Tag 9 Abschied, Bitterkeit, ein Fest?
Mein Blick schweifte über die Gräber, es waren so viele, so viele tote die dort lagen und wir hatten es nur Vater Frost zu verdanken das sie nicht zum Himmel stanken.
Wenn man zu lang auf die toten Körper sah, hatte man das Gefühl sie würden die Augen einen spaltweit öffnen, fast schon als ob sie einem zuflüstern wollten.
„ Warte es ab, nicht lang und du liegst hier zwischen uns.“ Es schauderte mich und so führten meine Schritte mich fort, hin zu dem kleinen Heißluftballon Hafen den die Königin hier hatte errichten lassen in aller Windeseile.
Viele waren hier, ich merkte nicht das er sich genähert hatte.
„ Hey, ich wollte mich verabschieden.“ Blechstimme, schon wieder dieser Helm, aber ich hörte auch schon das Metall klinkern und klicken, er nahm das olle Ding ab und sah mich an.
Mir wurde das Herz schwer, ich hasste es ihn ins ungewisse rennen zu lassen. Es tat mir weh, selten das ich zu jemanden so schnell halbwegs vertrauen fasste.
„ Umarmung! Sofort sonst Heul ich noch.“ Ich versuchte es mir nicht zu sehr anmerken zu lassen wie weh mir dieser Abschied tat. Und als er auf die Knie ging und mich umarmte, war die Chance gekommen, ich zog das Band welches ich in der vergangenen Nacht gemacht hatte hervor und legte es ihm um den Hals.
„ Auf das die Geister all deiner Wege wachen mögen und du heil zurück kommen magst.“ War alles was ich noch sagen konnte, wir verabschiedeten uns, mit den üblichen Floskeln, etwas anderes fiel uns nicht ein.
Er ging, ohne sich umzudrehen, festen Schrittes, wie sehr ich es hasste an Söldnern das sie immer so strickt waren auch sich selbst gegenüber. Alles für den Codex und der Codex hieß beschützen.
Aber war ich selbst nicht viel besser?
Für mich galt auch, alles für die Familie und meine Familie waren meine Freunde. Ich wünschte ihm alles Glück Tyrias, auf das wir uns irgendwann wiedersehen würden und er das Glück mit jenen teilte die mit auf seinen Feldzug ziehen würden.
Aber mein Kopf wurde wieder woanders gebraucht, meine Hände mussten Arbeiten, also ging es zurück ins Lager an den Kochtopf.
Das war alles was ich tun konnte, aber es half allen ein bisschen, gegen das beißende Gefühl des Hungers und der Kälte. Nachdem ich noch eine Runde durch das Lager gedreht hatte und noch einmal die Vorratsbestände gecheckt fand ich am Feuer eingerollt und im Halbschlaf Kaliyah. Sanft strich ich über ihren Nacken wie schon so oft die letzten Stunden und vergewisserte mich das dieser Puls des Lebens in ihr noch da war.
Die Stimmung war wie immer recht gedrückt, Neuigkeiten waren herein geeilt ins Lager, wie die Flüchtlinge die noch immer ankamen. Kali zog es vor mich gegen die Kälte einzupacken und rollte sich um mich herum.
War das schön warm...
Ich hatte schon fast vergessen wie sich Wärme anfühlt. So saßen wir am Feuer, redeten, tranken unseren Tee und konnten nichts anderes tun als die Nacht erneut auf uns zu schleichen zu lassen. Mir ging immernoch der Schrei der letzten Nacht durch Mark und Bein, erst später hatte ich erfahren das er aus dem Zelt der Norn kam in welchem wohl noch immer der Besitzer des Raritätenladens Löwenstein geschrieen haben musste.
Ich erschauderte erneut und merkte nicht recht wer alles sich um mich herum gesammelt hatte.
„ Du Shii?“ Ich schrecke aus meinen Gedanken auf „ Ja Nika?“ ich linste hinüber zu jener Norn die mir einst so sehr aus der Patsche geholfen hatte.
„ Meinst du kannst morgen ein bisschen mehr zu essen machen?“ Sie war schon den ganzen Tag geknickt oder ziemlich kaputt, ich machte mir ein wenig
Sorgen um die große Dame. Aber die Essensrationen waren knapp und wirklich etwas auftreiben konnten wir auch nicht.
„ Ich geh auch jag‘n dafür.“ Ich wollte lächeln wollte ihr sagen das es klappen konnte auch wenn ich schon im inneren nach kurzer Rechnerei wusste, das es nichts werden könnte, ich wollte die Norn nicht jetzt auch noch mit harschen worten fort schicken.
„ Wir werden sehen Nika ja? Ich rede mit Schnodder und wir werden sehen ob wir etwas organisieren können.“
Ein lächeln brachte ich sogar auch noch zustande für sie.
„ Ein Fest? Für die ganzen Flüchtlinge? Wie soll das gehen? Ihr kriegt das Essen gespendet damit ihr überleben könnt nicht für sowas.“ Die Stimme, ich erinnerte mich, es war Sina ich hatte sie zusammen mit Asim kennen gelernt.
Kalils Bruder, hoffentlich war er nicht in Löwenstein gewesen... ich betete darum.
„ Es könnte doch klappen, wenn die Norn jagen?“ Ich versuchte es zu erklären, aber alles wurde abgeschmettert.
Das erste Mal lies ich die Bitterkeit die ich empfand an jemanden aus und schon als ich es gesagt hatte tat es mir leid.
Ich wollte nicht so sein, ich wusste doch um all das, ich wusste das wir aufpassen mussten, ich wusste das wir alle jede Nacht halb hungrig schlafen gingen. Das wir versuchen mussten so lang wie möglich mit dem auszukommen was wir bekamen.
Ich wusste all das und all das, rüttelte an mir, lies mich verzagen.
Nachdem, alle gegangen waren und nur noch die Nachtwache draußen war, schürte ich das Feuer in der Mitte unseres Platzes neu. Ich blieb bei Kali, wir
verbrachten die Nacht draußen, lange starrte ich in den Himmel und betete.
Für alle die von uns gegangen waren, für alle die noch kämpften, für alle die in den Lagern waren, einfach für alle für ganz Tyria. Bis mir die Augen zu fielen und ich einschlief, dicht gekuschelt in das warme Fell meiner Freundin.
Und von Wesen träumte, die alle geisterhaft schimmerten und doch waren sie in meiner Nähe.
Ein Falke
Ein Rabe
Ein kleines Rudel
Wölfe
Ein Skorpion
und viele mehr die ich nicht vergessen wollte und deren Seelen mir vertraut waren.