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Bequem hatte es sich Stych auf seiner Decke gemacht und streckte die Beine langsam aus. Die Luft war gefüllt von gedämpften Gesprächen weniger Leute, das Surren von Insekten und auch knisternden Flammen. Gemeinsam hatte man sich in einem niedrigen Unterstadt darauf vorbereitet zur Ruhe zu kommen nach einem weiteren langen Tag. Es war über eine Woche her, fast schon zwei nachdem man das Mysterium um die Kultisten aufgeschlagen und zerschmettert hatte. Der Priester Marktur hatte ihn und sogar Cornerstone mit sich ins Feld gezogen, hinaus aus den sicheren Winkeln von Götterfels und in den Kampf hinein gegen Zentauren und Banditen im nördlichen Teil der Gendarran-Felder. Zurück blieben Chester und sogar die beste Rekrutin des roten Priesters, welche sich als sein eigener Spross herausstellen sollte. Langsam nur hörten seine Füße auf zu brennen. Man hatte nach dem Ausräuchern eines weiteren Lagers einen stundenlangen Marsch zurück vor sich gehabt. Selbst mit dem Sieg im Gewissen war es kein leichtes, immerhin trugen viele Rüstung und wenn nicht, so Gepäck und Gaunergut. Sehr vieles wurde an öffentliche Posten geschickt, was sowohl Mesmer als auch Diebin seither übernehmen durften. Der Rest blieb zurück und bereitete alles andere vor, wie die gemeinsame Verköstigung oder aber die Wartung der Ausrüstung. Mehr als Trockenfleisch oder selten mal gefundenes Gemüse gab es nicht, womit deftige Mahlzeiten wegfielen und auch ein ordentlicher Schmied war nicht in der Gruppe vorzufinden. Somit hatten alle mehr als genügend zu tun, bis die anderen beiden zurück waren. Der Tatsache zum Trotze, dass es sich bei dem jüngeren Blondschopf um eine Person handelte die mit Sprengstoff arbeitete, durfte er immer in der Nähe des wärmenden Feuers kampieren und auch schlafen. So viel Vertrauen schien man bereits in seine Selbsteinschätzung zu haben und es freute ihn insgeheim sehr. Sowohl der Kampf gegen die Feinde des Volkes als auch das unbequeme Lagerleben ließen ihn Blut lecken – er wollte mehr davon.
Das Lager befand sich in der felsigen Umarmung einer rundlichen Felsspalte, überspannt mit drei gekippten Planen damit der Rauch des Lagerfeuers ungehindert austreten konnte. Zwar befand man sich auf einer Erhöhung, dennoch kam man nicht umher Gräben auszuheben und allgemein die Position sogar noch mehr zu verändern. 'Sicher ist sicher', war die Aussage des roten Priesters. Man kam dem ungefragt nach und rammte sogar hölzerne Pfähle in den Grund mit den Spitzen nach außen gerichtet. Keineswegs direkt am Unterschlupf, sondern weiter draußen. Man war im Feindesland und jederzeit konnte man angegriffen werden, weswegen es der Meinung des Sprengmeisters nach etwas unsinnig war derartige Befestigungen anzubringen. Sein Einwand wurde keineswegs beschmunzelt, obwohl sich vermutlich alle mit weitaus mehr praktischer Erfahrung brüsten konnten als er, dennoch wurden die Anordnungen nicht abgeändert. Am zweiten Tag nach der Errichtung jener Verteidigungsanlagen sollten sie sich bereits als nützlich erweisen gepaart mit einigen simplen Tretminen des Jünglings, welche nachgepflanzt worden waren nach einem Gespräch mit Marktur. Man wurde frühzeitig alarmiert als zwei Späher der Harathi sie aufspürten und konnte somit einem nächtlichen Hinterhalt zuvorkommen.
