Endlich war es soweit. Die Stunde war gekommen. Sieben Wochen voller Plagen. Fast vier Jahre der Leere. Nicht derselbe Ort, nicht im Ansatz derselbe Weg, doch es bestand kein Unterschied mehr. Es war ein surreales Gefühl - so gewaltig. Er betrat die glimmende Plattform nur als Zweiter und fand sich Herzschläge später auf der anderen Seite wieder, während bereits voraus gespäht wurde. Aber das bedeutete ihm Nichts. Ihn scherte kein persönlicher Ruhm, wie die Lichtbringerin, der er gestattet hatte, den vermeintlich ersten Fuß auf diesen heiligen Boden zu setzen. Er wollte nur hier sein, die Macht seines Gottes entfesseln.
Langsam klappte der Priester das Visier seines Helmes hoch. 'Ich bin endlich da.' An Nichts anderes konnte er denken.
Der Tempel war alles, was er sich vorgestellt hatte. Nein, kein Vergleich zur Kathedrale - dies war eine andere Art der Größe. Ein in sich geschlossener, ausgedehnter Raum, tief in der Bergflanke eines wilden Dschungelcanyons. Das Gemäuer war an vielen Stellen eingestürzt, alles verhangen von Efeu und Lianen; Ein vor Jahrhunderten verlasser Ort. Sogar jene skurrilen Sprungpilze wucherten hier bereits und beschmutzen die Heiligkeit. Doch trotz der gewaltigen Mordrem-Ranken auf der Türschwelle und dem vor Verfall kaum noch kenntlichen Antlitz Balthasars ragte die Statue noch immer unerschüttert hoch auf, Zeit und Verderbnis trotzend. Und die Kraft... diese Kraft, die von ihr ausging. Eine Hitze, in der eine Welt voller Feuer und Zorn schlummerte. Dies war sie, die Quelle der Macht, die sein Training als Priester des Balthasar ihn bereits auf fast eine halbe Meile hatte spüren lassen.
Eingerahmt von einer riesigen, faszinierenden Kristallformation an der Decke des Tempel-Sanktums nahm die Statue des Gottes die Raummitte ein, und der Kleriker fand seine rechte Faust mit einem Krachen auf seiner Brustplatte wieder, eh er überhaupt aktiv an einen Salut zu denken vermochte. Dietrich, Thrymaer und die Agentin Blackshield taten es ihm auf der Stelle gleich. Im Hintergrund vernahm man draußen dezent das Fauchen von Stychs Flammenwerfer, der sich an die den Durchgang versperrenden Ranken machte.
Dann geschah alles ganz schnell. Binnen einer bloßen Sekunde war die Basis der Statue in Flammen getaucht, und es war nicht das Werk des jungen Zaishen. Eine meterhohe Wand aus Feuer schoss dort aus dem Nichts hervor. Rechterhand voraus zuckte Mathyra zurück, hob schützend den Arm und reckte die freie Hand dann warnend gen der nachfolgenden Gruppe. Unter seinen Mitstreitern machte sich prompt Anspannung breit, aber das war dem Priester gleich. 'Sie sehen, doch sie begreifen nicht.' Es geschah wieder - der Herr der Schlacht sandte ihm ein Zeichen! Die Warnung missachtend, stapfte er als Einziger langsam weiter voran, die Feuerwand im Blick. Sein Herz schlug ihm bis zum Halse.
Und dann stand ihm plötzlich der Mund offen. Selten spürte er seine Knie je weich werden, doch nun ging er mit einem Krachen von Panzerung auf beide herab. Etwas regte sich in den Flammen. Konnte das möglich sein? Nach den Erlebnissen in Kuronali und den Gerüchten, die ihm über eine flammende Präsenz zugetragen worden waren... er hatte mit Vielem gerechnet. Aber die Gestalt, die sich aus dem brennenden Vorhang schälte, ließ ihm schlicht den Atem stocken. Er glaubte einen Moment lang, Halluzinationen zu erliegen; Irgendeine exotische Substanz des Maguuma eingeatmet zu haben. Doch da war die Erscheinung immer noch. Da war ER.
Eine athletische Mannesgestalt, einen Kopf größer als jeder Norn, gehüllt in geschwärzten Stahl und flammenfarbene Roben. Die mächtigen Hörner, die glühenden Augen aus reinem Feuer inmitten tiefer Schwärze, das majestätische Großschwert in seiner Hand, all das Feuer, das erhebend um ihn züngelte, um ihm bedingungslos zu gehorchen. Zu seinen Seiten zwei gewaltige Hunde, so groß wie ausgewachsene Bären, die aus reinem Magma zu bestehen schienen. Es gab keine Zweifel daran, wer vor ihnen stand. Der Gott des Krieges reckte seine gewaltige Klinge in einer überirdischen Leichtigkeit. 'Mein Gott spricht zu mir. Mein Gott ist mir erschienen.'
