Tag 8; Melancholie des Abschieds und blutige Tränen.
Der Tag verlief wie all die Anderen, aufstehen, eine leichte Gesichtswäsche im Schnee, Feuer schüren und Frühstück machen. Mir erschien heute alles ein wenig wie im Traum, früh, noch bevor ich wohl recht wach gewesen war, mussten die Wachsamen aufgebrochen sein, Ulu hatte sich nicht verabschiedet. Es nagte an mir,
ich beschloss später nochmal in der Abtei zu fragen ob ich nicht ein wenig Papier haben könnte, immerhin hatte ich ja Kekse zum tauschen, und die Zogen bei den Novizen immer.
Ein erneuter kleiner Schwall an Flüchtlingen traf gegen Mittag ein, wir bauten noch ein paar Zelte auf und kümmerten uns um die verletzten und hungrigen, irgendwie hatten sich alle inzwischen ein wenig eingespielt. Die Handgriffe saßen inzwischen, jeder wusste was er zu tun hatte. Fern sah ich, während ich ein paar Kindern noch Kekse überlies von mir, die Feldpost ankommen. Innerlich hoffte ich das meine Briefe angekommen waren in Götterfels und das es meinem kleinsten aller schützlinge gut ging.
Tendaran...
Tiefe sehnsucht lag in mir, ich vermisste meinen Lindwurm mit jeder Muskelfaser meines Herzens, mit aller Seelenkraft wünschte ich ihn mir manchmal hier her, einen vertrauten kleinen Freund. Meine Erinnerung an meinen Lehrmeister und Freund Kalil. Das Bild wie er tot auf dem Bett lag, im Hause de Chardins, es verfolgte mich immernoch, wie so viele andere, Rejantes, De Ghent, Baal, Lyr, vermutlich war Aelius auch nicht mehr am Leben. Ich fühlte mich verloren auf dieser Welt, obwohl ich die Kinder um mich herum lachen hörte, sie waren weit größer als ich, handelte es sich doch um drei Menschenkinder und zwei Chaar Jungen. Als würde die
Sonne nie wieder aufgehen, als würde die Kälte niemals mehr enden und nie wieder einer den Anderen wiedersehen.
Hart schluckte ich, verabschiedete mich schon fast hastig, und streifte bis zum späten Nachmittag über das Lager und die Felsen.
Ehe ich zurück musste, das Abendessen stand an, unser letzter Sack Zwiebeln mit dem restfleisch von einem Dolyak. Zwiebel Fleisch Eintopf, das würde sie
satt machen und die Zwiebeln sorgten wenigstens noch halbwegs dafür das die Abwehrkräfte der Leute wieder auf trab kamen.
Essen ist bestandteil aller Gesundheit, vergiss das niemals, du bist genauso wichtig und musst genauso gewissenhaft arbeiten wie ein Chirug.
Großmama Nii... wie oft hallten ihre Worte in meinen Gedanken, doch auch sie war schon lange tot und ich musste weinen und weinen und weinen.
Aber immerhin nicht allein, das Zwibelschneiden, lies uns alles weinen. Wenn es nur immer nur das wäre...
Der Abend zog an mir vorbei, ich hörte zu, ich redete auch mit den Anderen aber irgendwie, war ich nicht bei der Sache, so zog es mich wieder fort vom Feuer, wieder auf meinen Aussichtspunkt. Meine Gedanken kreisten um gefolterte Alptraumhöfler, um das sterben, um all das was hier tag täglich um uns herum passierte und wohl in früheren Zeiten undenkbar gewesen wäre. Ich lächelte müde, früher hatte ich mich wochenlang eingesperrt in meinem kleinen Zimmer wenn irgendjemand aus dem Konzil in die Nebel gewandert war oder ins Jenseits.
Jetzt, hatte ich es Tag täglich.
„ Da steckst du.“
Ganz ohne Blechstimme diesmal, meine Ohren bewegten sich in die Richtung mein Kopf brauchte eine Weile um sich aus den Erinnerungen und Gedanken lösen zu können. Er war etwas ungeschickt herunter geklettert doch letztendlich landete der Söldner neben mir.
„ Was machst du hier?“ Fragte er mit fast schon kindischer neugier und ich wandte mich wieder dem Ausblick zu.
„ Nachdenken, über diesen Alptraum, ob er jemals enden wird.“ war meine Antwort.
Die letzten Gespräche hatten den Söldner und mich irgendwie zusammen gebracht, ich teilte in vielem seine Ansichten, außer in einer.
„ Ich werde mich dem Priester in den Gendarran Feldern anschließen.“
Ein Blick in sein Gesicht reichte mir um zu wissen, das ich ihn nicht davon abhalten konnte, so wie ich schon Rovere, Erian, Aelius nicht hatte aufhalten können von ihren aberwitzigen Vorhaben.
