ZitatAlles anzeigenEhre sei dem Kriegsgott,
und möge Sein Feuer uns voran tragen. Endlich haben wir das nächste Wachsamen-Lager erreicht, mit Mühe und Not, wie es scheint. Der Marsch durch den nördlichen Maguuma-Dschungel kam die Gruppe unter Mathyra recht teuer zu stehen. Wieder gab es den Befehl zum Rückzug, als der Feind uns in überlegener Mannstärke nachstellte. Ich kann es nicht länger ertragen. Wie die Feiglinge fliehen wir hier vor den Dienern des Drachen, und es ist klar, woran dies liegt.
Ich hätte es von vorn herein wissen müssen - der Orden der Gerüchte trachtet immerzu danach, das Schlachtfeld zu umgehen. Dies ist nicht der Weg Balthasars. Dies ist keine gute Kriegsführung. Und doch wurde mir keine Wahl gelassen, als mit diesen Schattenläufern zu marschieren, denn wäre ich zurückgeblieben, hätte man mich daran gehindert, meine Mission fortzusetzen. Die Zuversicht, dass die Lichtbringerin das Gesetz der Götter geschickt über das des internationalen Paktes zu stellen weiß, hat mich ungeahnt um meine Tugenden betrogen. Aber es ist nicht ihr Verschulden, sie folgt eben ihrem Gott, wenn auch auf konfusen Wegen.
Verflucht sei die Stimme vermeintlichen Fortschrittes, die sogenannte Moderne mit ihren erbärmlichen, liberalistischen Vorstellungen von Moral und Zusammenhalt. Diese Gesellschaft ist die Ausgeburt von Schwäche und mangelndem Ehrgeiz auf Seiten meines Volkes, der Preis, den die Menschheit bezahlt, der Grund für das Schweigen der Götter. Kompromiss um Kompromiss wird geschlagen, und mit jedem Schritt weiter vorwärts fühle ich mich dem Werk meines Gottes ferner, obwohl ich weiß, dass ich all dies tue und tun muss, um ihm defacto wieder näher zu kommen. Es ist ein Fluch, und Balthasar prüft mich wahrlich hart.
Ich wundere mich an manchen Tagen, wie leicht es mir vergleichsweise fiel, mit dem Pakt in Orr zu marschieren und die Krieger der fremden Völker dort zu respektieren, an ihrer Seite gar zu kämpfen, wo sie meiner Mission nicht im Wege standen. Seit der Zeit zurück in Götterfels und nun umso mehr seit dieser Reise jedoch wird mir klar, welches Glück ich hatte, mit würdigen und tüchtigen Individuen zu dienen, denn allzu Vieles hier nun entzieht sich meinem Respekt gänzlich.
Vielleicht lässt der Herr der Schlacht mich den Preis meiner zweckdienlichen Kooperation mit fremden Völkern zahlen, vielleicht weist er mir den Weg zu einer Kriegslist gegen sie, vielleicht einen Funken angemessener Kameradschaft, vielleicht aber will er mich auch lediglich in allen Facetten der Herausforderung stählen, auf dass ich meine Entscheidungen künftig besser und in Anbetracht aller zu bedenkenden Faktoren treffe. Oder aber ich bin zu Ignoranz angehalten, nun da der Pakt einzig noch ein Schatten seines alten Selbst ist. Ich werde es wissen, wenn meine Rolle in diesem Krieg zuende gespielt ist, ob tot oder lebendig.Meine Kräfte sind an ihrer Grenze angelangt. Ich werde eine weitere solche als 'Rückzug' getarnte Flucht nicht durchhalten. Mein Bein schmerzt, meine Lungen brennen und das Herz krampft in meiner Brust, dass es mich erstaunt, wie ich noch keinen neuen Anfall erlitten habe. Jeder Knochen stemmt sich in einem Aufschrei gegen das viele Rennen in solch schwerer Montur. Ich würde mich einen nachlässigen Schwächling schimpfen, wenn ich nicht wüsste, dass ich weiterhin kampftauglich bin, solange ich meinen Boden stehe.
Es ist ein Zeichen Balthasars, dass dies nicht die richtige Strategie ist - eine Bestärkung dessen, was ich bereits weiß. Ich hielt mich bislang strikt an die Befehle, doch wenn diese weiterhin gegen den Heldenmut und den Kampfeszorn meines Gottes verstoßen, so kommt die nächste Spaltung womöglich wahrhaftig. Dies ist wahrhaftig eine Zeit vollumfänglichen Konfliktes, und darin liegt das einzig Gute für mich an diesen Umständen, der einzige Vorteil, den ich weiterhin beziehe.Der Dschungel hat weitere Verluste gekostet, darunter zwei weitere Gerüchte-Agenten aus der bisherigen, überschaubaren Truppe. Wir stießen außerdem auf eine versprengte Gruppe von Abtei-Gelehrten, die seit dem Absturz der Flotte im Urwald festsaßen. Einer war so schwer verletzt, dass seinem Leiden ein Ende bereitet wurde, eine weitere starb an einem schweren Steinschlag, als die Mordrem angriffen.
Nur der letzte Vertreter, ein Arkanist, schloss sich uns verwundet aber lebendig an. Zu meiner Überraschung und einem kleinen Lichtblick inmitten dieses Desasters stellte der Mann sich als Jhadras Takashi Hera vor, der Vater von Wachsamen-Rekrutin Chiroptera Hera, nach dessen Verbleib ich bereits vor Monaten in ihrem Auftrag recherchiert hatte. Er scheint mir bisher ein vernünftiger Mann zu sein und kennt außerdem wohl die Lichtbringerin von früher. Vielleicht ist dieser Abtei-Gelehrte genau die richtige Ergänzung für das Vorankommen meiner Mission, ein Zeichen gegen das infame Unrecht der Magistra Wehrgesang und zur menschlichen Beanspruchung des Tempels des Balthasar. Ich werde ihn zu überzeugen versuchen, uns zu begleiten, auch im Sinne seiner Tochter, auf dass ich ihre Wege später wieder zusammenführen kann.
Das Lager, in dem wir nun untergekommen sind, liegt an der Grenze zum tieferen Dschungel im Süden und fasst soweit ich sehen kann höchstens zwei Dutzend überlebende Wachsamen-Soldaten. Die Zelte wurden an der Flanke eines gewaltigen Urwaldriesen errichtet, und der Baum bietet eine halbwegs gute Ausgangsbasis, wo die Barrikaden sehr dürftig sind. Die Bewaffnung zumindest ist hier solide, und das muss sie auch sein. Die Mordrem greifen wohl stets im Dunkeln an, wie ich schon an regelmäßigen Feuergefechten ringsum hören konnte, als ich über die vergangene Nacht hinweg meine Erschöpfung auskurierte.
Ich werde mich nun also weiter schlafen legen, wie es die meisten der Krieger hier vor Ort tagsüber tun, und mich mit Einbruch der Abenddämmerung hoffentlich ausgeruht den Verteidigern anschließen. Der Segen des Kriegsgottes wird den Menschen unter ihnen gut tun.
Möge Balthasar mit uns sein, in Stärke und Unbeugsamkeit.