Mit einem vagen Grinsen beobachtete er das Gespräch zwischen Cornerstone und jener Norn, die sonst immer im Schatten lauerte. Es war ein gewaltiges Weib mit dreckig grauer Haut, gehüllt in ein festes Gebilde aus Leder und Holz. Soweit auszumachen hatte sie sich viele Flammen in schwarzer Farbe einstechen lassen, die sowohl die Arme als auch sogar das Gesicht zierten. Unter dem ganzen leger abgewischten Dreck am eigenen Körper war das nicht auszumachen. Sie war jedoch eindeutig nicht auf den frontalen Kampf spezialisiert, denn ihre Statur war mehr von agiler Schlankheit besetzt als von blanker Muskelmasse. Ihre rotbraunen langen Haare hingen in fettigen, leicht eingedrehten Locken unter einem ebenso dunklen Kopftuch herunter und boten ein schauriges Bild für allemöglichen Kindermärchen. Doch war sie keineswegs mehr die einzige Person, die jene Tätowierungen aufwies. Selbst dem Mesmer hatte man diese verpasst, nachdem man ihm seines grauen Mantels beraubte. Eine weitaus offenere Tracht lag auf seinem hageren Leib, von den Farben her ein blasses beinah grünliches Grau mit kräftig schwarzen Umrandungen. Stahl war verstärkend gerade an dem Überschlag für die Beine angebracht und der Kapuze hatte man sogar eine schützende Gesichtsmaske zuteil werden lassen. Etwas, das dem Kerl tatsächlich am Anfang sehr gefiel, immerhin verlautbarte er damit noch mehr Verhüllung. Dass seine Arme allerdings dabei fast frei blieben und somit die auch bei ihm eingestochenen Flammen sichtbar waren, grämte ihn für knapp zehn Tage. Nun hatte er sich aber nach langer Zeit genauso in die Situation eingelebt wie Stych und machte das, was er in all den Jahren nur sporadisch tat. Er machte sich nützlich.
Der Zaishen biss sich kurz auf die Unterlippe und sah eine Weile noch links am Lagerfeuer vorbei zu jenem Gespräch, dann aus den Augenwinkeln nach rechts. Dort saß ein gerüstetes Wesen das er im ersten Moment schlagartig für eine gewisse rote Walze aus der Hauptstadt hielt. Ihm wurde einige Zeit später erklärt, dass es sich hierbei um den direkten Berater des Priester Markturs handelte. Ein Mann der organisatorischen Schlacht. Ein Taktiker. Viel sprach er nicht, was Stych in einer amüsierten Weise an Mortis erinnerte, und wenn er es tat so mit einer sehr langsamen und trägen Stimme tosenden Klanges aufgrund seines Helms, den er irgendwie nie ablegte. Wie eine alte Maschine, die man mit aller Kraft versuchte anzukurbeln und somit zur Funktion zu bewegen. Der Rüstung nach glich er einem wandelnden Waffenarsenal. Ein grober und großer Schild, eine Axt in der linken Gürtelschlaufe und eine ziemlich weit hinten rechts, ebenso aufgerollte Ketten die mit Klingen und Dornen besetzt waren. Auch seine Platten waren von roter Farbe verziert und was Stych am meisten auffiel war die graue Markierung an seiner linken Schulter und sogar dem Oberarm, da es farblich komplett aus dem Raster sprang. Einen Namen hatte er in all jener Zeit noch nicht in seine Richtung sprechen hören und auch im Kampf hatte er ihn noch nicht sehen dürfen. Irgendwie blieb er immer zurück. Jener Gedankengang sorgte dafür, dass er die Stirn etwas furchte und gedehnt durchatmete, bevor sich schwere Schritte seiner Position näherten. Blinzelnd sah er auf und kurz jenem Diener der Dwayna hinterher, der fast schon spontan mit in den Kampf hinaus gezogen wurde. Insgeheim belustigte es ihn etwas zu sehen, wie ein Mann solchen Standes leicht überfordert mit der allgemeinen Situation war. Dann fand sein Fokus zu der Person zurück, die vor ihm stehen blieb. Es war Marktur, der die Brauen ein kleines Stück hob und die Arme hinter dem Rücken verschränkte. Eine wohlbekannte Geste. „Stych.“ „Ja, Priester?“ „Ihr werdet mich nun begleiten, es gibt etwas das ich Euch erzählen und erklären muss.“ Der Blondschopf zog die Brauen selbst hinauf und verspürte einen dezenten Unwillen sich schon wieder bewegen zu müssen, aber die fast schon zu ruhige Tonlage des Gerüsteten machte ihn neugierig. Er nickte. „Ich folge Euch, Herr.“