„ Es ist selbstmord und das weist du, aber geh wenigstens nicht ohne dich zu verabschieden.“
Er wollte gerade antworten als ein weißer Rabe in meinem Augenwinkel auftauchte und mein Kopf sich mit dem Flug des Vogels bewegte. Reffinja bewegte sich
auf mich zu und krächzte mir entgegen als ich auch schon den anderen Ruf hörte.
„ Shii! Shii wo bist du?!“
Was war nun schon wieder? Innerlich seufzte ich auf und betete das es keine schlechte Neuigkeit war.
Ich sollte mich so sehr täuschen...
"Da ist eine Charr, die hat deinen Namen gesagt sie ist schwer verletzt. In mir ratterte es, ehe sich zu eis erstarrte, ich hörte das Blut in meinen Ohren rauschen.
Nein Nein Nein Nein!
Das durfte nicht sein, ich weis nicht mehr was ich sagte, ich rannte nur noch ich rannte an Caait vorbei an der Sylvari und dem Mensch, ich hatte nur noch Angst.
Nein sie durfte nicht sterben, sie war eine Charr, sie hatte schon so viel geschafft, atemlos und schlitternd kam ich zum halten vor dem Notzelt nachdem ich mich durchgefragt hatte. Ich schob mich achtlos an all den anderen auf die Zeltplane starrenden vorbei.
Ein bitterer Geschmack lag auf meiner Zunge, meine Kehle war zugeschnürt und dann sah ich es, meine Angst wurde grausige Gewissheit.
„ Kali“ sagte ich leise, nicht einmal die Tränen wollten zu mir kommen so sehr umfasste mich die Angst.
„ Sie wird wieder, wir geben unser bestes.“ Ich hörte das Blut wieder lauter werden in meinen Ohren, bleib stehen wie angewurzelt.
Mir schossen die Bilder durch den Kopf, wie ich Kali das erste Mal oben am Löwenschatten begegnet war, eine Charr die mich warnte sie nicht zu berühren weil sie mir nicht weh tun wollte. Wie sie bei uns ins Gabel & Kelle gekommen war, schwer verletzt, alles unsere Gespräche, es zog an mir vorbei während ich nur wie im raum
wahrnahm das mich Unuda an ihre Seite rief ich sollte ein blatt kauen und die Paste auf die Wundränder auftragen.
Kalis Bauch war aufgerissen worden, wer auch immer das getan hatte, er hatte ganze Arbeit geleistet.
Fern hörte ich Kathleen auf mich einreden, das wird wieder, sie wird wieder gesund sie ist stark und über den Berg.
Ich konnte nicht anders, langsam stetig wie ein Bach den ich nicht mehr aufhalten konnte rannen die Tränen über meine Wangen, als wäre ich ein Fass das man nicht mehr weiter füllen konnte.
Es war so tiefer Schmerz, erst als alle anderen fort wahren und Kali tief schlief, wachte ich auss dieser Trance auf. Ich wusste nicht mehr was ich bis dahin alles getan hatte, ich setzte mich nur neben den mächtigen Schädel der Charr und strich ihr über das Fell, ich wollte nicht das sie glaubte allein zu sein. So allein wie ich mich
im moment fühlte sollte sie sich nicht fühlen. Ich war so verdammt hilflos, ich konnte einfach nur an ihrer Seite bleiben.
Auch in dieser Nacht kam der schlaf nicht über mich, aber dafür eine andere Erinnerung, einer alten Norn welche mich das Kochen gelehrt hatte.
„ Wenn sie in den Kampf ziehen, gib ihnen etwas mit, etwas das ihrem Totem entspricht oder dir sehr wichtig, die Geister können es fühlen.“ Lange überlegte ich und erst mitten in der Nacht kam mir die Idee, ich nahm zwei meiner Lederschnürsenkel die sich auch durch einfache Schnüre ersetzen liesen, zog mein Messer und Schnitt aus meinem Nacken die Hälfte einer Haarsträhne heraus um ein Band zu flechten, ich flocht jeden guten Wunsch und jeden Schutz vor jeglicher Waffe hinein der mir einfiel.
Als der Morgen sanft durch den Zelteingang hinein schimmerte, hielt ich ein geflecht in der hand das ich sorgsam in meiner manteltasche verstaute, ich war die ganze Nacht wach geblieben. Hatte über Kaliyah gewacht und ich würde es weiter tun, denn ich konnte nicht viel mehr. Aber wie einst der Mann der mich am meisten und tiefsten verletzt hatte, richtig esgesagt hatte.
Shii du kannst keine wunden Heilen.
Shii du kannst keine Scarlet aus Löwenstein vertreiben.
Shii du kannst diesen Alptraum nicht enden lassen.
Shii du kannst niemanden von den Toten zurück holen.
Aber du kannst bei ihnen sein, die Hand halten und einfach da sein, mit all deiner Kraft und Seele.
Und genau das würde ich tun.
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