemächlich klopfte er sich die Hände ab, um einige letzte Brotkrumen loszuwerden, obwohl seine Mahlzeit noch angebrochen vor ihm auf dem Tisch stand. "Wisst Ihr, das glaube ich Euch sogar.", fügte er kopfschüttelnd an. Seine Begeisterung war mittlerweile vollends verflogen. Er schnalzte laut mit den Fingern und erntete lediglich aufmerkendes Gebrumme von Billy und Frank, seinen persönlichen Handlangern. Hernach räusperte er sich, und seine Augen fanden zum Geschehen zurück, zu Zingrea, zu Farlan und wieder zur Sylvari. "Wisst Ihr, um ehrlich zu sein habe ich garkeine nennenswerten Fragen an Euch. Aber Euer Kaliber gefällt mir, gewissermaßen. Seid Ihr sicher, dass Ihr keinen Schinken wollt?"
"Ja, das bin ich."
"Dann müssen wir wohl einen Salat zubereiten." Aufs Stichwort genau traten plötzlich die beiden Schläger voran, drängten sich links und rechts neben den Stuhl, an den Zingrea gefesselt war. Godfrey sah nüchtern dabei zu, wie sie einen hohen Schmerzenslaut hervor schrie, als Kahlkopf Billy einen der längsten Stengel packte, die aus ihrem Rücken hervor ragten, und dieses mit einem groben Ruck unter ihrer Achsel hindurch nach vorne auf den Tisch bog. Franks lange, schwarze Haare sacktem ihm in die Stirn, während er der Sylvari etwas ins Ohr knurrte, sie an den Oberarmen gepackt hielt und sie so auf dem Stuhl fixierte, den er zugunsten von Billys Eingriff leicht zur Seite drehte.
Sittsam erhob Godfrey sich vom Stuhl und griff zu seinen feinen schwarzen Lederhandschuhen, die bislang seitlich auf dem Tisch gelegen hatten. Er zog sie sich über, einen nach dem andren, keine Falten tolerierend. Dann strich er sich den Mantel glatt, griff darunter und zog mit singender Klinge seinen Dolch hervor. Das matte, nachmittägliche Sonnenlicht, welches durch die vergilbten Fensterscheiben in den Raum drang, schimmerte auf dem hellen Stahl des einschneidigen Kampfmessers und seines angedeuteten Handkorbes. Den weißen Stoffwimpel, der am Knauf befestigt war, fixierte er mit delikatem Griff am geriffelten Heft der Waffe.
Er beugte sich über den Tisch und begutachtete das große Blatt, welches Billy da am dazugehörigen Stengel auf den Tisch bog. Es war grün und kräftig, mit heller Maserung, und erreichte mehr als die halbe Größe einer der ausladenden Brotzeitplatten. "Daraus kann man wirklich eine ganze Menge Salat machen.", sinnierte er. "Ist es nicht so, dass Ihr gewissermaßen ohnehin eine Kannibalin seid, wenn Ihr Fleisch verweigert, aber Pflanzen verspeist? Gibt es da ethische Unterscheidungen wie zwischen, sagen wir, Menschen- und Schweinefleisch? Na, wer weiß." Er setzte die Klinge an.
"Das geht Euch Nichts an.", schnappte sie todesmutig zurück, mit dem Schmerz ringend, aber ihre aufgerissenen Augen konnten sich in diesem Moment nicht von dem Messer lösen.
"Und ich dachte fast, Ihr hättet etwas Schlagfertigeres für mich, wenn Ihr schon nicht um Gnade betteln wollt." Er seufzte und strich das exotische Blatt mit der Linken glatt. Es war wirklich ein schönes Blatt. Vielleicht hätte er es sich ins Zimmer gestellt, wenn es zu einer Topfpflanze gehört hätte.
