Mit einem leicht verzogenem Gesicht drehte Stych noch die letzte Schraube in das filigrane Konstrukt vor sich hinein und atmete auf, als sich ein leises Klickgeräusch stetig erhob. Die Taschenuhr funktionierte endlich wieder. Vorsichtig klappte er diese zu und schob sie zu zwei weiteren gleicher Art. „Geht doch.“, schnaubte er aus und lehnte sich bequem in seinem Stuhl zurück. Die Beine winkelte er unter der Sitzfläche an, nur um sich mit einem herzhaften Gähnen zu strecken. Schultern und Rücken knarzten leise vor sich hin. Ein plötzliches, recht fieses Stechen auf seiner Brust ließ ihn dann zusammen schrecken und wieder aufrecht hinsetzen. Mit verzogenen Mundwinkeln sah er zu seinem hellen Hemd runter und wartete ab. Eine fast schon flach anmutende Brust sah er dort ob des Winkels. Der Stoff blieb wie er war. „Das war knapp.“, seufzte er. „Chester hätte mir den Arsch aufgerissen, wenn die Naht wieder aufgeplatzt wäre.“ Er hob die linke Hand zu seinem Gesicht an und nahm seine Brille runter, die er neben sich auf die Tischplatte legte. Ein hässliches Gestell aus verschiedenen Metallen, die unförmig und teilweise schief ein dennoch passables Brillenkonstrukt darstellten. Ohne diesem noch einen Blick aus regelrecht intensiv beigenen Augen zu schenken, richtete er sich dann auf und schlenderte durch den spartanisch eingerichteten Raum hinüber zum Schrank, der genau in der anderen Ecke stand. Ein Bett wartete einladend links neben ihm und auch die Decke war zur Seite geschlagen, bereit seinen Leib einzufangen, wenn er sich hätte dazu hinreißen lassen. Stattdessen landete allerdings sein Hemd darauf, dicht gefolgt von dem Paar Socken, das er trug. In Hose und Hemd stand nun der jüngere Erwachsene sehniger, sowie hochgewachsener Statur dort und sah eine Weile nur schweigend mit leerem Blick auf das Gehölz vor sich. Am Fuße des Bett war ein schmales Fenster, durch welches ein paar Sonnenstrahlen hinein fielen, ansonsten allerdings recht gering eindrangen, war das Loch in der Wand doch zu einer Gasse ausgerichtet. Schmuck, Zierde oder aber andere Dekorationen, wie Blumen oder aber ein Gemälde, fehlten in diesem Raum. Er öffnete die Schranktüren und entnahm ein ganzes Bündel aus schwerem Stoff, das zum großen Teil sogar noch mit Metall verstärkt war. All jenes begann er sich langsam anzuziehen. Nicht, dass er sich hat Zeit nehmen oder aber vorsichtig sein wollen. Es war eine Routine für ihn geworden erst die eigentlichen Oberteile anzuziehen, sie wieder auszuziehen und dann in richtiger Reihenfolge zu beginnen, fortzufahren und auch darin zu beenden. Er wusste nicht einmal warum. Zuletzt folgten die Socken, die Stiefel, Stulpen und auch letzte Schlaufen. Äußere Taschen wurden mit kleineren Päckchen gefüllt und sogar zwei Pistolen fanden unter den feisten Gehrock seines Mantels. Sogar ein Feuerzeug kam mit in eine Gürteltasche. Mit weitaus schwereren Schritten ging der Zaishen dann zu seinem Tisch zurück, lehnte sich vor und pustete eine dortige Kerzenflamme aus, woraufhin sich das Zimmer zumindest etwas mehr ins Dunkel versetzte.
„Schon mitbekommen?“, hörte er Chester, als er in seinem gesamten Ausrüstung aus dem Zimmer trat. Er sah stirnrunzelnd zu ihr rüber, der Blick bereits wieder von den Gläsern seiner Brille verdeckt. Langsam drückte er mit seiner linken Hand die Tür zurück in den Rahmen, während er die ältere Ärztin dabei beobachtete, wie sie einen Korb ausräumte. Einiges an Gemüse, gefüllten Gläsern und auch zwei Brotlaibe fanden auf den Tisch nahe einer schmalen Küchenzeile. „Von was?“ „Der Novize ist verstorben, gerade draußen aufgeschnappt.“ Der Blondschopf zog die Brauen zusammen und harrte so einige Zeit aus, was sie dazu veranlasste inne zu halten und ihn still zu beobachten. Er erinnerte sich an das Gesicht. Langsam nickte er und atmete leise aus, die Mundwinkel ein Stück verzogen. „Kommst du damit zurecht?“, erkundigte sich Chester schließlich weitaus ruhiger, als mancher von ihr gewohnt war. Er nickte wieder. „Ja, ich.. es ist in Ordnung. Ist nicht die erste und auch nicht die letzte Person.“, murmelte er darauf los. „Es ist wirklich schade um ihn, ich konnte ihn gut leiden.. aber man sollte sich nicht festklammern.“ Sehr leicht furchte die Ärztin ihre Stirn, nur um dem Zaishen bedächtig zuzunicken und angedeutet zu schmunzeln. „Schön, dass du damit klar kommst.“, entgegnete sie ihm und räumte auch den Rest des Korbes weiter aus. Auch er schmunzelte und schwieg. Er tat es, weil sie es tat. Insgeheim war er froh, dass er ihr damit nicht noch weitere Bürden hat auflegen müssen. Solange er ruhig war, war auch sie es. „Wohin möchtest du eigentlich in der Aufmachung?“, hinterfragte sie schließlich und verstaute den leeren Korb in einer niederen Vitrine. Ihr Blick wanderte forschend über seinen vollgepackten Leib, der aussah, als wäre er kurz davor in den nächsten Krieg zu rennen. Leicht hob er die Schultern an und schnaubte tonlos, als er das Metall scharren spürte. „Draußen einfach etwas herumlaufen.. vielleicht etwas schneller gehen. Muss mich irgendwann wieder an das Gewicht gewöhnen.. keine Sorge, ich werde nichts heben oder die Brust anderweitig irgendwie belasten.“ „Das will ich auch von dir hoffen, Bursche. Ansonsten komme ich wieder mit der Jodlösung an.“ Sie warf ihm einen mahnenden Blick zu, was ihn das Gesicht verziehen ließ. Dennoch grinste er matt, als sie ihm den Rücken zuwandte, um den Einkauf in die Schränke einzuräumen. Er war froh, dass er bei ihr sein konnte. Sie barg etwas, das er schon so lange misste. Zwar konnte er nicht einschätzen was es war und auch nicht wirklich darauf zeigen, aber er mochte es. Beobachter hätten ihn als verlorene Seele bezeichnen können und er hätte es nicht verneint. „Dann pass auf dich auf und komm nicht so spät wieder zurück. Ich brauche deine Hilfe bei einigen Arbeiten hinten in meinem Labor.“ Aus seinen Gedanken gerissen hob er den Kopf an und nickte ihr zu, auch, wenn sie es nicht sehen konnte. „Werde ich machen.“ Damit ging er hörbar zur Tür rüber und hielt inne, um einen Rucksack in Form eines blauen Quaggans von der Wand zu nehmen, direkt neben der Ledertasche der Ärztin hängend. Er schulterte ihn über, steckte die Arme durch die Schlaufen und zurrte diese etwas straffer, damit sie auf den Schultern sitzen blieben, egal, wie sehr er sich bewegte. Der Stoff war spürbar gefüllt. Damit trat er dann wortlos hinaus und zog die Tür leise hinter sich zu.