Er bewegte sich keinen Zoll vom Fleck, als der linke von beiden Hunden aus dem Feuer schrang und mit flammengeifernden Glutfängen auf ihn zuwetzte. 'Heil, Bruder Temar.', rezitierte er im Geiste. Es war so wunderschön.
Dann prallte die infernale Kreatur, ein so perfektes Geschöpf des Krieges, keine zwei Meter vor ihm auf eine blauschimmernde Wand aus Licht, die erschien und das Leben des Klerikers bewahrte.
"DRONON! NICHT ABLENKEN LASSEN! DAS IST EINE FALLE!" - "KÄMPFT!" Das brüllenden Einrufe seiner Mitstreiter im Glauben rissen ihn zurück ins Hier und Jetzt. Gerüstete Schritte erklangen in großer Eile, Zauber wurden hinter ihm kanalisiert.
Der Geweihte Balthasars vermochte den Blick nur kurz vom göttlichen Anblick zu lösen. Seine Augen zuckten nach rechts, wo die Lichtbringerin knapp dem zweiten Magmahund entging. Jetzt erst sah er, was auch sie sah, etwas das der Blickwinkel vom Eingang aus nicht offenbart hatte. Verbrannte Körper. Leichen.
Ruckartig riss er sich wieder in den Stand, trotz der schweren Rüstung und der diversen zehrenden Wunden, die er auf der Reise empfangen hatte. Doch seine Mitstreiter begriffen noch immer nicht. "NEIN!", brüllte er laut durch die heilige Halle, während er seinen Hammer mit beiden Händen umgriff. "ER ZÜRNT UNS!" Seine Augen erfassten die Erscheinung in den Flammen. Balthasar war wütend mit ihm. Natürlich. Wie hatte er so leichtsinnig sein können. Seine Augen fanden zurück zum infernalen Hund vor Thrymaers Barriere, doch bevor sich Weiteres ergeben konnte, verschwamm seine Sicht für einen bloßen Sekundenbruchteil mit dunklen Schlieren, eh er sich plötzlich einige Meter linkerhand von Statue und Flammenwand wiederfand, tiefer im Raum.
Mathyra musste ihn mit einem Schattenschritt aus der Bahn gerissen haben, bevor die Barriere des Wächters brechen konnte. In einem Schub der Rage riss er sich los von der Frau, die ihn um diesen Kampf betrogen hatte, doch die Lichtbringerin verschwand so oder so bereits wieder außer Sicht.
Ihm war schlagartig alles klar. So klar wie die Flammen, welche vor ihm auflohten. 'Der Gott des Krieges hat uns seinen Avatar gesandt. Und wir müssen uns vor ihm würdig zeigen.' Sie mussten sich beweisen. Sich beweisen für all die Sünden. Für all die Verfehlungen. Für die Schande, diesen Ort der Macht zurückzulassen. Ihn einfach dem Drachen in die Hände fallen zu lassen. Die Menschheit war schwach gewesen. Viel zu schwach. Nun musste sie stark sein.
"KÄMPFT", donnerte er mit aller seiner Kehle zur Verfügung stehenden Kraft. "KÄMPFT! VERTEILT DAS GEFECHT! STYCH, MACHT SCHNELLER!"
Zu mehr kam er nicht. Stych brüllte trotz Entfernung etwas zurück und auch andere Kehlen gellten laut, aber es war nicht mehr wichtig. Er hörte Nichts mehr davon. Hörte sich nichteinmal selbst erneut brüllen, als er realisierte, was nun kam. Seine Mistreiter waren jetzt auf sich gestellt, denn in Wahrheit war er selbst um keinen Kampf betrogen worden. Krachende Schritte spurteten über den Tempelboden auf ihn zu.
Der Avatar des Balthasar zog eine rauschende Schneise aus Feuer hinter sich her, als er angriff. Noch nie im Leben war der Priester so aufgeregt gewesen. Dies war der Augenblick, in dem all seine Ausbildung auf die Waagschale gelegt wurde. Das gigantische Zweihandschwert sauste herab wie ein Fallbeil, und der rote Koloss, in der Präsenz dieser Erscheinung zum Zwerg verdammt, trat ruckartig aus der Bahn des Streiches, seinen Streithammer schräg dagegen führend, um den Treffer bestmöglich abzulenken. Die Kraft des Avatars war unbeschreiblich. Der Boden bebte, als die heilige Klinge darauf nieder fuhr.
