Ein Neustart

Jelena lag im Obergeschoss im Bett und kuschelte mit Winter, die sie mit unter Ihrer Decke gebunkert hatte, als die Türe geht und den Hausherren selbst - Dylan Lesarius - ankündigte. "Ich bin wieder Zuhause!", erklingt seine Stimme aus dem Erdgeschoss.


Die Blonde hatte heute sicher mindestens eine geschlagene Stunde damit verbracht zu heulen. Unter der Decke fühlte sie sich aber wohl, geborgen und spendete wärme. Ein paar eingetrocknete Tropfen schmückten den Brief von Ralik Radashi, der noch immer unten lag und auch heute Morgen schon dort lag und für diese miese Stimmung sorgte. Wenn schon Jelena nicht verlässlich war und keinen Mucks tat, so war zumindest auf Winter - die Beagle-Dame mit den eisig blauen Augen - verlass. Sie schnuffelte unter der Decke hervor und bellte dem Hausherren als Antwort.


Leises Knarzen der Holzstufen begleiteten Dylans Schritte, als er die Treppen heraufsteigt. "Liebes?", hörte sie ihn leise fragen, dass erst jetzt ein rühren ihrerseits auslöste. Erst die Hand, dann das leichte fort schlagen der Decke, ehe das Deckenmonster höchstselbst da mal hervorkommt, einmal herzhaft gähnt und dann der Oberkörper folgte, so das die Vernom saß. Dylan ließ sich langsam auf der Bettkante nieder, ihr halb zugewandt und sie merkte, wie seine Sturmgrauen Augen besorgt über ihr Antlitz fuhren. Er strich ihr mit der Rechten sanft eine Strähne aus ihrem Gesicht. "Heute mal ein Tag im Bett, mhm?" Seine Worte waren bar jeglichen Tadel.


"Mhhhjaaa.", zog die Frau in die Länge, kniff die Augen schuldbewusst zusammen und nickte müde zu Winter. "... nicht ganz." Zumindest war sie mit ihr Gassi gegangen, aber all ihre Kraft reichte nicht um sich gescheit Essen zu machen. Er würde es wissen, dachte Jelena. Es fehlte kein Nahrungsmittel, Geschirr wurde nicht beschmutzt... und sie war blass. Außerdem fehlte es ihr an warmer Aura, die der Elementarmagierin sonst angehörte. Sie war definitiv niedergeschlagen. Für einen Moment war die Stirn des Bleichen gerunzelt. Er beugte sich herunter um sich seiner Stiefel zu entledigen und die Beine zum Schneidersitz heran zu ziehen. "Komm her.", forderte er und seine Arme öffneten sich um sie in seine Arme zu schließen, die sie zu gerne annahm. Sie hatte ihr Gesicht abgewandt, so dass ihm ein paar ihrer Haare am Bartschatten kitzelten. Einige verirrten sich auch an seinen Lippen, die pustete er getrost fort.


"Was bedrückt dich? Doch nicht etwa Raliks Brief?", kam es, als er sein Kinn auf ihren Kopf absetzte. "Doch!", protestierte die ehemalige Floristin jammernd. Der Körper schüttelte sich, als ihr ein leises Wimmern entflieht. "Sehe ich so Hilfsbedürftig aus? Und selbst wenn; womit habe ich das verdient?! Jeder möchte mir aus der Patsche helfen, aber ich kann nichts - absolut gar nichts bieten, oder zurückgeben.", wurde die Schimpftirade begonnen. "Das stimmt nicht.", fuhr er ihr bestimmend in den Monolog. Er schenkte der Wange einen sanften Fingerstrich. "Du gibst doch immer und überall, dass was du kannst. Du hörst zu, bindest die Leute ein, bezahlst für Andere... Ich finde es nicht verkehrt, dass nun auch du an der Reihe bist, dir endlich ein wenig erfüllen zu können, meinst du nicht?"


"... aber Marth hilft mir auch schon ständig, hat mir einen Wohnraum gegeben und mich an Traba vermittelt, die mir auch eine große Hilfe ist. Oder Thrascias, der mir hilft mit der Elementarmagie. Jetzt will mir Ralik auch noch helfen...", schnaubt sie und wieder vibriert der Körper. Diesmal weinte Jel still. Die Tränen brachen nur so aus ihr heraus. "Wenn du nicht möchtest, dass andere Leute sich dir dankbar erweisen, darfst du Ihnen keinen Grund geben.", gab der Canthaner wenig Hilfreich von sich. "Jel, das wäre doch deine Chance finanziell gänzlich unabhängig zu sein. Ein Neuanfang!" Dylan wirkte so überzeugt, dass es sich beinahe schlecht anfühlte daran zu zweifeln, aber das tat sie.


