Das Gewicht der Vergangenheit
Wie ein Donnerhall war das Gerücht durch den Klan gehallt. Plötzlich und völlig unvorhergesehen war es da gewesen. Das Echo der Vergangenheit, hinaufgeholt aus der Tiefe der alten Gewölbe und ins Dämmerlicht der Gegenwart getragen - hinausgelöst aus alten Runenschriften und getragen in die Wirklichkeit. Eine Spur sollte es sein, ein Hinweis, und war er noch so vage. Gerade die Älteren der Norn mochten es kaum glauben, waren sie doch schon so lange in Hoelbrak. Sie waren aufgewachsen mit den alten Geschichten schon seit Kindertagen. Mehr und mehr waren jene genau das geworden: Geschichten, die abdrifteten ins Reich der Legenden. Umso verständlicher, dass das Gerücht eine solche Wucht besaß. Nichts Geringeres als die Spur der Flamme des Nordens, dem legendären Schwert des Klans ((NornRP // Klan) IC Sagen und Legenden rund um den Hochgipfel-Klan und Keryast - Der Hochgipfel-Klan - Drakkarsee.de Rollenspiel Plattform) , war dem Reich der Legenden entrissen worden.
Die Ältesten hatten wohl entschieden, dass die Welpen sich beweisen sollten. Die Mikkonen-Geschwister mit der Last ihres Namens, die blonden Krieger - von denen einer länger auf Reisen gewesen war als der andere, eine Heilerin, ja selbst der Koch des Heimkehrers, eine Schülerin des Wolfs und dazu noch eine bisher völlig fremde Jungnorn, der man das dritte Auge nachsagte, hatten Hoelbrak in Richtung Norden verlassen. Eine höchst seltsame Zusammenstellung, wenn man die Leute danach fragte; und wäre die Sache nicht so bedeutsam für den Klan, würde es sich wohl auch eher wie ein Witz lesen.
Die ersten zwei Reisetage
Man war früh morgens aufgebrochen, lange noch, bevor sich die brennende Himmelsscheibe über den Rand der Berggipfel geschoben hatte. Im Gänsemarsch, je nach Befindlichkeit dick in Kleidung eingehüllt, und schwer bepackt, war es gen Norden gegangen. Von Decken, Seilen, Kochtöpfen, Brennholz, Fackeln und Zunder bis hin zu Schaufeln, Waffen, Medikamenten, Dolyakfleisch- und Milch und Robbenfett – man reiste nicht gerade mit leichtem Gepäck. Von Hoelbrak aus war man in nördliche Richtung unterwegs. Gegen Mittag dann machte die Reisegesellschaft Rast am Schrein der Häsin, nachdem man mehrere Stunden der Handels"straße" gefolgt war, die sich zwischen den Erhebungen und Klippen der Berge entlangschlängelte.
Kurzum, der erste Tag verlief weitgehend ereignislos und am Abend erreichte man wie vorgesehen das Frostbach-Gehöft und nächtigte in sicherer Umgebung. Die Vorräte wurden aufgefrischt und am nächsten Morgen ging es weiter, nun in westliche Richtung. Es ging den Fluss entlang, durch einen Wald zu jenen Berghängen, die irgendwo den Höhleneingang verbargen. Während der erste Reisetag ereignislos verlief, so wurde der zweite vor allem eins: schleppend. Im hohen Schnee und im Wald kam die Gruppe nur sehr schlecht voran, sodass sie bald in Verzug geriet. Alles Fluchen oder Bitten half nichts. Anstatt die Bergflanken am Nachmittag zu erreichen, dämmerte es bereits, als man das graue Gestein zwischen den Baumwipfeln ausmachte. Die Norn entschieden sich, wohl oder übel, ein Lager am Waldrand aufzuschlagen und eine Nacht in der Wildnis zu verbringen. Kalt, feucht und geradezu stürmisch war diese. Am nächsten Morgen fand sich das ein oder andere Reisemitglied eingeschneit. Eins war klar: Das Tal, in dem sich die Höhle befand, war ein übler Windkanal und den Witterungen besonders ausgesetzt. Außerdem hatte Alrik Trollspuren in der Nähe ausgemacht. Hier draußen ein dauerhaftes Lager aufzuschlagen und von dort aus die Höhle zu erkunden, erschien absolut nicht erstrebenswert. Stattdessen entschied man sich, wenn überhaupt, ein Lager innerhalb der Höhle zu errichten. Aber dieser musste erstmal gefunden werden.
Es war schlussendlich Johann, der die Felsspalte eher zufällig entdeckte, gut verborgen zwischen zersplitterten Felsen und von widerspenstigem Grünzeug halb zugewuchert. Zwängte man sich erstmal hindurch, mündete jene in eine große und weitläufige, eisdurchsetzte Höhle. Das Licht der Oberwelt drang nur wenige Schritt weit und alsbald fanden sich die Norn in einer Welt aus Dunkelheit wieder. Auf einem Weg, der sie tief, viel tiefer als gedacht, zu den Wurzeln Tyrias führen würde..