Ein Ruck ging durch Zingreas filigranen Körper, als er begann. Er arbeitete sehr fein und gründlich, wie stets, wenn er zur Klinge griff. Tak, tak, tak, machte das scharfe Messer auf dem Holz der Tischplatte, als er das Blatt von der Spitze an geschwind in dünne Streifen zu hacken begann, wie ein Chefkoch es mit gutem Gemüse getan hätte. Sie wimmerte und ließ den Kopf hängen im Versuch, ihr schmerzverzerrtes Gesicht zu verbergen. Die Sylvari schluchzte mit bebenden Schultern auf und presste ein qualvolles "Ich weiß Nichts!", hervor, aber das half ihr auch nicht weiter. Godfrey sah nur kurz auf und fuhr fort, säbelte sich mit chirurgischer Präzision weiter am Blatt empor. Billy und Frank guckten grimmig und gehässig drein, aber für Godfrey gab es nur die erfrischende Gleichmäßigkeit seiner, so fand er, höchst bewundernswerten Arbeit. Tak, tak, tak. Seine Klinge musste sich ein Stück weit hinauf arbeiten, wo das Blatt langsam dicker wurde, bevor Zingrea anfing, zu schreien. Sie warf den Kopf in den Nacken, kreischte unter Schmerzen und bäumte sich auf, aber die Männer hielten sie unbarmherzig fest. "Ich sage Euch was Ihr wollt! Hört auf! Bitte hört auf!" Ihre vormals so scharfe Stimme hatte sich jetzt in einem trostlosen Jammern verloren. Schneller sogar, als er gedacht hatte.
Aber deswegen hörte er noch lange nicht auf. Wenn überhaupt, so waren ihre Worte eine Ermunterung, das gelungene Werk fortzusetzen, auch wenn er für eine Weile innehielt, um sein Vorhaben zu vervollständigen. Er führte den Handballen der Linken an den stumpfen Klingenrücken seines Dolches und zog den scharfen Stahl quer durch die bereits abgetrennten Pflanzenstreifen, indem er die zur Spitze hin leicht gekrümmte Klinge durch Zuhilfenahme der zweiten Hand sacht abrollte. Crb, crb, crb, machte das Messer jetzt, indem er so die Streifen zerkleinerte, doch immer wieder ritzte seine Klinge durch die ziehenden Bewegungen auch in den Rand des Gewebes, das noch an Zingrea befestigt war, und erlöste sie keine Sekunde lang wirklich gänzlich vom Schmerz. "Aber, aber? Sagte ich nicht gerade, ich hätte garkeine nennenswerten Fragen? Jetzt gebt Ihr mir aber Anlass zu vermuten, Ihr könntet etwas gezielt ausgelassen haben, das für uns wichtig wäre. Ich glaube, jetzt brauchen wir mehr Salat. Lügen machen mich hungrig." Crb, crb, crb.
Ihre Schreie waren verstummt, aber er wusste genau, dass das nicht lange so bleiben würde. Entsetzen und Pein hatten ihren zuvor kühnen, angriffslustig-beherrschten Ausdruck ersetzt. "Bitte hört auf. Ich weiß nichts Wichtiges. Ich sage Euch was ich weiß. Ich weiß nichts Wichtiges." Ihre Stimme überschlug sich in Hektik.
"Jetzt keine so große Heldin mehr, was?", keifte Godfrey harsch, mit einer Tonlage, die an Schärfe mit der Messerklinge mehr als mithalten konnte. Ihr inhaltsloses Gewimmer ging ihm allmählich auf die Nerven. "Nun, Ihr fangt besser an zu erzählen, solange Ihr das Blatt noch habt." Und mit diesen Worten nahm er seine Linke fort, schwang das Messer mit rechts und zerhackte weiter ihr großes, empfindsames Blatt. Tak, tak, tak. Er war jetzt langsamer in seinen Schnitten, sorgfältiger und quälerischer, immerhin hatte er schon fast das halbe Ding zerhäxelt.
