„Du wolltest uns sehen?“ Dogrem sprach Ritam unerwartet direkt an und auch das Duzen war neu hinzugekommen, weswegen er sich einen regelrecht mahnenden Blick von Sennis einfing. Der blonde Mann hingegen, soeben Platz auf einer der Steinbänke in jenen vermeintlichen Gemeinschaftsräumen nehmend, ließ sich davon zumindest augenscheinlich nicht ergreifen. Stattdessen legte er den linken Unterschenkel auf den rechten Oberschenkel und ließ den Fuß – welcher nun in den Raum ragte - wippen, der von einer fusseligen Pantoffel weißer Farbe erfasst war, genauso wie der andere Fuß. Der Attentäter, welcher ihm gegenüber saß, richtete den Blick langsam auf das plüschige Gesicht jenes Widderwesens, das ihm – als Schuhwerk – entgegen sah und ihm sogar die Zunge bleckte, während kleine Hörner aus Wollstoff seitlich angenäht waren. Auch Sennis, selbst mitten im ziemlich leeren Raum stehend mit den breiten Armen vor der noch breiteren Brust verschränkt, schenkte dem Gebilde einen kurzen Moment ihrer Aufmerksamkeit. Ein letztes Mal kreuzte der Attentäter den Blick mit den schwarzen, ebenfalls angenähten Knopfaugen des Widders und sah dann dem Besitzer entgegen. „Nun, wie war der Einfall in die Hauptstadt?“ Sennis gab ein tiefes Schnarren von sich, sah fast schon aufgebracht zwischen den beiden her. Die Stille im sonst leeren Raum versprach nichts gutes und sowohl Dogrem, als auch Ritam mieden es offensichtlich ihr entgegen zu sehen. Stattdessen starrten sie sich eisern an, auch, wenn der Diener des Chaos dabei angespannt mit dem Kiefer mahlte. „Was für ein Einfall?“, bratzte das rote, wenn auch nicht behelmte Ungetüm schließlich was beide Männer zusammen zucken ließ. „Ich war in der Stadt.“, zischte Ritam schließlich zu ihr rüber und scheuchte abwimmelnd mit der rechten Hand zu ihr rüber. Den Blick hob er dabei nur flüchtig vage in ihre Richtung, jedoch nicht direkt zu ihr rüber. „Und auf dem Rückweg dann habe ich euch abgeholt.. aber das ist etwas anderes.“ „Warum genau warst du nun dort?“, brummte Dogrem dazwischen und setzte sich weitaus bequemer auf seiner Seite der Einlassung hin. Dadurch rutschte sein Blick kurz unter dem Tisch hindurch zur zweiten Pantoffel, was vermutlich der Grund seiner sich daraufhin schließenden Augen war und auch von dem tiefen Grummeln, das zeitgleich seiner Kehle entsprang. Der Kultist indes griff durch die Halsöffnung unter sein weites, ärmelloses Hemd und zog ein metallisches Gebilde heraus. Es mutete für einen kurzen Augenblick filigran an, doch stellte es sich schnell als fast schon abstraktes Gestell heraus mit einem Nasenbügel und sogar runden Einlassungen für Linsen. Dogrem öffnete die Augen und sah zu jenem Metallkonstrukt hinüber. „Das gehört doch diesem Burschen, der Kassis eingeheizt hat.“ „Wie gesagt.“, setzte Ritam an und kreiste die schmaleren Schultern etwas hinter. „Ich war in der Stadt.. und habe ein paar Besuche abgehalten.“
„Hast du ihn umgebracht?“, grummelte Sennis, woraufhin Ritam abermals in ihre Richtung hin abwinkte. „Ich sprach von Besuchen, nicht von Morden.“ Dogrem sah verstimmt zu ihm rüber, während sie abermals das Wort erhob. „Hast du überhaupt ein Gespräch mit ihm geführt?“ Der Kultist stöhnte genervt. „Nein, habe ich nicht.“ „Du bist noch nutzloser, als Kassis.“, schnaubte der Attentäter aus und stockte sofort. Er realisierte offenbar sehr schnell, dass es keine gute Idee war diesen Gedankengang laut zu äußern. Binnen weniger Augenblicke war er Mittelpunkt beider Aufmerksamkeit, was sein linkes Augenlid kurz etwas nervöser zucken ließ. Der vermeintliche Versuch die Augen zu verengen verlief sich in einem katastrophalen Mimikspiel. „Wo ist er eigentlich?“, zischte Sennis schließlich nach geraumer Zeit des gnadenlosen Niederstarrens des Attentäters, ehe sie wieder zu Ritam sah. Dieser hob die Schultern an. „Ist momentan in seinem Unterschlupf und.. wahrscheinlich noch am nähen.“ Eine Weile sahen sich die beiden an, während Dogrem es sich nicht nehmen ließ mit den Augen zu rollen. Schließlich wandte sich der rote Koloss ab und verließ den Bereich, unter dumpfem Scheppern hörbar einen der vielen Gänge entlang gehend, ehe die Geräusche verstummten. Schließlich kreuzten sich die Blicke der beiden Männer wieder. „Du warst in der Stadt, du hast die Brille geklaut und bist nun hier?“ Ritam winkte abermals ab und wippte erneut mit dem linken Fuß herum. „Nein, nein.. wir waren vorher noch in Shaemoor, wir waren auf der Suche nach einem neuen Haustier für Kassis – wir haben gleich zwanzig gefunden – und danach erst gingen wir in die Stadt. Nicht in dieser Reihenfolge, aber so ähnlich.. und vorher habe ich Sennis noch von wo abgeholt, aber das muss dich nicht wirklich interessieren.“ „Wieso erzählst du es mir dann..“ „Hinterfrage nicht mein Tun.“ Eine Weile sahen sich die beiden nur an. Schließlich seufzte Dogrem auf und zog die Schultern ein Stück hoch. „Du wirst jetzt wohl wieder in die Stadt gehen, die Brille abgeben und einen weiteren Besuch dabei abhalten wollen.. nicht wahr?“ Ritam schnaubte amüsiert und steckte das Gestell zurück ins Hemd. „Eigentlich nicht.“ „Eigentlich nicht?“ „Nein..“ Er griff sich beidhändig an den Hinterkopf und straffte den Gummizug des Haarbands nach, welches seine blonde Mähne zügelte. „Eigentlich hatte ich es auf eine direkte Nachfrage für das Relikt abgesehen.“ Abrupt stand er mitmal auf und ging gedämpften Schrittes auf einen weiteren Gang zu, der aus dem Raum führte. „Und auf einen Mord.“ Dogrem blieb sitzen und ließ ihn gehen, während er starr vor sich auf die steinige Fläche sah und den sich entfernenden Schritten lauschte.