Müde... Sie kann ja nicht ewig wach bleiben, hat noch einiges an Weg vor sich und es wäre irrational darauf zu hoffen, nicht schlafen zu müssen.
'Was ist los mit mir? Früher war ich der Inbegriff der Selbstbeherrschung und jetzt? Hat mich die Liaison mit Seth etwa schwach gemacht?' - 'Unwahrscheinlich. Sie hat nur etwas hervorgeholt, die inneren Mauern gebrochen. Ein Geist ist wie eine Festung, Verteidigungswälle umringen sie, Türen verschließen sie. Früher waren diese Türen zu, es ging mir alles nicht so nahe.' - 'Und du hast immer nur alles in dich reingefressen, alles für dich behalten, Ärger, Frust, selbst Freude. Selbst schuld.', führt sie ihren inneren Monolog weiter.
'Nun komm damit klar, irgendwann muss es raus. Denk mal drüber nach, was kotzt dich so an?' - 'Abgesehen von einigen Kleinigkeiten, war eines der schlimmsten Sachen schon damals in Löwensteinkonflikt mit dieser ätzenden Sylvari Scarlett.' - 'Der Kampf dort war nicht einfach, aber am schlimmsten war dieses lächerliche Gezeter der Löwenschatten-Crew als wir endlich einen Gegenschlag durchführten. "Wääh, wääh, den Löwenschatten als Basis... macht ihn nicht kaputt! Das ist unser!". Schnodder hat ja wenigstens Einsicht gehabt, nachdem ich mehrmals versprochen habe nichts kaputt zu machen, auch Natalia sah die Notwendigkeit, aber diese kleinen nervigen Weiber, die unbedingt dabei sein wollten. Kinder. Weiß gar nicht wieso ich so eine unendliche Geduld mit den hatte.' - 'Mitgefühl, vielleicht? Sie sollten nicht das Gefühl haben alles verloren zu haben, nichts mehr zu sagen zu haben.' - 'Die hatten nichts zu sagen.' - 'Sollten sie etwa ihre Stadtruine selbst zurückholen?' - 'Hätten sie mal versuchen sollen, Idioten. Und am Ende, als wir ihren Pfuhl zurückerobert hatten, noch rumtönen.' - 'Wenn die Löwengarde so rumgejammert hätte: "Ohh, nicht unser Fort benutzen, das geht kaputt."', sie schmunzelt kurz ob der Gedanken, albern.
Und wie das Fort kaputt ging. 'Drecks Ätherklingen.', sie erinnert sich an die Schlacht damals im Fort. 'Zum Glück hatte Trigal die F.L.A.G. vom Löwenschatten abgezogen und an einen wirklich wichtigen Ort gebracht. Immerhin ein Luftschiff konnten wir so abwehren.'
'Was mich dort richtig störte war Trigal selbst. Nicht sein Handeln, seine Verletzungen. Ich hatte mir wirklich Sorgen gemacht aber konnte kaum etwas tun, das nervte.' - 'Ich hab getan was ich konnte. Das sagt man doch immer. Oh, und sogar ein Danke hat man hier und dort gehört.'
"Pft, Dankbarkeit ist ein seltenes Gut dieser Tage, egal von wem, Löwenstein, Silberwüste, vollkommen egal. Jeder denkt, er könnte es besser, keiner macht es bessern.", murmelt sie.
'Diese anfängliche Lernresistenz von Ayu, diese Disziplinlosigkeit von Merva, diese mangelnde Ernsthaftigkeit einiger der Asura bei uns... Hab ich alles erduldet, doch sag mal was dagegen, da wird gleich rumgezetert. Plantsch- und Badespaß in der Silberwüste...unfassbar.
Der zweite Einsatz, erstmalig Externe dabei, und Ayu dreht wieder ab. Diese Gefühlsduselei, welche die halbe Truppe die erste Woche gelähmt hat. Ich hätte diese Azumi direkt wieder wegschicken sollen. Aber nein, wieder habe ich erduldet. Mitgefühl auf Kosten... tja, auf wessen Kosten? Den Kosten des Pakts, der unseren Einsatz benötigt hätte? Auf Kosten der Effizienz sowieso.'
'Alles um die Moral hoch zu halten. Hat man dann im dritten Einsatz gesehen. Wenn sie keinen Bock haben, wieso kommen sie dann mit? Die Einsätze waren alle freiwillig, niemand musste mitkommen. Aber es ist doch wohl nicht zuviel verlangt, dass sie sich dann aus mal reinknien, wenn sie mitkommen, oder?'
'Zwei Mal habe ich sie in den Sieg geführt, schien dann wohl eine Selbstverständlichkeit zu sein. Tja und beim dritten Einsatz dann wohl die Enttäuschung. Was erwarten sie? Wir sind im Krieg. Keinerlei Achtung, große Schnauze, keinen Blick fürs Wesentliche. Alle? Nein. Belastend ist es dennoch.'
"Hm, ich sollte meine Gedanken niederschreiben, das hilft mit ihnen abzuschließen.", sie lacht kurz verbittert auf. "Therapiere ich mich gerade selbst?"
Sie legt noch etwas Holz in das Feuer und beginnt zu schreiben.
'Erkennen, stabilisieren, konfrontieren und akzeptieren.', schießt es ihr durch den Kopf.