'Komm gib auf, komm gib auf, sagt mir mein Verstand
und ich schau aus grauen Augen stumm an die Wand.
Und ich suche den Raum ab doch find' keine Tür,
'n Weg nach draußen, noch schnell weg von hier.'
Der große Ohrensessel ist bequem. Eingesessen, dennoch bequem, ein Gefühl von zu hause. Seitlich zum Kamin stehend kann man das flackern der Flammen und das glühen der Glut aus den Augenwinkeln heraus betrachten. Über dem Kamin hängt das Bild eines Ehepaares zu glücklichen Zeiten. Zur anderen Seite, in gut zwei Armlängen Entfernung, steht ein Bett, hoch wie es Breit ist und ist verseucht mit der Pestilenz von Krankheit und nahendem Tod.
23 Uhr 23.
'Alles brennt, alles geht in Flammen auf,
alles was bleibt, sind Asche und Rauch.
Doch zwischen schwarzen Wolken seh' ich ein kleines bisschen blau
ich halt die Luft an, lauf über die Glut. Alles wird gut.'
Mit verengten Augen hat er das Ziffernblatt der Taschenuhr betrachtet, während eine Katze ihn im Gehen gestreift hat. Es sind Tiere die er für gewöhnlich schätzt, aber Dreck an der Kleidung kann er nicht leiden. So wendet er sich halb um, dem Streuner kann er so nachblicken und erkennen, wie viel Dampf hinter jedem Schritt und der Haltung steht. Es wirkt schrecklich einladend und so zögert er auch nicht und folgt ihr nach. Schnell bemerkt er das sie nicht stromert, das Kätzchen hat ein Ziel vor Augen und er folgt dem Blind.
Wenig geistreich faucht sie ihn an, als sie stehen bleibt und sich umwendet und ihn das erste Mal bewusst betrachtet. Das sie eine Maus erwartet hat, leichte Beute, wird ihm bewusst. Kurz ereilt ihn eine tiefergehende Enttäuschung, als sie das Offensichtliche vermutet und nicht das Naheliegende. Seiner inneren Unruhe ist es geschuldet das er das Interesse verliert und dem geschickten Jäger den Rücken zuwendet. Als er hört wie sich ihre zweite Haut knirschend gegeneinander bewegt, ist es schon zu spät.
'Mein Kopf läuft heiß und Rauch steigt auf;
Blut kocht, Herz pocht, Atemnot, Nervenglüh'n und Funken sprüh'n.'
Voller Genugtuung kassiert er drei oder vier Schläge, spürt den süßen und erlösenden Schmerz der ihn zum Menschen werden lässt und teilt im Gegenzug aus, schlägt mit der Wucht der Erinnerung zu und raubt nötige Luft zum Atmen. Eine aufgeplatzte Lippe , eine Beule am Kopf, Kratzspuren an den Handgelenken und ein lädiertes Knie später ist die Rauferei beendet und ein kleiner Frieden geschlossen.
Die Veränderung im Gebaren der Katze bemerkt er, als er sich verabschiedet und nimmt es sehr wohl zur Kenntnis, wie es sich verändert hat. Scheinbar hinterlassen die Namen seiner Freunde mehr Eindruck als erwartet.
01:41.
'Zu wenig Platz, zu eng, selbst für einen allein.
Bevor sie auf mich fall'n, reiß ich die Mauern ein.
Komm steh' auf, komm steh' auf, sag ich mei'm Verstand
und gibt es keine Tür, dann geh' ich halt durch die Wand.'
Die Zunge drückt er innen gegen die angeschwollene und aufgeplatzte Lippe, trinkt einen großen Schluck aus der Flasche des guten Whiskey´s seines Vaters und betrachtet jenen. Während Lucas breitbeinig im Sessel sitzt, die Flasche immer wieder hebt um zu trinken, den Schmerz damit zu betäuben und Wunden zu reinigen, betrachtet er voller Abscheu das Bett des Alten, welcher dann und wann hustet, dem Schleim nicht los wird, brodelt, nochmal hustet und dann klingt als würde er sich kurz verschlucken.
Weder er noch sein alter Herr sagen etwas, ist die Flasche halb geleert tritt er zum Bett, setzt den gebrechlichen grauen Alten auf und klopft ihm behutsam den Rücken ab. Nach und nach löst sich der festsitzende Schleim, welchen der Kranke in eine Schale rotzt. Erst nach einer halben Stunde Abhusterei und Medizin kommt der Vater in den Schlaf. Zurück in den Sessel setzt er sich und prostet in Richtung Bett, ehe er den Rest vom Whiskey trinkt um selbst ein paar Stunden zu schlafen.
'Das alles muss weg, das alles muss neu.
Steine schmelzen, Scherben fliegen, g'radeaus auf neuen Wegen,
durch den Feuerregen'
Zwischendrin stubst seine Zunge innen wieder gegen die Schwellung, es lässt ihn kurzzeitig grinsen und vergessen.
'Alles wird gut'
Songtext: Der wunderbare Johannes Örding - Alles brennt!
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