“Lucas, wo ist sie? Wo ist Vivian?”
Er sieht in die unendlich besorgten Augen seiner jüngsten Schwester.
Ihr dunkles Blau ist überzogen von einer Schicht aus Trauer und Angst.
Selbst ihre Stimme flattert, was reichlich selten vorkommt.
“Liebes, hör zu…”
Das seine Hände fester an ihre Schultern greifen, lässt sie die Stirn in Furchen ziehen. Ihre Lippen öffnen sich ein kleines Stückchen, der Mund, er ist klein, dennoch hat sie schöne volle Lippen und selten findet man kein Lächeln dort. Jetzt gerade ist allerdings so ein Moment.
“Ihr Haus, das Haus was sie mit ihrem Verlobten bewohnt hat, es steht nicht mehr.
Von Beiden fehlt jede Spur, Sophie. Ich war dort wo sie die Leichen sammeln, in jedem verdammten Lazarett..”
Die Worte sickern nur langsam durch, sie nickt sogar, obwohl sie sie nicht verstehen will. Ihre Lippen schließen sich fest, die schmale Linie zeigt deutlich wie angespannt sie ist. Es sorgt dafür das sich sein Griff an ihren Schultern festigt, an seine Brust will er die kleine Schwester ziehen und Trost spenden. Trost den er vielleicht selbst nötig hat. Im ersten Moment reagiert sie gar nicht, denn sie weiß, wenn sie es tut, wird es Realität. Wohl oder Übel aber hebt sie nach einer Weile die Hände um sie an seine Seiten zu legen und dann kommen auch schon Tränen auf. Elende Verräter.
Den Kopf neigt er und bringt auf ihr seidig blondes Haar einen Kuss auf. Der Duft ihrer Haare erinnert ihn vage an seine verlorene Schwester, sie waren einander so ähnlich mit ihren Vorlieben und der Art sich zu geben. Er erinnert sich an die vielen Kämpfe um Schuhe, Kleidungsstücke, Parfüm - damals ist er gerne aus dem Haus gegangen als sie angefangen haben zu zanken. Aber dann später, teilten sie gerne, beratschlagten einander. Also folgt ein weiterer Atemzug ihres ganz eigenen Dufts, der ein bisschen Erinnerung trägt.
“Du kannst nicht aufgeben, bitte gibt nicht auf. Vielleicht...vielleicht findet man sie noch oder sie hat keine Erinnerung mehr oder…” Sophies Stimme flattert noch immer, bricht sogar der Tränen wegen dann und wann und auch wenn sie das eine oder andere Mal schluckt, es hilft kaum. Das er traurig lächelt, sieht sie nicht, hört es aber ein wenig an seiner vertrauten Stimme.
“Ich werde Vater und Mutter Bescheid geben, dann ist es unumstößlich. Das bedeutet aber nicht, das ich aufgebe. Hörst du? Ich bleibe in Löwenstein und werde aufmerksam sein.”
Das kleine Schluchzen an seiner Brust bringt ihn dazu durchzuatmen. Lucas hält sich tapfer, auch für seine kleine Schwester.
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