ZitatAlles anzeigen29. Tag seit der Abreise
Ich werde diese Unternehmung vermutlich nicht überleben. Allen Anstrengungen der vorhergehenden Wochen und Monate zum Trotze, hat mich die Expedition an zwei Stellen getroffen die ich nicht zu verteidigen erwartet hatte und dies ist ein fataler Treffer, von dem ich mich seit ungefähr Anfang der dritten Woche erfolglos zu erholen versuche.
Einerseits wären da die Mordrem und ihre Bestien. Sie sind schwach, inaktiv und bieten nicht einmal im Ansatz jene Gefahren auf welche ich mich vorzubereiten gedachte. Hätte ich mich nicht versorgen lassen und wäre ich kein zusätzliches körperliches Training angegangen, ich befände mich nun in einer Umgebung die mich herausgefordert hätte. Das Gift in den eigenen Reihen ist weitaus tödlicher als alles dort draußen gemeinsam gebündelt. Hasstiraden, Zwietracht und Skepsis schlugen in jede Richtung aus, derber und schlimmer als selbst der Angriff des Patriarchen während des Fluges. Dessen Angriff konnte man schnell verschmerzen, denn es blieb nur bei einem und man stand auf einer Seite. So aber gerieten wir ins Taumeln aufgrund unserer eigenen Arme und Beine, während der stetig widerwärtiger werdende Wortfluss unsere eigenen Gedanken ertränkte. Bürokraten und Politiker die mit ihrer Meinung als Waffe in ein sinnloses Gefecht schritten, mitten in die eigenen Reihen hinein. Selbst nun, Tage nachdem man sich vollkommen abgespalten hatte, hängt mir dieser Umstand nach und lässt mich daran zweifeln was die Völker momentan unter einer Führung verstehen, oder aber einem Kampfablauf.
Andererseits wäre da Dronon. Erst jetzt, so viele Wochen später, realisiere ich überhaupt was es für ein Fehler war mitzukommen. Mein ehemaliger Rekrut fing erst an in meinen Belangen rumzubohren, bis es zu Thematiken meines direkten privaten Umfeldes kam oder aber Dingen aus der Vergangenheit. Ihm ist es vermutlich egal wie oft mich dieses zweischneidige Schwert schon erwischt hat während unserer Gespräche, denn den unterschwelligen Hohn direkt vor den Augen externer Anwesender vor gemeinsamen Feuer werde ich nicht vergessen. Ich beließ es dabei und werde es auch weiterhin nicht ansprechen, oder aber andeuten wie sehr mich diese Unterredungen grämen. Aber bei verbalen Schlägen soll es nicht bleiben.
Ich sei ein Werkzeug, so seine Worte und jenen stimmte ich zu. Was dies aber in seinen Augen offenbar zu bedeuten hatte, dies war mir nicht bewusst. Es begann schleichend während der Giftsprüherei des ersten Lagers. Ich wurde für seine Mittel und Zwecke eingesetzt wie er es brauchte, sei es nun für Übungskämpfe, der eigenen Präsentation und Darstellung oder aber schlichter Machtdemonstration. Es war meine Idee dieses Weib, Kay, unter meine Hand zu stellen und doch war es letzthin nur dafür, dass ihm Arbeit abgenommen werden sollte oder eher seine Pflicht an einem bestimmten Punkt. Er konnte sich damit auf andere Dinge konzentrieren und gleich zwei, wenn nicht sogar drei seines Gefolges waren damit beschäftigt inklusive mir. Kurz darauf begann eine Misere, aus welcher ich mich nicht mehr herauszuwinden schaffte. Ich begann immer mehr auf ihn aufzupassen und von mir aus dafür zu sorgen, dass er seinen Willen bekam oder aber schlicht beschützt war. Sicher, dem Schutz anderer habe ich mich verschrieben und ich werde auch bis zum Ende nicht damit innehalten, doch beginne ich zu zweifeln.
