Der Flug zur Sonne - Eintrag 13-15

[Sonne-Playlist]


Eintrag 13, Tag 11


Ich habe mir heute die Golemwerkstatt zeigen lassen. Fizz, der frühere Lehrling von Dr. Pynzos, präsentierte uns stolz die Golemanzüge. Er ist Rollos Vorgesetzter.
Rollo selbst war auch hier, froh mir etwas zeigen zu können. Sein gläsernes Krähennest machte übrigens Fortschritte.
Aber es gab noch eine dritte, die sich um die Golemwerkstatt kümmerte. Von Rollos Rücken hüpfte Vooli herunter, die für die Instandhaltung der unbemannten Golems verantwortlich ist. Drei größere Golems führen wir nämlich zu Testzwecken mit, aber man war sich noch sehr unsicher, ob sie alleine auf der Sonne zurechtkommen würden. Wir wussten ja nicht mal, ob wir selbst zurechtkommen würden! Jedenfalls hatte Magisterin Nizpi die Zahl an Golems klein gehalten, obwohl sie selber sehr bewandert in dieser Wissenschaft war. Vielleicht auch gerade deswegen. Golems waren zwar gut um einem die grobe Arbeit abzunehmen, und sie aßen niemandem das Essen weg. Allerdings konnten sie in manchen Situationen nicht richtig reagieren. Diese Expedition war jedoch so gut finanziert, dass man ruhig auf teures Fleisch und Blut setzen konnte. Nizpi besuchte die Werkstatt ebenfalls und sagte uns nur, sie hätte den Trupp der Wachsamen gerne durch Golems ersetzt, um Vorräte zu sparen. Dass zwei Wachsame neben ihr standen, als sie das sagte, schien sie nicht zu stören.


Die Golemanzüge gibt es in verschiedenen Größen und Formen. Sie sind aus dem selben, goldkupfernen Aanicarium hergestellt wie auch die Durmand und unser Sonnenboot. Sie sehen also aus wie massige Rüstungen, die den kompletten Körper verhüllen.
Es gibt große Exemplare für Charr und Norn, kleinere für die Asura. Die Sylvari und Menschen teilten sich eine Größe, ebenso wie die Quaggan und Hylek. Und zwei spezielle Größen gehörten den Tengu, mit diesen beiden Modellen hatten Takuma und Hoshi schon einen Vulkan erforscht.


Aber was war ein Vulkan schon, im Vergleich zu Sonne? Wir würden es sehen.





Eintrag 14, Tag 12


Skruu sind im Maschinenraum tapsende Geräusche aufgefallen, in den größeren Rohren. Ob es das verlorene Huhn sei, fragten wir sie. Nein, zu groß für ein Huhn. Eher drei Hühner.



Eintrag 15, Tag 13


Heute den Versuch unternommen, ein Gespräch mit Lady Xiaoqing zu führen. Ich folgte ihr nach dem Abendessen, ich wagte es aber nicht ihr etwas hinterher zu rufen. Sie schien mich nicht mal zu bemerken. Kaum war die Lady in ihre Kammer eingetreten, stand plötzlich Jinhai vor mir und die Tür war geschlossen.
Es folgte ein kleines Streitgespräch, das mit Phrasen wie „Mehr Respekt vor der ehrwürdigen Götterpriesterin“ begann. Ich sagte, ich würde gerne mit der Lady sprechen, unter anderem wegen dem Buch.
„Niemand interessiert dein Buch“, war seine Antwort in etwa. Kurz darauf aber: „Wage es nicht, ein schlechtes Wort über mich darin zu verlieren.“
Ich meinte, wenn er sich weiter so aufführte, könnte er sich jeden guten Satz über ihn in die Haare schmieren.
Als ich das sagte tippte er sich an die Stirn, stolz. Auf seinem kahlen Kopf befand sich noch immer das gleichmäßige Bild der gewundenen Drachenkörper. „Haare, so etwas habe ich lange hinter mir gelassen.“
So sahen die Themenwechsel meistens aus bei ihm.
Ich hatte schon verstanden, dass er wohl etwas gegen meine kurze Frisur hatte. Ich wollte ihn schon fragen, ob ich mir auch den Schädel rasieren und ein Bild aufmalen sollte, damit er mit mir redet wie mit einem normalen Menschen.
„Also, verschwinde jetzt.“, war sein letztes Wort. Dachte er zumindest. Die Tür öffnete sich, hinter ihm ertönte eine freundliche, sanfte Stimme: „Jinhai Bo! Behandelt man denn so einen Gast? Bitte die Dame doch herein, ich freue mich über Besuch!“ Aus der Tür blickte uns wie ein Geist die weiße Gestalt von Lady Xiaoqing an. Sie lächelte, was sicher freundlich gemeint war, doch die dunklen Malereien um und über ihren Augen ließen sie für einen Moment dämonisch wirken. Ihre Augen wirkten größer, der Mund spitzer. Das war sicher nicht unbeabsichtigt.


Sofort hatte Jinhai sich umgedreht, um sich zu verbeugen. Bei Canthanern sah das anders aus als bei uns - der angespannte Oberkörper klappte einmal kurz herunter. „Natürlich, Herrin.“, presste er dann hervor.
Er sah sie an, nichts geschah. Sie schmunzelte.
„Nun Jinhai Bo, dann bitte sie doch jetzt herein.“
Er drehte sich eilig um, wirkte wie ein angestrenges Kind, dass seiner Mutter gefallen will. Der Verbeugung vor mir merkte man seinen inneren Kampf an. „Die Ehrwürdige Götterpriesterin möchte Euch einladen.“, leierte er zügig herunter, dann wandte er sich schnell ab. Die Lady lächelte mir wieder zu, womöglich entschuldigend. Als wir dem Mönch in die Kammer folgten, fasste sie ihn sanft an die Schulter. „Jinhai Bo ist manchmal ein wenig jähzornig. Eigentlich hat er jeden gern, er kann es nur nicht immer zeigen.“ Sie drehte den Kopf langsam zu mir, das Lächeln hatte nicht aufgehört.
Jinhai blickte schweigend zur Seite und begab sich in die Raummitte, wusste nicht, wohin mit sich. Wie hilflos er mit einem mal wirkte, der große Krieger! Während er mich wieder verscheuchen wollte, hatte die Priesterin ihn bloßgestellt und mich eingeladen. Das würde er sicher nicht auf sich sitzen lassen.


Die Kammer der Götterpriesterin war nicht groß, aber sah sehr bequem aus, ähnlich hölzern ausgekleidet wie der Ruheraum. Sie hatte hier Staffeleien mit frischen Gemälden stehen, auf denen ich auch Fluufladen und Gluufoos erkannte. Doch sie war auch eine begabte Musikerin, die rechte Seite des Raumes war reserviert für Instrumente aller Art, die meisten von ihnen canthanischer Herkunft. In der Wand vor uns befand sich ein dickes, rundes Fenster, durch das man in die Schwärze zwischen der Sternen blicken konnte.
Um das Fenster war ein kleiner Schrein für die Sechs Götter aufgebaut worden. Jinhai zündete dort diese Duftkerzen an, die die Gemüter beruhigen sollten. Er und ich konnten das jetzt vielleicht brauchen, die Lady allerdings war die Gelassenheit in Person. Sie hatte sich an einem kleinen Tischlein in der Mitte des Raumes niedergelassen, mit den Knien auf einem roten Kissen. Stühle gab es hier nicht. Sie bedeutete mir, mich dazu zu gesellen.