Bock auf Schießen


Bock auf Schießen


Ich hatte nie gedacht, dass es mir so leicht fallen würde, auf lebendige Kreaturen zu schießen. Doch genau das tat ich, auch, wenn es „nur“ ein junger Bock war. Ich hatte auf sein Herz gezielt, aber anscheinend hatte ich nur seine Lunge zerrissen und nun kniete ich vor ihm, um dem edlen Tier den Gnadenstoß zu geben, damit er nicht unnötig leiden musste. Ein junger Bock, der nie mit Stolz sein Geweih tragen konnte, nie eine Partnerin finden und nie Nachkommen in die Welt setzen würde.
Ich blinzelte ein paar Mal, als meine Gedanken wieder anfingen, sich im Kreis zu drehen und schüttelte den Kopf. „Törichte Gedanken Sienna. Hör auf, immer alles zu zerdenken und lebe im Hier und Jetzt.“ murmelte ich selbst zu mir, als ich den Bock aufbrach. Das Blut, das mir dabei über die Hände lief, störte mich schon lange nicht mehr. Ich grinste schief auf den toten Körper vor mir, als ich an meinen ersten Jagdausflug dachte. Damals hatte ich nicht darüber nachgedacht, dass mit dem Erlegen des Wilds die Arbeit noch nicht vorbei war und wäre beinahe ohnmächtig umgefallen, als ich zusah, wie das Tier verarbeitet wurde. Heute brauchte ich niemanden, der mir diese Arbeit abnahm. Ich wusste, dass es notwendig war, schon alleine, um der Natur zu danken, dass sie mich ernährte.
Während meiner Arbeit überlegte ich, wie ich das Fleisch am besten verarbeiten konnte. Es war nicht viel, würde nicht für alle reichen, wenn man es so essen würde. Doch man konnte bestimmt einen nahrhaften Eintopf machen, damit jeder satt wurde.
'Habe ich Gewürze eingesteckt? Haben wir überhaupt Gemüse eingesteckt, damit der Eintopf wenigstens ein wenig dicker wurde? Was soll ich mit dem Fell machen?' Ich runzelte die Stirn, als ich schon wieder anfing, mir über etwas Gedanken zu machen, für das noch gar nicht die Zeit war. „Eins nach dem Anderen. Für jeden einzelnen Gedanken wird die Zeit kommen und dann...musst du eben spontan sein.“ nuschelte ich und steckte mir eine lose Strähne hinter das rechte Ohr. Dabei verteilte ich das Blut des Bocks in meinem Gesicht.
'Ich sollte mir die Haare abschneiden. Sie sind lästig und es braucht Zeit, sie jedes Mal neu zu binden, wenn der Zopf aufgeht. Ich mag meine Haare eigentlich, wie sie sind...würde es jemanden anderen stören?' In meinem Kopf blitzte das Bild eines Mannes auf und ich schüttelte energisch den Kopf, dabei rutschte mein Messer ab und schnitt mir in den Daumen.
„Weißt du...da schaffst du es, aus einem Kampf ohne einen einzigen Kratzer raus zu gehen und dann schneidest du dich, weil...du deinen dummen Gedanken nachgehst. Ist doch scheiß egal, wen was stören würde oder nicht. Es sind deine Haare. Deine Gedanken werden irgendwann dein eigener Tot sein.“ Fluchte ich lautstark und arbeitete anschließend schweigend weiter. Ich musste mir eingestehen, dass ich effizienter und schneller war, wenn ich mich nicht von meinen Gedanken ablenken ließ und so war der Bock schließlich verarbeitet. Ich erhob mich aus dem Schnee, in dem ich kniete und rieb mir die Beine. Die Kälte, die ich bisher nicht spürte, kroch durch meine dicke Hose und ich fröstelte. Die Sonne war noch nicht aufgegangen und ich sollte mich beeilen, zu den Anderen zurück zu kehren, bevor sie sich Sorgen machten. Fest biss ich mir auf die Unterlippe, als neue Überlegungen in meinen Kopf schossen, um diese gleich zu unterdrücken und stand auf. Schnell stapfte ich zum Lager zurück und hoffte, dass niemand meine Abwesenheit bemerkt hatte, denn eigentlich sollte ich nicht alleine vor die schützenden Mauern der Feste. Es war gefährlich und das wusste ich...eine unbekannte Gefahr, die nicht einmal in meinen wirren Gedanken Gestalt annahm. Ich sollte vorsichtiger sein.
Aber...vielleicht legte ich es drauf an...

Kommentare 8

  • Schöne Geschichte und umgehorsame Sienna! :D
    Hoffe darauf, dass Arya genug abgelenkt ist um das zu bemerken *Fingerwedel*

  • Der Bock wird nie wieder der Kopf einer Großen Firma werden... Er hat Kopf und Kragen riskiert! Fein, Fein...

  • Haha, ich seh' Gervais da stehen, vollkommen verdattert "S..Sienna?". Er könnt nicht mal ein Karnickel häuten und hält Sienna natürlich für ein Stadtmädchen, das sowas auch nicht tut. Er wird sehr überrascht sein, wenn er sie das nächste mal sieht. xDDD

    • Es gibt einiges was Gervais nicht weiß :P
      Und ich dachte, es gibt nichts, was Gervais nicht kann^^
      "Magst ein Stück?" *hält ihm ein Stückchen rohes Fleisch hin*

    • Haha, jaha, das behauptet er gern!


      Aber tatsächlich kann er eine ganze Menge nicht, Töten gehört dazu.


      "Nee, du, lass mal."

    • :P