Der Flug zur Sonne - Eintrag 8

[Sonne-Playlist]


Eintrag 8, Tag 3


Während ich auf der bequemen Pilzdiwan in Rylas Garten weiter dieses Buch geschrieben habe, gab es Streit. Der Grund waren mal wieder die beiden Quaggan – Manooma ist bekümmert in ihr Schwimmbecken gerannt. Natürlich wegen Boolwi, wieder ging es um Bezeichnung einer neuen Tierart, den Quallen. Während Manooma fast ein ganzes Blatt voll mit Ideen beschrieben hatte und sich von den Sylvari, mir und drei Hylek beraten ließ, hüllte sich Boolwi in Schweigen. Bis er sagte: „Gluufoos, Quaggan nennt die Schwebe-Quallen jetzt Gluufoos.“
Der Vorschlag wurde heiter aufgenommen, ich allerdings hielt mich raus, da ich wusste wie das enden konnte. Manooma war fassungslos, klärte uns über die Unwissenschaftlichkeit dieser Bezeichnung auf und so weiter...aber Gluufoo gefiel allen, keiner von Manoomas Vorschlägen hatte das geschafft.
Boolwi grinste sie triumphierend an und sie stürmte verletzt hinaus. Verletzt in der Forscherehre, natürlich.


Ich würde noch zu ihr gehen, aber zuerst sollte sie sich beruhigen...also nutzte ich die Gelgenheit, um die Hylek besser kennen zu lernen.
Die beiden blauen, Qecatl und Wakatl, sind Bruder und Schwester und Exploratoren der Abtei. Recke Tukil, der gelbe, ist der einzige Hylek im zwölfköpfigen Trupps der Wachsamen.
Für die drei Hylek ist diese Reise von noch größerer Bedeutung als für uns, da sie die Sonne als eine göttliche Macht verehren, in der sie alles Gute und Böse vereint sehen. Diese drei hier wollen der 'Wahrheit und Gestalt' der Sonne näherkommen, weshalb sie jetzt auf diesem Luftschiff sind. Wakatl hat die alten Bräuche der Priester der Hylek erlernt, die früher entscheidend für das Überleben des Stammes waren. Dazu gehört die Fähigkeit, die Sonne richtig zu lesen, rechtzeitig zu erkennen ob Regen oder Dürre droht. Heute übernimmt die Aufgabe ein Gerät, dass die Asura erfunden haben:
Es heisst Regentonnograph.


Qecatl ist der Stammesführer des Rikitenda-Stammes, des Stammes der in den großen Hylek-Kampfspielen seinen Flug zur Sonne errungen hat. Ich hatte von diesem Spektaktel in den unberührten Sümpfen gehört, doch man durfte nicht einmal zusehen, wenn man kein Hylek war. Was immer die beiden blauen Hylek und ihre Stammesangehörigen dort geleistet hatten, sie hatten die größte Ehre ihres Volkes verdient.
Tukil hingegen, der Wachsame, hatte einfach nur sehr großes Glück gehabt. Mehrmals hatte er ein Gespräch über die Kampfspiele beginnen wollen, denn er konnte damals nicht anwesend sein. Doch jedes Mal blieben die Rikitenda-Hylek ihm die Antwort schuldig und lenkten auf ein anders Thema ab. Ihre Blicke galten dann immer uns, also den Sylvari und dem Mensch. Wir durften nichts darüber hören.
Als Tukil mit beharrlicher, ruhiger Geduld ein weiteres Mal auf die Spiele zu sprechen kam, verabschiedeten die drei Hylek sich höflich in Richtung eines ruhigen Ortes.


Da saß ich also mal wieder, umringt von Sylvari. Zina, die älteste, sah ruhig aus dem Fenster. Ryla fand weniger Ruhe, sie zupfte alle möglichen Lianen und Blättchen in ihrem Garten zurecht. Ab und an gluckste sie vergnügt, sie fühlte sich wohl an keinem anderen Ort wohler.
Nelfain hatte ein Gespräch mit Recke Yrlan begonnen, das hauptsächlich aus Fragen von Nelfain bestand und den Antworten „Ja.“ oder „Nein.“ von Yrlan.
Die meisten anderen waren wohl zum größten Teil in Inkes Taverne und verfolgten den Abschied von unserer Welt durch die großen Seitenfenster. Aber das Heckfenster bot genauso einen Ausblick, vielleicht war er sogar noch besser.
Garzza hatte den Kurs ein wenig geändert, um steiler aufsteigen zu können. Daher holte uns bald die Nacht ein, die Sonne verschwand hinter der Welt. Die Pflanzen des Gartens beleuchteten den Raum in einem sanften Licht.


Ein Blick aus dem Fenster zeigte nicht nur das Leuchten der Sterne und Wolken. Auch die Wesen, denen wir begegnet waren, strahlten ein kühles, bläuliches Licht aus. Die kleinen Lichtstreifen dort unten mochten ein Rudel Fluufladen sein, das in der Ferne segelte, unser Luftschiff schien sie nicht mehr neugierig zu machen. Wir spürten weitere Veränderungen. Das ganze Schiff schien nun zu summen und Ryla hatte von ihren Pflanzen abgelassen, um mit glänzenden Augen nach draußen zu sehen.
Dort hinten rechts, da blitze es wieder, die entfernten Wolken wurden in schwachem Hellblau angeleuchtet. Gluufoos. Vom Erdboden aus hatte sowas noch nie jemand beobachtet.
Still folgten wir fünf dem Schauspiel, das sanfte, beständige Summen der Energiewurzel war der einzige Ton, den wir für die nächste Stunde hören sollten.



Exploratorin Vylo Musyca


In der Kuppel des Götterfelser Zentralparkes hatte ich die Planetenmodelle gesehen, die in ihren mechanischen Bahnen kreisten. Der Gedanke, dass wir auf großen Kugeln leben sollten, hatte früher nicht bei jedem Anklang gefunden. Doch als ich unsere Welt sah, wie sie kleiner wurde, wie wir uns nun in schneller werdender Fahrt von ihr entfernten...


Mit einem Mal wirkte die Durmand nicht mehr so riesig, wie sie sich sonst angefühlt hatte. Wir waren nun wie ein kleines Schiff auf offener See, dass sich von seinem sicheren Hafen fortbewegte. Doch die Ausmaße, mit denen wir es in dieser Leere zu tun hatten, überstiegen die Vergleiche mit dem Meer um ein Weites. Wir waren nun so weit entfernt, dass wir unsere Welt nun sowohl bei Tag als auch bei Nacht sehen konnten. Wie bei einem Halbmond war die eine Hälfte in Finsternis gehüllt, während die andere von der Sonne erleuchtet wurde.


Zu diesem Anblick fielen Zina, Yrlan und ich, wir, die sich vor wenigen Stunden noch mit einen stählernen Käfig auf der Außenhülle abgemüht hatten, nach und nach in einen tiefen Schlaf.