Verbrannte Hoffnung 14

Tag 23; Schatten und Gebete


Die letzten Tage waren zwar anstrengend aber gelöster gewesen, wir hatten uns langsam an das karge Essen und die rauen Gegebenheiten gewöhnt. Auch wenn
die Nerven immer öfter blank lagen so saßen wir auch immer öfter zusammen und träumten von einem andern Ort von unserem Zuhause, von unserer Stadt. Die Kämpfe in Löwenstein schienen sich langsam aber zum guten zu wenden zumindest wurde uns berichtet das an Boden gewonnen wurde, das die Kämpfer und mutigen Soldaten ihrem Ruf alle Ehre machten. Meine Gedanken hingen dieser Tage viel bei meinen Freunden, die dort unten waren. Nat, Ulu, Brent, vermutlich auch meine große Schwester Carrion, ihr Mentor und dessen Freundin. Sie alle waren dort und ich war hier oben, irgendwo tat mir das weh, ich konnte kämpfen.
Aber wollte ich das noch?
Nach dem was in den Harathi Landen passiert war, hatte ich mich nicht ein einziges Mal wieder in eine solche Schlacht getraut. Mir war die Arbeit zusammen mit den Löwenschatten Damen und auch Merle lieber, mir war alles lieber als noch mehr Tod und noch mehr Leid gegenüber zu stehen. Noch immer hielt er uns gefangen hier im Lager, welches zwar nun mit jedem Tag leerer wurde und die situation sich damit entspannte, doch die Bitterkeit blieb. Die Bitterkeit nicht alles für die sterbenden tun zu können, die Hilflosigkeit wenn ein weiterer Hügel sich an all die schon vorhandenen einreihte.
Gegen diese Hilflosigkeit kam jemand ins Lager mit dem ich niemals gerechnet hätte, jemand den ich seit Monaten nicht mehr gesehen hatte und der es tatsächlich schaffte meine Müdigkeit und Lethargie zu vertreiben. Rian Dunkelnebel hatte mich gefunden im Lornar Pass und war von Götterfels aus zu uns hier her gekommen.
Natürlich machten wir uns wie in einstigen Zeiten im Konzil daran die Verletzten gemeinsam zu behandeln, ich als seine helfende Hand er als der großartige Arzt zu welchem er geworden war. Es tat gut für ein paar Stunden sich dieser Arbeit wieder gemeinsam zu widmen auch mit Squishy seinem Schatten, der nun an meiner Seite blieb.
Er sollte als Notruf hilfe fungieren sollte es schlimmer werden mit den Patienten, nun wo die Abtei aufgebrochen war nach Löwenstein, war der Schatten oft meine einzige Begleitung am Tag.
Auch wenn ich mich dafür abseits der Anderen bewegen musste, so war mir der dauerbrabbelnde Schatten eine willkommene Abwechslung im Alltag.


Die Mitglieder der Eisnachtgarde waren ebenfalls aufgebrochen wohl, aber die Arbeit mit den letzten Flüchtlingen die nun aufzubrechen gedachten und der
abbau der Zelte nahm mich ein.
Wie so vieles...
Kaliyah und Aurelia waren hinein gegangen, Nhyrra war aufgebrochen, ich hatte nur noch den Zettel von Eulchen in meinem Schlafsack gefunden und konnte sie
nicht einmal verabschieden. Nachrichten von den Frontlinien gab es nicht, dafür aber zwei Honigtöpfe aus Götterfels. Es tat gut zu wissen das Toomar und Tendaran immer noch gut miteinander auskamen, er fehlte mir so sehr, mein kleiner Eislindwurm.
Wie groß er jetzt wohl war? Bei der beständigen guten Fütterung wohl um einiges gewachsen, meine Schritte führten mich an all den Gräbern entlang, wo wir noch gestern Abend ein weiteres hatten zuschütten müssen. Bell war genauso mitgenommen gewesen davon wie ich, zu Anfang. Inzwischen hatte ich mich an den Tod gewöhnt, er bedrückte mich immer noch aber es berührte mich nicht mehr.
Viel mehr berührte mich das ich die Veränderung der Anderen beobachten konnte. Hatte ich mich auch so sehr verändert?


Tzosh war von einem steten immer gut gelaunten Asura hin zu einem sehr ernsten vielleicht sogar bedrückten Freund geworden bei dem ich bald nicht mehr wusste
wie ich ihn ein wenig aufheitern konnte. Wir hätten gehen sollen, wir hätten uns all das hier nicht antun dürfen, er war nicht geschaffen für so einen Ort genauso wenig wie ich, aber wir waren in der Verpflichtung, wir hatten uns entschieden zu helfen und das bedeutete das wir durch dieses Tal der Schmerzen und Entbehrungen durch mussten.
Kaliyah war heimgekommen zu uns, sie war nun ein Teil unserer Kru, aber auch sie war noch immer unruhig getrieben von Angst und Neugier. Sie ist eine Charr sie wird sich zu verteidigen wissen dort in Löwenstein, auch wenn ich ich kein Auge darauf haben konnte so vertraute ich ihr das Kaliyah ein Auge auf Aurelia und Alanna haben würde.
Nhyrra, die kleine Eule, sie war noch so verdammt jung, aber Löwenstein hatte auch das verändert, die Arbeit in der Abtei forderte sie mehr denn je erwachsen zu sein, klare Entscheidungen treffen zu können, Dinge zu erforschen von denen kaum jemand eine Ahnung hat. Andere Asuras würden wohl anschwellen bei so viel Ego politur, aber in mir wuchs die Befürchtung das Eulchen das alles einfach irgendwann nicht mehr aushalten würde. Meine Gebte an Schwester Eule waren voll der
Wünsche das sie ein Auge auf die kleine Asura haben sollte.
Hatte ich mich auch so verändert?
Hatte ich einen Schritt in eine andere Richtung gemacht als zuvor?
Mir war nichts augefallen, wie einst im Konzil hatte ich einfach meinen Platz gefunden, als „Mama“ wie ich schon liebevoll gerufen wurde. Jahrhunderte war es her das ich es von Ezra gehört hatte oder von einem der Anderen.


Reffinja flog über mir mein Blick folgte den Schwingen der weißen Raben Dame und ich gab ihrem Flug meine innigsten Gedanken mit auf den Weg.
„ Bring uns nachhause, bring uns unsere Freiheit zurück unser Zuhause“


Mit den letzten paar Resten Schokolade die ich noch hatte kehrte ich in die Abtei zurück und tauschte es gegen ein wenig Räucherwerk. Es war Zeit für
mein Gefühl mich in Ruhe zurück zu ziehen, auf eine Ebene des Seins wo das Gefühl von Hunger, Kälte und Angst keinen Eintritt kannten.
So zog ich mich zurück für Stunden und flüsterte nur immer wieder die Worte die mich einst eine Norn gelehrt hatte.



" Vor Dir möge Schwester Schneeleopardin laufen, deinen Weg zu sichern.
Zu Deiner rechten Möge Vater Wolf laufen, Wächter und führender Geist des einsamen wandernden.
Zu Deiner Linken möge Mutter Wolf laufen, ihr Rudel wird dich stärken die Gemeinschaft dich beflügeln.
Hinter Dir möge die große Bärin über dich Wachen deine Gegner mit Respekt erfüllen.
Über Dir möge der Geist des Raben fliegen und deine Sinne schärfen."


Die Stunden zerrannen im Stundenglas, aber es war egal, alles war egal es gab nur diese Worte in mir und nichts anderes...