Jetzt
Sie hatte sich nie irgendwelche Illusionen über die Art und Weise ihres Todes gemacht. Eine Klinge, vielleicht in einem offenen Kampf, vermutlich aber eher hinterrücks. Ein Pfeil oder Bolzen, vielleicht sogar Magie, irgendein dunkler Zauber oder einfach nur pures, alles verbrennendes Feuer. Ertrinken hatte jedenfalls nicht dazu gehört.
Und doch sank sie nun immer tiefer, gezogen vom Gewicht ihres Körpers und der ledernen Kleidung, die sich binnen Sekunden voll gesogen hatte. Beinahe schwerelos sank sie unwiderruflich gen Grund weil ihr nach wie vor gelähmter Körper ihr die Schwimmbewegungen verweigerte. Ein wenig Strampeln mit Armen und Beinen hätte sicherlich genügt, um sie zurück an die Oberfläche zu bringen, aber zu eben jenem Strampeln war sie im Moment einfach nicht fähig. Ihre Gliedmaßen fühlten sich nach wie vor so an, als bestünden sie aus Blei und so entfernte die rettende Wasseroberfläche sich immer mehr.
Und mit jeder Handbreit, die die Assassine tiefer sank, wuchs der Druck auf ihre Brust. Ihre Lungen begannen zu brennen und es kam ihr so vor, als habe ein unsichtbarer Riese seine gewaltigen Pranken um ihren Oberkörper gelegt und würde mit aller Kraft zudrücken. Atmen, sie musste atmen! Doch wusste sie, dass es vorbei sein würde, wenn sie jetzt dem immer mächtiger werdenden Reflex nachgab und den Mund öffnete.
So fühlte es sich also an, wenn man starb. Sie selbst hatte den Tod schon oft gebracht und viele Andere darüber reden hören. Es gab Jene, die davon faselten, dass es ein friedlicher Übergang sei, man auf der anderen Seite erwartet würde und der Weg dorthin von Wärme und Licht erfüllt sei. Und es gab Jene, die erzählten das Leben würde noch einmal an einem vorbei ziehen, ganz so, als ob die Götter den Sterbenden noch einmal mit allen wichtigen Errungenschaften und Verfehlungen konfrontieren wollten.
Szarah konnte weder den Einen, noch den Anderen zustimmen. Da war kein Licht, keine Wärme. Aber auch keine Bilder. Alles, was sie umgab waren Dunkelheit, Kälte und Schmerz. Sie fühlte sich so allein wie noch nie in ihrem Leben und langsam aber sicher überkam sie blanke Panik. Atmen, sie MUSSTE atmen!
Mit aller Kraft und vor allem starkem Willen gelang es ihr, den linken Arm zu bewegen. So lethargisch allerdings nur, dass sich die Geschwindigkeit, mit der sie immer tiefer sank, nicht einmal annähernd verlangsamte.
Als der Drang, den Mund zu öffnen und zu ATMEN schier übermächtig wurde, packte sie etwas am Arm. Für einen Sekundenbruchteil fühlte sie Erleichterung, dann aber wurde sie gewahr, dass es keine Finger waren, die an ihr zerrten, sondern Klauen. Spitze, unmenschliche krallenbewehrte Klauen. Als sich die dämonische Fratze des Dings in ihr Sichtfeld schob, schrie Szarah auf... und versank in gnädiger Dunkelheit.