Mein geliebter Vater,
nun bin ich schon eine ganze Weile in Götterfels und ich möchte natürlich nicht versäumen Dir meine Erfahrungen und Erlebnisse zu schildern. Deinen Brief habe ich vorletzte Woche erhalten und ich danke Dir dafür.
Ich war wie Du Dir sicher vorstellen kannst außer mir als mein Cousin meinte mich mit vollendeten Tatsachen zu konfrontieren. Ich war hier gefangen in einer Stadt wo ich niemanden kannte und wir wissen beide das die Großstadt mir eigentlich nicht liegt. Aber wie es für unser Geschlecht nuneinmal Markenzeichen ist, ich habe mich gemäß meinen Möglichkeiten mit der Situation arrangiert und wenn Tante Yvette glaubt das sie mich so einfach dazu bringt eine ihr genehme Dame des hiesigen Adels zu ehelichen sollte sie ernsthaft an ihrem Glauben arbeiten.
Nicht das es dererlei Damen nicht gäbe die mir persönlich auch zusagen würden. Doch wie in unseren Kreisen üblich ist das alles natürlich übermäßig kompliziert und vertrackt. Ich lernte kurz nach meiner Ankunft hier eine junge Gräfin namens Sheryna kennen und ich schätze ihre Gesellschaft sehr, doch es ist wirklich erstaunlich welche Komplikationen man sich einhandelen kann, nur weil man den Anschein erweckt eine Dame zu hofieren. Aber wie unser Jagdmeister Raimund sagen würde „druff gesch... Junger Wohljeboren“.
Es ist über alle Maßen ermüdend sich bei der Suche nach einer Gattin ständig nach dem aktuellen Wasserstand des Intrigensumpfes zu richten, stets drauf bedacht nicht die falschen Leute zu brüskieren oder in das Intrigenkartenhaus irgendeines herrschsuchtsgeplagten Clanspatriarchen zu rempeln und damit in die Schußlinie zu geraten. Aber da ist es ja von Vorteil das ich garnicht suche, selbst wenn ich einer sich auftuenden Gelegenheit nicht mehr zwingend im Wege stünde. Auf jenem Kriegsschauplatz gibt es derzeit jedenfalls keine Neuigkeiten, und solang Tante Yvette nicht wieder einmal irgendwelche Fäden im Hintergrund zieht wird das wohl vorerst auch so bleiben.
Da ich gerade beim Thema Krieg bin. Ich habe mich nun auch in die lange Reihe von Brunnmarkscher Kriegsveteranen eingereiht und sogar eine Verwundung davon getragen. Aber sowohl Du als auch Mutter können völlig beruhigt sein. Die Feldscher haben die Pfeilwunde an meinem Bein mit einer Bravour versorgt, dass selbst der Medicus meines Cousins beeindruckt war. Mittlerweile gehe ich wieder ohne Krücke und werde morgen eine erste Runde um das Palazzo laufen um allzu großem Kräfteverlust vorzubauen.
Vielleicht sind die Pamphlete ja sogar bis in die Heimat vorgedrungen, in denen ich für meinen persönlichen Einsatz belobigt werde. Für den Fall das nicht, werde ich diesem Schreiben ein Exemplar beifügen das ich ergattert habe.
Was mich derzeit aber ein wenig beunruhigt ist die Tatsache das Cousin Hardvaard samt Gattin übereilt nach Grünbach aufgebrochen ist und mich mutterseelenallein mit dem kompletten Betrieb hier zurückgelassen hat. Es wird zu einer schlechten Angewohnheit meiner geliebten Verwandtschaft mich kopfüber ins kalte Wasser zu werfen. Es würde mich doch stark interessieren was hinter all dem steckt, denn Hardvaard ist nicht gerade dafür bekannt spontane Entscheidungen zu treffen. Ich hoffe es liegt nichts im Argen denn so sehr mich das Komplott zwischen ihm und Tante Yvette auch verärgert hat, so wenig wünsche ich ihm Arges.
Nun gänzlich mutterseelenallein bin ich natürlich nicht, da die Geschäfte hauptsächlich vom ortsansässigen Hausdrachen mit dem trefflichen Namen „Cerenie Drachensberg“ geführt werden. Die Dame mag in ihren Geschäften mit unglaublichen Talenten gesegnet sein, aber da fiel bei der Ausstattung das Menschliche definitiv hinten runter. Kein Vergleich zu unserem Haushofmeister Friedbert. Ich meine zwar sie an einem ihrer empfindlichen Punkte erwischt zu haben, aber ich bin sicher nicht so leichtgläubig anzunehmen sie fräße mir nun aus der Hand. Denn ein Drache der einem aus der Hand frißt, frißt jene dann bei Gelegenheit gleich mit.
Erwähnenswert wäre noch das Ich seit kurzem ein Arrangement mit einer talentierten jungen Gesellschafterin habe, die sich selbst beim Künstlernamen „Wildrose“ nennt. Es ist in der Tat eine sehr kurzweilige und entspannende Aufwertung des drögen Stadtlebens und ich denke ich werde daran festhalten. Sie ist kreativ und ihre Bemühungen mir das Leben hier angenehm zu gestalten von durchschlagendem Erfolg. Allein die Tatsache das sie als langjährige Einwohnerin dieser Stadt weit mehr Ortskenntnis besitzt als ich läßt sich in Silber kaum aufwiegen. Auch kann sie wohl auf einiges an Erfahrung im Adelsgeschäft verweisen, zumindest ist sie nie verlegen um eine Handlungsempfehlung in diffizilen Adelsangelegenheiten.
Nur darf Tante Yvette möglichst von ihr nichts erfahren, nachher nimmt sie sie noch als Kupplerin unter Vertrag.und was dabei herauskommen kann sah ich auf dem Feldzug zur Genüge.
Ah um noch ein paar eher amüsante neue Erkenntnisse mit Dir zu teilen:
Wußtest Du das Sylvari Bäume nach ihrem Willen wachsen lassen können, und sogar mit den Füßen trinken können? Manche vermögen es sogar die Blätter auf ihrem Kopf zu bewegen. Man lernt doch in dieser schönen Welt täglich dazu, selbst wenn es zu dem Preis ist das man gelegentlich selbst als Mann errötet, und Du weißt wie sehr man sich mühen muß um das bei mir zu bewerkstelligen. Aber davon vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt. Jedenfalls werde ich sowie meine Situation es erlaubt eine Reise in den Caledonwald unternehmen. Schließlich ist Götterfels schon auf halber Strecke zwischen dort und daheim und ich wäre dumm das nicht auszunutzen.
Ich hoffe das der Sieg im Donnergrat bald auch wieder zu ein wenig Durchlässigkeit auf der Route nach Brunntal führt. Immerhin mußten die Zentauren mit eingeklemmtem Schweif abziehen nachdem Starfalls Truppe den Khan einen Kopf kürzer machte. Ich vermisse Euch Eltern und auch den Rest der Familie jeden falls sehr, selbst wenn Götterfels ein derartig gerüttelt Maß an Ablenkung bietet.
Dein Sohn
Areshtan