Mit überiridschem Schwung fegte das Großschwert schon wieder hoch und Dronon musste stark zurückweichen, als es ihm nur knapp gelang, das obere Viertel der gewaltigen Waffe mit seinem Streithammer an sich vorbei zu führen. Er wankte, sein ganzer Körper erschüttert, fand aber wieder zu festem Stand. Es sollte ihm jedoch nicht gelingen, mehr als zwei Hiebe des göttlichen Sendboten auszukontern.
Der dritte Streich des Großschwertes fegte in einer solch wuchtigen Diagonalen auf ihn zu, dass man förmlich hören konnte, wie die Luft zerriss. Eine fast spielende Adjustierung des dunkel gestählten Handgelenkes verhinderte, dass der Priester diesen Treffer ablenkte.
Als die Waffen aufeinander prallten, war es, als hätte sich ein Donnerschlag im eigenen Körper manifestiert. Der Priester spürte den Stahl seiner Waffe nachgeben, während die Knochen seines rechten Armes krachend barsten. Sein Leib wurde zurückgeschleudert wie eine Puppe, und die Welt explodierte in einer Flutwelle aus Schmerz, die alle vorigen Wunden dieser Unternehmung zu einem Witz verblassen ließen. Der Hammer fiel ihm aus den Händen, als er eine ungewisse Zahl an Metern weiter hinten nieder ging.
Alles brannte vor Schmerzen. Sein Waffenarm war zertrümmert, hing nutzlos verdreht am gerüsteten Leib. Er wollte sich wieder aufrichten, doch fand er sich außer Standes dazu. Um ihn drehte sich eine Welt aus Feuer und Kampf. Schüsse knallten, Stimmen begehrten auf, das Tosen von Waffen und Zauberei erhob sich zu einer Kakophonie des Kampfes ums blanke Überleben. Zu seiner Linken wurde es plötzlich heiß, und starke Flammen loderten in seinem Sichtfeld auf, begannen, an seiner Rüstung zu nagen. Er wusste, dass sie eine solche Macht nicht besiegen konnten. Er wollte es nichteinmal. Dies war Schicksal. Es war der Wille Balthasars. Es war gut so. Und für diesen einen Moment in seinem Leben empfand er keinen Zorn mehr.
Beinahe hätte er den Frieden in sich zugelassen, überwältigt von der Ehre eines solchen Todes. Beinahe hätte er Sakrileg begangen an diesem heiligen Moment äußersten Krieges.
Dann aber erhob sich eine blauschimmernde Kuppel über ihm und sperrte die verzehrenden Flammen aus. Aus dem trüben Glas einer Gasmaske starrten eine ockerfarbene Iris und eine leere, tote Augenhöhle auf ihn herab. Eine sacht regenerierende, schützende Energie fuhr ihm von irgendwoher in den Leib und versetzte ihn zumindest in die Lage, sich auf Thrymaer zu konzentrieren, der nun schon zum zweiten Male seinen Tod aufschob. Gerade er, der selbst längst tot sein müsste.
"Sieh zu, dass du deinen Arsch hochkriegst, Dronon.", schnarrte es aus der zähnefletschenden Grauensvisage zu ihm herab, die Priesterwürden des jüngeren Gottesdieners unflätig außer Acht lassend. "Wir sollten doch alles geben und mehr - gilt auch für dich."
Die Worte hallten einen Herzschlag lang in seinem Schädel, bevor sie ihn wirklich erreichten. 'Er hat Recht.' Warum sonst hatte das Schwert des Avatars noch nicht gerichtet? 'Kein Frieden in mir.' Seine Sicht war verschwommen, aber das war egal. Kampf - Kampf immerzu. Der Priester fletschte die Zähne, fand seine Rage wieder und tastete mit der Linken unwirsch nach den Wachssiegeln an seinem Harnisch.
Er verfehlte sein Ziel, doch der Zaishen packte zu, um sein Handgelenk zu führen. "Kannst dich noch bewegen, kannst auch kämpfen.", zischte der alte Mann dazu, während um sie herum immer noch Feuer und Gefecht tobten. Einen Moment später krallte der Kleriker die gepanzerten Finger endlich in das rote Wachs und ließ beide Siegel in einem feurigen Lodern schmelzen, während die daran haftenden Gebetstexte zu Asche zerrieselten.