Sie stöhnte, warf sich hin und her, stemmte die Füße gegen das Holz, fern jeder Kontrolle, doch Billy und Frank ließen sie nicht für eine Sekunde los. Streich um Streich trennte der Inquisitor Stückchen des prägnanter werdenden Stiels samt Blattgewebe ab. "Sie... sie sind adlig. Und wohne-een in dem Salma-Viertel. Sie haben ein Kind, Cl..." TAK. Sie konnte nicht aussprechen, denn ihr eigenes Schmerzgeschrei erstickte die Worte. Sie zitterte am ganzen Leib, aber soviel sie auch heulte und kreischte, es half ihr Nichts. Aus den geschlagenen Wunden trat inzwischen reichlich goldene Flüssigkeit aus. Der Lebenssaft der Sylvari sickerte fleißig, hatte aber keine Chance, die Wunden überhaupt zu verschließen, bevor schon das nächste Stückchen abgetrennt wurde.
"Sieh' einer an, da ist ja sogar Dressing mit dabei! Hah!", kommentierte Godfrey und sah grinsend in die Runde. Natürlich lachten sie alle über den Witz, das war immerhin ihre einzige bedeutende Aufgabe in diesem Gefüge. Farlan, Jeff, Billy und Frank, alle stimmten raues, brummiges Gelächter an, doch der Inquisitor hatte die Augen schon wieder bei seinem Opfer, während er abermals Streifen zerkleinerte. Crb, crb, crb. "Nun, bisher ist das alles ziemlich langweilig, ich denke da sind sich hier alle einig." Der Moment, in dem er weiter hacken würde, rückte näher, und seine Augen drifteten verächtlich bohrend zwischen der glitschigen Arbeit und Zingreas verzweifelten Gesicht hin und her. "Ihr habt wohl Nichts über Sicherheitsmaßnahmen, magische Fähigkeiten, Wachpersonal, Wirtschaftsanlagen, derlei? Wie? Nein? Na dann..." Er hob das Messer zum nächsten Streich an.
"Sie haben zwei Wachen! Aus derselben Schote.", antwortete sie schnell. Allerdings war das leider keine neue Information. "Bitte hört auf. Es tut weh." Ihre Stimme war zu einem Wispern zusammen gebrochen.
"Das war jetzt aber wenig.", sagte Godfrey kalt. TAK.
Ihr Schmerzensschrei war laut und durchdringend. "ICH WEIß NICHT MEHR!", brüllte sie ihn halb wahnsinnig an. Aber wenn man Farlans Informationen, bei all seiner persönlichen Schlichtheit, Glauben schenken wollte, konnte das nicht ganz der Wahrheit entsprechen. Doch Zingrea war stark, und ihr Kampfgeist kehrte im Zuge der Verzweiflung langsam zurück. "Lasst mich los!", keifte sie herrisch und tobte förmlich in ihrem Sitz, doch die beiden Männer waren zu kräftig und sie hatte keine Chance gegen ihre Griffe.
"ICH GLAUBE IHR SEID NICHT GANZ EHRLICH MIT MIR!", schrie Godfrey ebenso wüst zurück, auch wenn es seine Stimmbänder strapazierte. Aber er war nicht wütend. Nein, er grinste sie an. Ohne Vorwarnung wechselte er die Taktik, hörte auf das Blatt zu zerschnippeln und fixierte den kläglichen Rest - es war vielleicht ein Drittel des ursprünglichen, sah man von dem übrigen dicken Stengel ab - mit der linken Hand. Dann bohrte er die Klingenspitze in den offenen, goldenen Saft suppenden Stengel und begann darin herum zu puhlen.
Einen Moment lang hielt sie sich jetzt wieder. "Ich glaube sie sind magisch. Ich weiß Nichts darüber, ich habe nicht gefragt." Ihr bebender Torso ruckte kräftig vor und zurück, sie versuchte frei zu kommen, erfolglos.
