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„Du bist!“ „Das ist geschummelt!“ Kichernd rannte der Junge dem Mädchen hinterher, um dieses nun zu fangen. Viele Kinder tollten unter der warmen Sonne, beobachtet von ihren Eltern, die am Rande der Wiese standen, sich ab und zu mal unterhielten oder aber von ihren Kindern mit ins Getümmel gezogen wurden. Nahe jener größeren Wiese ragten bereits die Häuser Tonteichs aus dem Boden und hinauf zum Himmel, teilweise recht lange Schatten werfend, die ebenso gut besucht waren wie die sonnigen Stellen. Die Luft war erfüllt von Gelächter, dem Surren von einigen wenigen Insekten und auch dem Geruch nach warmen Gras.
Direkt und keineswegs darauf bedacht irgendwie wenig aufzufallen, trat Cornerstone aus einer Gasse heraus und schritt geradewegs auf die Wiese zu. Einige sahen ihm nach, doch kümmerten sie sich nicht weiter, während wiederum andere ihre Kinder zurück hielten, oder aber sich aufmerksamer aufrichteten. Mehrere spielende Gesellen passierte er einfach, wich ein jenen elegant aus, die in ihren Fangspielen zu nah an ihn kamen und ignorierte die, die ihn ansprachen. Doch dann wandte er mitmal den Kopf ein Stück nach links und sah zu einem blonden Burschen hinab, der just in dem Moment seinen Blick kreuzte. Das fahle Türkis des Mesmers wurde kurz kräftiger und auch die orangenen Iriden des Jungen schimmerten für einen Moment golden. Dann trat der Ältere wortlos weiter und von der Wiese weg zu einigen Bäumen. Der Junge folgte ihm auf. Viele Kinder sahen ihm nach und begannen zu tuscheln. Die ersten Erwachsenen traten dem ungleichen Gespann langsam hinterher, sahen sich nach einem handelnden Elternteil um. Dann, endlich, eilte ein Mann dem Jüngling hinterher und streckte die Hand aus, um ihn an der Schulter zu packen. Cornerstone blieb abrupt stehen und spannte sich sichtbar unter dem grauen Mantel. Erneut drehte sich sein Haupt ein Stück zur linken Seite. „Hör auf damit!“, brüllte er erzürnt.
Der Bursche lachte leise auf, was den Älteren dazu verleitete sich umzudrehen und sofort die Augen stark zu verengen. Die Sonne stand nicht mehr und es regnete Asche. Das Dorf brannte lichterloh vor ihm, das Gras war gräulich geworden und die Körper dutzender Brandleichen lagen grotesk verdreht im Dreck, einige in normal liegender Pose und andere wiederum so, als hätten sie versucht sich selbst die eingebrannte Kleidung aus dem Fleisch zu reißen, bevor sie doch erfasst waren. Es stank fürchterlich. Statt dem Jungen stand nun Jacob dort, der die Arme vor der Brust verschränkt hielt und dem älteren Mesmer aus noch immer goldenen Augen entgegen sah. Cornerstone schnaubte tief aus, verengte seine Lider und zog einen schmalen Stoff unter seiner Halsöffnung hervor, den er sich über die Nase zog, um die widerliche Luft nicht einatmen zu müssen. „Du weißt wie sehr ich das hasse, hör auf damit.“ „Zwingt mich dazu, Meister. Allerdings muss ich mich ohnehin sputen.. man erwartet mich woanders.“ Der Ältere zog die rechte Braue ein Stück hoch. „Du nennst mich immer noch so?“ „Natürlich nenne ich Euch noch so, weshalb auch nicht?“ Langsam und pirschend trat er um den Jüngling herum, der keinen Ansatz machte sich mit ihm zu drehen. Unachtsam stieß der Mesmer einige Tote dabei von oder aber mit sich, ignorierte sie und auch die schmatzenden Geräusche, die dabei entstanden. „Weshalb wolltet Ihr mit mir sprechen?“ „Es geht um die zweiten Handel der letzten-“ „Treffen? Sie sind hinfällig geworden.“, schnaubte Jacob aus und schüttelte den Kopf. „Wir kommen weder vor noch zurück, solange wir die Situation nicht einschätzen können.“ „Wo ist Dieb?“ „Nicht hier, Meister.“ „Hör auf damit..“, zischte Cornerstone, der indes wieder vor dem Burschen angekommen war, der genauso verhüllt war wie auch der Mann vor ihm, dem er ungefähr bis zum Schlüsselbein reichte. „Konntest du Kontakte zu den anderen aufbauen?“ Jacob schüttelte den Kopf. „Leider nicht und ich muss auch zusehen, wie ich das mit Kassis und Ritam geregelt bekomme. Sie werden mit der Zeit immer aufmerksamer, da der Abaddon-Kultist uns irgendwie die gesamten Monate über hat beobachten können.“ Der Ältere furchte die Stirn ein Stück. „Hieß es nicht, dass er all die Jahre weggesperrt war, oder habe ich was nicht mitbekommen?“ Der Jüngling wandte sich wortlos ab.