Noch war es nicht vorbei, und der jähe Schub machte ihm das allzu deutlich. Er spürte die Kraft noch einmal aufwogen, vielleicht zum letzten Mal, als die Flammen seiner Wut um ihn zu flackern begannen.
"SEID MEINE ZEUGEN!", brüllte er kehlig in das brennende Chaos hinein und drückte sich linkshändig hoch.
Es fiel schwer, es schmerzte und es ging nur langsam, aber das war ihm egal. Der Zorn gab ihm die Kraft, der Glaube nicht minder, all das hier umso mehr noch. Es war bestimmt, so zu sein. Die blutige Wahrheit. Die richtende Hand des Gottes.
Neben ihm schrie der alte Zaishen den Namen Balthasars, als er die Schutzkuppel auflöste und ein geisterhaftes Schwert in seinen Griff beschwor.
Dronon fletschte abermals die Zähne und orientierte sich neu. Sie befanden sich direkt am inneren Rand eines riesigen Ringes aus harsch glühenden Feuerfeldern, der sicherlich einen Durchmesser von einem Dutzend Metern oder mehr aufzuweisen hatte. Der Avatar stand ein gutes Stück entfernt mit ihnen darin, hatte ihnen jedoch offenkundig zugunsten anderer Kämpfer den Rücken zugewandt, als sei die gesamte Gruppe kaum mehr als ein Schwarm lästiger Fliegen rings um sein Licht. Die Sekunden rasten ihnen davon, denn plötzlich stieg die Hitze im gesamten Raum zusehends auf ein unnatürliches Maß an.
Er ließ den zornverschleierten Blick schweifen, so schnell er konnte. Über seinen rechten Arm, der verwüstet herab hing und immer noch höllisch schmerzte. Über seinen Streithammer, der neben ihm auf dem Boden lag, nutzlos nun, da der Schaft durch den Hieb des Avatars verbogen und tief eingekerbt wurde. Über den Avatar selbst, der sein gewaltiges Schwert senkrecht in die Höhe reckte und mit glühender Klinge etwas kanalisierte, während ihn ein Blitzzauber traf, der kaum Schaden anzurichten schien. Über den Eingangsbereich, wo Khanlo und Verjeni offensichtlich über den Stein der Erhabenen nachgerückt waren. Der Mönch beschwor eine Schutzkuppel, um sich und den schwer angeschlagenen Akolythen Dietrich vor einem der Hunde Balthasars abzuschirmen. Die Norn warf sich in letzter Sekunde mit hinzu und rief irgendetwas von ihrem Gewehr hinüber zum Priester, während die zweite Magmabestie ebenjene Schusswaffe zwischen glühenden Fängen durchbiss wie einen trockenen Zweig. Nicht weit entfernt davon brannten die den Eingang versperrenden Mordrem-Ranken lichterloh. Stych hatte es fast geschafft.
Schließlich machte er Mathyra und Blackshield aus, die gerade vor Balthasars Avatar flohen und zu einem der Sprungpilze hetzten. Blitzartig schnellte sein Blick an der Wand hinauf zum dortigen Sims. Etwas bewegte sich oberhalb.
Er erinnerte sich an ein Versprechen, das er gegeben hatte. Dann fasste er eine Entscheidung.
"BRINGT UNS HOCH!", brüllte er und hob die linke Hand in einer herrischen Geste. "HAMMER!" Sein Nebenmann verschwand in einem Schimmern weißlich-blauen Lichtes - nicht jedoch ohne eine weitere seiner Geisterwaffen zu beschwören.
Der Priester griff auf der Stelle zu, seine Augen auf dem Avatar Balthasars. Der Ruck war derb, und er musste all seine Reserven bündeln, um sein gesamtes, gerüstetes Gewicht mit einer Hand zu halten, als er von den Füßen gerissen wurde. Keine Sekunde zu spät. Sein eigenes Brüllen ging unter, als der Sturm losbrach.
Das Inferno war gewaltiger als alles, das er je gesehen hatte. Balthasars Avatar kanalisierte zuende, und plötzlich ward alles in ein loderndes Licht getaucht. Feuerbälle, so groß wie Dolyaks, regneten überall auf den Tempelboden herab und tauchten den Raum in ein abnormes Meer aus Flammen, hochaufwallend und verzehrend. Bald schon ragte Nichts mehr aus der atemberaubenden Machtdemonstration hervor außer der Statue Balthasars und dem Avatar selbst, welcher das Schwert noch immer erhoben hielt, unberührt von der brennenden Vernichtung rings um ihn.