Dann aber erwischte Godfrey den richtigen Trieb, Nerv, wie auch immer es bei ihr heißen mochte; den, von dem er wusste, dass er sich mit dem Wachstumsknoten der Sylvari verbinden musste. Er stach mit chirurgischer Präzision hinein, nur ganz leicht, nicht zerstörerisch, aber gnadenlos, und hielt den Druck konstant. "So, was bringt Euch denn zu dieser Annahme?", fragte er zugleich mit honigsüßer Stimme.
Es zeigte rasch Wirkung, denn ihr Winden und Aufbäumen verschlimmerte sich, hörte kaum noch auf, sodass Billy alle Mühe hatte, das nach vorn gebogene Blatt überhaupt still zu halten. Es war nicht dieselbe Sorte Schmerz, die das auslöste, nicht die ruckartige, wiederkehrende Explosion, sondern das langsame Nagen, das nicht locker ließ, nicht stark genug war, um völlig darin zu ertrinken, und nicht schwach genug, es in irgendeiner Weise zu ertragen. Aber wie sich herausstellte, war sie gerissener als eingangs angenommen, vielleicht jedoch weniger, als sie selber annahm. "Bitte hört auf, Godfrey. Bitte." Zingreas Stimme war von strengem, klagenden Geschrei zu flehendem Gejammer zurückgekehrt. "Ihre Augen.", warf sie hintendrein, wohl um seine Frage zu beantworten. Die Bewegungen, obwohl sie nicht richtig verschwanden, wurden vor Erschöpfung nun beständig schwächer.
"Sie nennt mich beim Namen.", raunte der Inquisitor mit seligem Schmunzeln. Er ließ seinen Blick über die vier anwesenden Banditen schweifen. Billy und Frank schauten nicht auf, denn sie schnauften schwer nach dem vielen Gerangel mit Zingrea. Bei Farlan blieb Godfrey mit den Augen hängen und seufzte dünn. "Ist das nicht rührend? Ich glaube, mein Herz für Sylvari erweicht ein wenig. Eures nicht auch, Mister Farlan? Was meint Ihr, sollen wir aufhören?" Tatsächlich hielt er inne mit dem Gestocher, nahm die Klingenspitze allerdings nicht fort. Was die Sylvari nicht sehen konnte, war dass er Farlans zerbissene Hand fixierte, an der sich mittlerweile ein schwacher Schorf bildete.
Der massige Bandit zuckte nur mit den Schultern. "Soll sie für ihren Dickschädel leiden.", gab er stumpf zum Besten.
"Das tut mir jetzt schrecklich leid, meine liebe Zingrea.", sagte Godfrey, presste kurz die Lippen aufeinander und sah zu ihr zurück. Das leise Schmerzensklagen hatte den Wortwechsel unablässig untermalt. "Aber wenn ich Euch nicht wehtue, dann ist Mister Farlan vielleicht böse auf mich. Seid Ihr sicher..." Er senkte den Blick zum Salatgemetzel auf der Tischplatte. "...dass Ihr mir..." Die Klinge wurde waagrecht und quer genommen, mit der Schneide gen Zingrea. "...Nichts mehr..." Er drückte die scharfe Stahlkante mittig durchs Stengelgewebe und ließ sie zucken. "...zu SAGEN HABT?" Krrk-knack. Sein Handgelenk knickte nach oben und keilte die Messerschneide empor, und der Stengel brach entzwei wie zwei Holzscheite, nachdem die Spaltaxt gefallen war.