Zuerst waren es Kämpfe mit den Mordrem, die ich zu unserem Gunsten gedreht habe und dann wurde er zum Opfer seiner eigenen Cholerik, als er die Norn anzugreifen gedachte. Mein Handeln strebte nicht danach ihr die Klinge des Priesters in den Nacken zu schlagen, sondern ihn davor zu bewahren auf seinem Weg zum Mord von anderen aufgehalten zu werden und selbst danach nahm ich eine wachende Position ein. Sicher wollte ich den Todesstoß einstreichen und jener wurde mir verwehrt, wie sehr viele Dinge. Weitere Kämpfe kamen, diverse Streitigkeiten in unserer eigenen dezimierten Gruppe und letzthin wollte mich mein Unterbewusstsein wohl vor mir selbst bewahren, als ich Distanz zu all jenen suchte denen ich bisher gefolgt war. Es war vermutlich Vertrauen und vielleicht sogar so etwas wie Respekt gegenüber meinem ehemaligen Rekruten, der mich davon abhielt zu glauben, dass er an der momentanen Situation mitverschuldet sei und schob diese Bürde an den gesamten Rest ab. Dies war mein Fehler und die auffolgenden Konsequenzen muss ich nun durchstehen. Wie oft schon habe ich ihn beschützt, damit er seinen Kampf bestreiten konnte. Seinen Kampf, nicht meinen. Es begann bei simplen Befehlen und endete darin, dass ich immerzu über meine körperlichen Grenzen gestoßen wurde, angefangen bei der Baumfällerei samt meinem Bruch im ersten Lager und endete nun vor weit über einem halben Tag im Kampf mit einem jämmerlichen Fisch. Ich fesselte das Vieh mit einer geisterhaften Kette und der Priester begann mit zunehmender Inbrunst damit zu rangeln, doch statt sich einfach in das fremde Gefiltre zu bewegen und dem ein schnelles Ende zuzuführen, forderte er mich an diese kurzzeitige Beschwörung intakt zu halten.
Mein Körper wollte und konnte danach nicht mehr, ebenso wenig wie mein Geist der nun so träge ist als hätte ich ihn mit meinem eigenen Denken vergiftet, was auch der Fall ist. Mich packt die Lethargie und sie wird mich versumpfen lassen in Gedanken, die ich vermeiden wollte. Die physische Erschöpfung forderte zu viel Schlaf von mir und ich verpasste deswegen drei Dosierungen. Mir war gar nicht bewusst wie hilflos ich ohne meine Medikamente bin. Es war ein Fehler mitzukommen, wenn mich so etwas derartig mühelos aufhalten kann und erneut, während ich diese Worte schreibe, wird mir klar dass der Feind nicht dort draußen lauert, sondern, dass ich mir selbst im Weg stehe. Es ist die selbe Reaktion wie unter der Fuchtel von Andril mit dem ich Dronon immer mehr in den Vergleich ziehe, denn es ist sogesehen nichts anderes. Vielleicht will er sich nun endlich dafür rächen was ich ihm während seiner Ausbildung antat, mich hier draußen nicht an einem schnellen Tod verenden sondern langsam krepieren lassen.
Ich werde als Brückenelement hergenommen für Situationen denen ich mir aufgrund Unwissen nicht im klaren bin und verfange mich dadurch in einem Netz von Unzulänglichkeiten, die mir nun langsam aber sicher die Luft abschnüren. Wieder werde ich erwürgt von einer Person über meiner Position, nicht aufgrund ihres Ranges sondern ihres Handelns. Ich sollte endlich dagegen aufbegehren, aber das wäre unnütz sowie Unrecht. Fast schon ironisch wie ich mich gerade durch ihn an meine eigene Ausbildung zurück erinnere. Es würde keiner verstehen können oder wollen, nicht nachvollziehen können oder wollen und somit wäre es ein sinnloses Bestreben meinerseits mich aus dieser Falle zu winden zu versuchen. Aber ihn trifft keine Schuld, sondern alleinig mir. Hätte ich die Situation besser überblickt gehalten, wäre ich aufmerksamer gewesen, meine Entscheidung wäre vermutlich anders ausgegangen bezüglich der Nachfrage, ob ich bei diesem Unternehmen dabei sein möchte oder nicht.
Nun ist es jedoch zu spät und ich muss mit dem Umstand klarkommen, dass dies wahrscheinlich mein letzter Eintrag sein wird. Mich interessieren die Gespräche nicht mehr, die Kämpfe nicht die nicht meine sind und auch Befehle werden ab sofort nur noch befolgt. Weshalb sollte ich mir noch Gedanken machen, wenn es ohnehin sonst keiner tut auf diesem Weg. Es ist die Mühe schlicht nicht wert. Ich werde müder, als hätte mich mein Alter endlich eingeholt und ich warte nur noch darauf, dass ich einschlafe und nicht mehr erwache. Meine Kämpfe haben mir alles genommen und immer war ich bereit ihnen noch mehr zu geben, bis ich nichts mehr hatte. Nun habe ich nichts mehr und jetzt erst wird mir klar warum mich mein eigenes Weib überhaupt so sehr verabscheut - ich kann ihr nur zustimmen, auch wenn sie es nie hören wird.
Aber ich bereue nicht. Keinen einzigen Schritt bereue ich auf dem Weg zu meinem sicheren Ende. Es ist nur eine Frage der Zeit.