Auf dem Sims angekommen, blieb dem Priester Nichts weiter übrig als zu beobachten. Ihm stockte einmal mehr der Atem, die Unmengen an Feuer blendeten seine Sicht, und trotzdem schaute er hin. 'Er brauste durch Orr mit einer reinigenden Flamme...' Rings um ihn herum blickten alle, die sich hierhin gerettet hatten, mit staunender Ehrfurcht in die entsetzliche Feuersbrunst. Selbst Thrymaer konnte sich dem nicht entziehen.
"DIE STUNDE DES URTEILS EREILT UNS!", rief Dronon und spürte seine eigene Stimme beben. "SEIN LÄUTERNDES FEUER!"
Lange Sekunden vermochte er Nichts anderes, als paralysiert zuzusehen. Irgendwo gellte ein langanhaltender Schrei. Und dann war es wieder vorbei. Die gigantischen Feuerbälle versiegten, und die brennende Flut verpuffte langsam im Nichts, den Tempel selbst wie durch ein Wunder unberührt zurück lassend. Seine Sinne überschlugen sich, und er konnte kaum noch einen klaren Gedanken fassen. Neben ihm verlangte Thrymaer nach Befehlen, während im Eingangsbereich des Tempels blaues Licht blitzte und nach einem Heiler gerufen wurde. Jemand hatte also überlebt. Abermals knallten dort Schüsse, während der Avatar aus der Spitze seines Schwertes ein detonierendes Brandgeschoss auf drei Gerüchteagenten auf dem Sims ganz zur Rechten des Raumes schleuderte. Erst als die Gotteserscheinung plötzlich die gewaltige Klinge senkte, konnte der Kleriker sich zu einem mahnenden Schrei durchringen.
"HALT!"
Ein letzter Schuss knallte. Dann schien sich tatsächlich eine Starre in den Raum zu legen. Alle Augen ruhten gefühlt auf einer einzigen Gestalt, und es war nicht die des Priesters.
Denn noch vor dem Ruf selbst war auch der Avatar des Balthasar gänzlich zur Ruhe gekommen. Keine weiteren Angriffe erfolgten mehr - Nichts. Das gewaltige Schwert noch umgriffen, blickte die majestätische und doch schreckliche Erscheinung mit vor göttlichem Zorn glühenden Augen hinüber zum Eingangsbereich. Das Wesen blieb nun schlicht stehen, unbeeindruckt und unerschüttert von aller Gegenwehr der Gruppe, die ihm kaum nennenswerten Schaden zugefügt zu haben schien. Stumm sahen die flammenden Augen zum Eingangsbereich hinüber, wo die versperrenden Ranken verschwunden waren. Verkohlte Überreste kündeten von Stychs Erfolg.
Nach zwei Sekunden der Inspektion schweifte der Flammenblick weiter über die Herrschaften im Eingangsbereich, dann über die auf den Simsen. Für einen flüchtigen Augenblick striff der Blick von Balthasars Ebenbild den seines Klerikers. Dronons Herz drohte vor Ehrfurcht auszusetzen, als er trotz seiner erhöhten Position sofort auf ein Knie herab ging. Und dann... dann hob der Avatar den mächtigen Bidenhänder lediglich wieder senkrecht an, diesmal jedoch in wachender Geste, mit dem Griff mittig vor der Brust. Eine lodernde Flammensäule später verging er ins Nichts, als sei er nie dagewesen.
Zwei weitere Flammenstöße kündeten vom Verschwinden der beiden Hunde, doch der Priester konnte nicht mehr klar sehen. Er wusste nicht, wie es seinen Kameraden ergangen war. Er wusste nicht, ob es einen nächsten Kampf geben würde. Er spürte nur eine entsetzliche Müdigkeit, die sich plötzlich durch seine Glieder fraß. Es war getan. Er hatte alles gesehen und erreicht, wofür er hergekommen war. Da war kein Zwang mehr. Keine Verbissenheit, die ihn weiter machen ließ, obwohl er längst an Reserven zehrte, die nur noch sein Wille ihm zur Verfügung stellte. Keine Unterdrückung mehr, die er mobilisierte, um seine Wunden zu ignorieren. Es wich alles auf einmal, die Tore waren gefallen. Doch er fühlte sich erfüllt. Er fühlte sich wahrhaftig. Er lächelte.
"Wir haben uns bewiesen.", raunte er leise. "Er hat gesprochen.." Dann verschwamm seine Sicht weiter, der Rausch endete, und die Welt um ihn herum wurde dunkel.
Jeder Sieg hatte seinen Preis, und der diese wurde auch in Leben bezahlt.
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