„Warte!“, feixte Cornerstone und ging ihm sofort nach, nur um zu stocken, als sich die Szenerie nach zwei seiner Schritte bereits wieder verändert hatte. Sie standen mitten in den Zittergipfeln. Der Wind fauchte johlend an ihnen vorbei, brachte schneidende Kälte und einige Schneeflocken mit sich, während ihre Schritte nun zu knirschen begannen. Skeptisch sah sich der Ältere mit verkniffenen Augen um, betrachtete nahe und fernere Hügel, Baumwipfel und auch einige Tiere, die ihres Weges gingen. „Jacob..“ „Ihr habt gesagt, dass Ihr es nicht mögt.“, rechtfertigte sich der Jüngere sachlich und wandte sich ihm wieder zu. „Ich habe eine Frage.“ Cornerstone blinzelte und sah zu ihm. „Welche?“ „Was hat es mit diesem Relikt zu tun, weswegen Ritam seit Wochen bereits aggressiver ist?“ „Relikt?“, hinterfragte der andere Mesmer und verzog das fast gänzlich verhüllte Gesicht etwas. „Von was sprichst du?“ „Der Dolch des Zaishen.“ Der Ältere weitete die Augen mitmal realisierend. „Was ist mit dem Ding?“ „Ihr kennt es?“ „Er hat mir zumindest davon erzählt.. will dieser Irre das Teil wirklich, weil es-“ „Vermutlich.“, schnitt Jacob ihn ins Wort. „Allerdings vermute ich, dass er sich irgendein wichtiges oder mächtiges Material erhofft.“ „Das für eine Stiefelklinge eingeschmolzen wurde..“ „So in der Art.“ Die beiden sahen sich mehrere Momente lang nur entgegen. „Wegen diesem Scheißteil so ein Chaos?“ „Hinterfragt nicht die Entscheidungen eines Wahnsinnigen.“, schnaufte der Jüngling, woraufhin der Ältere etwas nickte. „Da hast du einen Punkt.. weitere Vorgehensweisen, oder Pläne?“ „Nichts, das ich wüsste.“ „Jacob..“ „Wir haben einige Vermutungen, dass man deine Gruppe auseinander treiben und sie dann einzeln 'ausfragen' möchte.“ „In Form einer Inquisition?“ „Eher einer Folter mit Todesfolge, wie beim Zaishen.“ Cornerstone schüttelte den Kopf und ging unstet umher, wobei der dabei zerdrückte Schnee abermals zu knirschen anfing. „Wir werden das nicht zu dritt schaffen, Jacob.. auch nicht zu viert.“ „Soll ich ihn auch noch dazu holen?“ „Wenn du die Kontakte zu ihm hast, dann wäre das wirklich sehr hilfreich.“ Der Ältere hielt inne und wandte sich erneut Jacob zu. Abermals hatte sich die Umgebung verändert und sie standen nun in einer Waldlichtung. „Nun gut.“, verkündete der Jüngere und nahm die Arme aus der Verschränkung. „Morgen dann?“ „Selber Treffpunkt.“ Damit zersprangen beide gleichermaßen in feine Kristalle.