Ihr Schrei war herzzerreißend, das musste er ihr lassen. Ein verzerrtes 'Mutter' klang in dem klagenden Laut mit. Godfrey fühlte einen feinen Stich, am Rande seiner Wahrnehmung. Eine ferne Erinnerung. Mutter. Aber seine Ausbildung war zu gut gewesen. Er konnte nicht sagen, dass er es übermäßig genoss, ihrem schwachen Körperchen beim Aufbäumen zuzusehen, und für einen Augenblick brachte ihn das selbst ins Stutzen. Doch er konnte immerhin auch nicht sagen, dass er sich sonderlich daran störte. Sie zitterte schwer und weinte tränenlos, und dabei sackte sie in sich zusammen wie ein nasser Sack. Um ihre Kraft war es eindeutig geschehen, und ihre farbenfrohe Borke hatte an Leben verloren. Aber sie rang sich trotzdem zu einem leeren Nicken durch.
"Herrje.", seufzte Godfrey, indem er die Klinge wieder hervorzog. "Wisst Ihr, wenn Ihr es mir jetzt nicht sagt, werdet Ihr es mir sagen, wenn ich das nächste Mal zu Besuch komme. Ihr habt immerhin noch mehr von diesen hübschen Blättern." Und damit hackte er den verbliebenen Rest des derzeitigen mit raschem Geschnippel endgültig in Streifen, ließ lediglich den dahinter blank verlaufenden Stiel übrig. Die Sylvari zuckte nur noch.
"Tötet mich einfach.", flüsterte sie. Es war kaum noch verständlich inmitten all des Gewimmers.
"Ja, das wünschen sie sich alle irgendwann, stets sehr rührend." Abwinkend nickte er seinen beiden Getreuen zu, und sie ließen endlich ab von Zingrea. Der Inquisitor legte das besudelte Messer beiseite, beugte sich ein Stück nach vorne und zog das Holzbrett mit den Apfel- und Tomatenstücken zu sich heran. Dann schob er die zerstückelten Pflanzenreste beisammen und häufte sie achtsam auf dem Brett an, garnierte sie Apfelschnitzen und Tomatenhälften, drapierte in höchster Sorgfalt die gröbsten und mit der größten Menge goldenen Blutes verschmierten Streifen obenauf. Als er fertig war, und er kam nicht umhin seine Arbeit abermals zu bewundern, sah es wirklich ein beträchtliches Bisschen aus wie ein Salatgericht, über das man ein leckeres Dressing gegossen hatte.
Zingrea hatte dazu freilich Nichts mehr zu sagen, sie sah auch garnicht auf. Sie hatte ihre dürren Beine auf die Sitzfläche des Stuhles angezogen und barg das Gesicht an den Knien. Mit gehobener Augenbraue zupfte Godfrey doch noch einen grünen Schnipsel auf seiner Kreation zurecht, bevor er zufrieden war. Seine Handschuhe waren natürlich ein wenig mit Pflanzensaft verschmiert, aber er hatte darauf geachtet, dass die weiten, weißen Ärmel seines Mantels nicht einen einzigen Spritzer abbekamen.
"Bringt sie wieder nach oben.", verfügte er schließlich. "Kauterisiert die Wunde, sorgt für die nötige Mindesternährung und bindet sie diesmal im Sitzen an, sonst verreckt sie uns an Schwäche. Auf jeden Fall am Leben halten." Leicht angeekelt rümpfte er die Nase, indem er das verschmierte Handschuhleder und die besudelte Klinge betrachtete. "Und Jemand bringe mir einen nassen Lappen."
Nachdem er sich gesäubert und angebissene Schinkenbrot aufgegessen hatte, vertrieb der Inquisitor sich die Zeit mit dem Polieren seines Dolches, den er erst fortsteckte, als Farlan nach getaner Arbeit wieder die Treppe herab kam. Der Bandenhauptmann verschränkte die Arme vor der breiten Brust und blickte erwartungsvoll zu ihm hinüber.
Godfrey zückte sein Monokel und schob es sich vors Auge; Er gedachte nicht, sich länger aufzuhalten als irgend nötig. "Verpackt das ordentlich, dass es frisch bleibt.", sagte er und deutete zum Tisch zurück. "Und schickt direkt einen Eurer Männer los. ... Wir wollen der Familie Saverio ja keinen alten Salat anbieten."
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