Nur wenn man allein ist, ist man frei

Vor zwei Tagen


Leise hallte dezente Pianomusik durch den oberen Flur der Rurikhalle, über die Balkone hin nach aussen, wo die Noten in der dunklen Nacht verhallten. Sie war an den Wachen vorbeigetreten, eine Flasche Rotwein und ein Glas im Arm, und war hinaufgegangen – es hatte definitiv seine Vorteile, Ratsherrin zu sein. Nun war sie ganz allein hier oben, es war dunkel, keine Diener weit und breit.


In der Ferne hörte sie eine Glocke, die zur Mitternacht schlug, und ihr mildes Lächeln nahm einen bitteren Zug an, als sie auf das leicht zerkrümelte Heidesandplätzchen mit der winzigen Kerze darauf hinabblickte.
Die Menschen sagten, man muss sich etwas Wünschen. Sie hatte schon den ganzen Abend darüber nachgedacht was sie sich wünschen würde, zwar bezweifelte sie dass es wahr werden würde, aber sie tat es dennoch. Die Augen schließend, dachte sie fest an ihren Wunsch und blies dann die Kerze aus.
„Erfolg und Profit im neuen Lebensjahr.“ Wünschte sie sich selbst leise, steckte sich ein Stück Keks in die Backe und hob das halbvolle Rotweinglas neben der annähernd geleerten Rotweinflasche auf.


Sie zog es vor, andere Menschen an diesem Tag zu meiden, fürchtete, dass jemand wusste… Nein, sie wollte nicht gefeiert werden. Ihre Geburt, der Tag an dem es geschehen war, war kein Grund zum Feiern. Das hatte man ihr oft genug klargemacht. Sie wollte keine Geschenke, wollte keine Freunde, keine Bekannten die ihr voll falscher Höflichkeit gratulierten und ihr vornherum alles Gute, und hinten herum doch nur Krankheit und einen Buckel wünschten.
Gerade deshalb zog sie es vor allein zu sein. Sie brauchte sich selbst nicht gratulieren, sich gute Dinge wünschen – sie nahm sie sich einfach vor.


„Spiel noch einmal, unser Lied.“ Raunte sie in die Dunkelheit und wedelte mit dem Finger. Dem blass violettfarbenen Schimmer um ihre Hand war es zu verdanken, dass das Piano dann zu spielen begann, obgleich der Pianist fehlte. Das ein oder andere hatte sie eben doch schon gelernt.
Der klare Pianoklang schallte wieder durch die Halle, als sie, das Rotweinglas bauchig in der rechten, auf ihren weichen Ledersohlen ihren einsamen Geburtstagstanz auf dem Balkon tanzte.



Gestern


Sie blieb allein zurück, inmitten der Zerstörung die sie angerichtet hatte. Als sich die Türe hinter ihm schloss, sank sie auf den dreibeinigen Stuhl den sie gerade erst wieder aufgerichtet hatte. Der Stuhl kippelte und sie fiel mit ihm um, lag mit dem Gesicht zwischen Glasscherben, Holzsplittern, Keramik und Daunenfedern.
Ihr Gesicht hatte mittlerweile eine normale Farbe angenommen, und ihr verschwitzter Leib sorgte nun dafür dass sie fror, denn der kalte Winterwind blies ungehindert durch das zerstörte Zimmerfenster. Sie schlang die blutenden Hände um den Oberkörper und starrte zitternd auf das zerbeulte Kamingitter.
Was hatte sie nur angerichtet?


Sie hätte älter, erfahrener sein sollen. Abgehärteter, hatte er es genannt. Ihr Blick erfasste die zerstörte Kommode an der Raumseite. Eingebrochen war sie wie ein verdammtes Kind. In ihr brannte der Wunsch, zu retten was verloren war. Diesmal war sie zu weit gegangen – weil man sie nicht hatte gehen lassen. Sie alle warfen ihr vor sie würde Flüchten. Doch sie floh nicht. Ihm hatte sie gesagt sie nahm Distanz ein um Anlauf zu nehmen. Weil sie nur jene die ihr nahe waren richtig verletzen konnten.
Vielleicht aber ging sie auf Distanz, weil sie selbst dann niemanden verletzen konnte. Fakt war, sie brauchte Abstand zum Nachdenken. Sie verspürte den starken Drang nach Gendarran zurückzukehren, allem den Rücken zuzuwenden und zu tun, wozu sie erzogen worden war.
Doch er hatte Recht – DAS wäre eine Flucht. Und das konnte, wollte sie sich nicht erlauben. Ein schlechtes Signal.


Sie griff nach dem abgebrochenen Stuhlbein, und steckte es notdürftig zurück dahin wo es herkam. Der Stuhl kippelte, aber wenn sie sich ganz an den linken Rand setzte, dann ging es. Dann lief sie zum Tintenfleck neben der Tür, und suchte nach einer Tintenfassscherbe die noch genug Tinte enthielt, und trug auch diese vorsichtig zum Tisch, ehe sie aus der demolierten Truhe eine Schreibfeder hervorholte.


Es dauerte bis zum Morgengrauen, bis sie anderthalb Seiten vollgeschrieben hatte. Sie weigerte sich zu weinen während sie schrieb, und tat die stummen Tränen im Gesicht als eine überreizte Augenreaktion ab.
Als sie endlich fertig war, ließ sie den Schrieb in ein Kuvert gleiten und verschloss es fest.


Ehe sie selbst losging um unten einen Briefjungen zu instruieren und dem Wirt seinen Sachschaden auszubezahlen, schrieb sie noch in nüchternen Buchstaben zwei Worte auf das Kuvert:
“Helena Iorga“

"Give a man a gun and he can rob a bank.
Give a man a bank and he can rob the world."


Sneshana Iorga: 'Liz-mit-dem-Pferdearsch Lis? DIE Liz? Das Heck von Götterfels? Big Booty Liz? Twerkthatbutt-Liz? Der Arsch Lyssas? DAT BUTTLIZ?'


[align=center]"Das geht mir so am Arsch vorbei - und bei meinem Arsch will das was heißen."

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