"Nein, kann ich nicht. Da sind noch die Schulden, dann bräuchte ich eine Verkaufsfläche - am besten einen Laden... und ein Konzept was gut funktioniert." Ihre Stimme wirkte gedämpft, rau. Der Brustkorb schnürte sich immer mehr zu. "Ich habe damit abgeschlossen, jemals etwas eigenes zu machen. Einen eigenen Laden. Das soll mir verwehrt bleiben."

Sein Lächeln wirkte unfassbar dünn, als er in seine Innentasche des Mantels griff, aus der er ein großes, klobiges Säckchen zieht und ihr auf den Schoß legt. "Nun, ich habe damit noch nicht abgeschlossen. Im Gegenteil. Ich habe mir die Freiheit genommen, ein paar Ressourcen zu mobilisieren und den Vorgang etwas zu beschleunigen"


"Womit abgeschlossen?" Kam es, als habe sie völlig vergessen worum es überhaupt geht. Ihr Gehirn war benebelt von ihrer eigenen Negativität, dass kaum mehr etwas zu ihr durchdringt. Mit ihren Handoberflächen wischt sie sich grob die Tränen weg und zieht undamenhaft den Schnodder hoch. "Was... soll das denn sein? Dylan...", mahnte die Stimme. Sie mochte nicht nachsehen. "Dein Neustart.", wiederholt der Canthaner ruhig seine Worte und hob sein Kinn etwas an. "Ich habe gewusst, dass du meine Ersparnisse dafür niemals akzeptieren würdest. Also habe ich die vergangenen Wochen genutzt, überschüssige Gelder zu sparen und ein paar weniger notwendige Gegenstände zu liquidieren." In ihrem Kopf fielen die Groschen sehr langsam. "Mein... Neustart?" Man konnte das Gehirn hinter ihrer Stirn arbeiten hören. Neugierde siegte über ihren falschen Stolz. Sie griff nach dem Säckchen, pulte es vorsichtig auf, als ihr Röllchen voller Goldmünzen in den Schoß purzelten. 25 Rollen im Wert von 10 Goldmünzen. Als sie zählte, zitterten die Hände so stark, das sie die Röllchen kaum halten konnte. Nach etwa 11 Röllchen hörte Jelena auf zu zählen.


"Das sollte genug sein um deine Schulden zu tilgen und noch ein paar Münzen übrig zu haben. Für genau diesen Neuanfang.", hörte sie seine Worte neben sich, wie Worte, die viel zu weit Weg waren. "Nein... nein... nein... das kann ich nicht... ich...kann das nicht an-", doch den Satz kriegt sie nicht beendet, da doch ein kleiner Nervenzusammenbruch über die Frau kam. Der Zustand war kaum zu beschreiben. Das einzige was sie fühlte war Überforderung und Stress. Das weinen, dass ihr die Luft raubte, schien den Baron etwas aus der Fassung zu bringen. Er hatte nicht mit so einer heftigen, ergriffenen Jelena gerechnet und zog sie deshalb enger in seine Arme. "Shhhh.", machte er dabei leise und beruhigend und strich ihr sanft über den Hinterkopf. "Tief atmen, Liebes...", hörte Jelena ihn flüstern. "Ich möchte doch sehr hoffen, dass du es annehmen kannst und wirst... ansonsten war das eine Menge Mühe für überhaupt keinen Nutzen. Ich habe das Gold bereits und es ändert nichts an meiner Situation. Für dich bedeutet es Unabhängigkeit. Von deinen Gläubigern, von Freunden und von mir. Nutze es, um endlich das zu machen, was du machen willst, mh?" Die Worte waren pragmatisch, wie Dylan eben war.


Nach all den Strapazen der letzten Jahre, sollte das alles ganz plötzlich zu Ende sein? Das fühlte sich so surreal an, das es kaum vorstellbar war und das diese Situation hier tatsächlich stattfand! Sein beruhigen half nicht. Zumindest nicht sofort. Die Blonde japste geräuschvoll und angestrengt nach Luft, als nun jedweder Sauerstoff aus den Lungen gewichen war und sich an Dylan ausweinte, das die Tränen seinen Anzug durchnässten.


Sie traute sich kaum es anzusprechen, aber irgendjemand musste sie ja wecken. "Bitte... bitteee~, kneif' mich!", flehte sie den Mann an.






An der Stelle möchte ich mich bei Avemir für das bisher herzige, spannende und tolle RP bedanken!

<3

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