Nach schwarzem Kaffee

Nach schwarzem Kaffee



Du bist leichtsinnig.


Dass die Stimme, die in seinen Gedanken für die Moral zuständig war, die Farbe der seines ältesten Bruders Adam besaß, verwunderte Alexander nicht. Es amüsierte ihn aber heute auch nicht, wie es das sonst zu tun pflegte. Denn heute hatte die Stimme recht. Er bog auf den inneren Ring ein, dessen Straßenführung einer orientierungsschwachen Person wie ihm entgegen kam.


Du bist leichtsinnig und dumm.Was erhoffst du dir davon?


Antworten.
Sein Bruder konnte ihn nicht hören und auch die Moralstimme gab vor, das nicht zu tun.


Egal, was du dir erhoffst, der Preis ist zu hoch. Das Tribunal sollte dir Warnung genug sein, doch du hältst an deinen Plänen fest. Sie schaden uns. Du bist ein Egoist.


War er das? Seine Schritte trugen ihn zu einer Hochstraße. Er hoffte, das es die richtige war. Konnte ein Mensch, der anderen half, der ihre Leben rettete, überhaupt ein Egoist sein? Die Antwort darauf war denkbar einfach. Ein Mensch wie er war der größte Egoist überhaupt, weil er zuließ, dass die anderen ihn aufgrund seines Tuns für selbstlos und gut hielten. Und er widersprach ihnen nicht.


Es wird dich einholen. Es holt dich immer ein.


Alexander verfiel in einen lockeren Laufschritt. Weil es bald schon bergauf ging, begannen irgendwann seine Lungen zu brennen, doch er hielt nicht an. Es war ein gutes, ein befreiendes Gefühl.


Du willst alles. Aber du wirst dich entscheiden müssen.


Es überraschte ihn, dass tatsächlich das Haus mit den vernagelten Fenstern vor ihm auftauchte. Die Wahrscheinlichkeit, falsch abgebogen zu sein, war immerhin recht hoch. Mit pfeifendem Atem wühlte er in seinen Taschen nach dem Schlüssel, fand ihn erst im zweiten Anlauf, das Schloss selbst dafür auf Anhieb.


Du willst alles.


„Ich will eines.“, sprach er in den völlig abgedunkelten Raum hinein, als sich die Türe hinter ihm geschlossen hatte. Hier war niemand, der ihn hören und sich über seine Schrullen hätte wundern können.


Du willst eines und bekommst es doch nicht. Trotzdem setzt du so viel aufs Spiel? Du wirst verlieren.


„Dann lebe ich damit.“ Keiner Antwortete. Selbst seine eben noch laute Moral hatte er in diesem Raum verloren.


Kommentare 13

  • Was auch immer der Gott in Weiß vorhat, ich bin doch irgendwie erleichtert, dass da scheinbar niemand anderes in dem vernagelten Raum ist...:o

  • Mir gefällt, und das fällt mir jetzt beim dritten Lesen erst so richtig auf, der Kontrast zwischen dem orientierungslos herumlaufenden Menschen, der in sich aber ein sehr klar definiertes Ziel hat. Das arbeitet Alexanders "Getriebenheit" nochmal schön deutlicher raus.

  • Gefällt mir auch. Ich habs natürlich lesen müssen =D
    Fühle mich aber nicht gespoilert. =)
    Dafür ist es spannend für mich.
    "Das Tribunal" =D

  • Like.


    Es freut mich, dass du wieder einen Charakter hast, der dich so intensiv zum Schreiben anregt :)

    • Danke :D


      Aber dass ich weniger über die anderen schreibe, ist nur so, weil sie einfach privater sind :)

    • Da sagst du was. Ich denke, wir hätten ganze Buchreihen mit zb. Alessa und Florean füllen können in den letzten Jahren. Aber man tut es dann doch nicht.

    • Genau. Ich kann leichter über Charaktere schreiben, zu denen ich selbst mehr Distanz habe. Deswegen gibt es nicht zu Sophia, Alessa und Claire. Was es über sie zu wissen gibt, 'gehört' einigen speziellen Personen und nicht der breiten Masse.

    • Ja :)