Dies sind die gesammelten Geschehnisse des Sommers, in dem der Drache sich einen Wolf holen kam...
I - Johan (von Llarrian)
Irgendwo im Norden, verborgen von Eis und Schnee und Fels...
"...habe allzeit mein Bestes gegeben. Keiner hier schwingt die Axt wie ich, keiner hier spaltet Schädel, wie ich es vermag. Ich habe Blut um Blut dem großen Drachen geopfert und ihm Narbe um Narbe geschenkt. Warum verwehrt ihr mir die letzten Weihen? Niemand verdient sie so wie ich! Ihr wisst, dass ich alles gebe, auch mein Leben. Alles. Alles für den Drachengeist!"
Die wutgeschleuderten Zornesworte brechen sich an spiegelglatten Eisfelsen, hallen durch die große Höhle. Fahles Feuerflackern hängt ein paar Momente einsam in der Luft, als sie verklingen. Dann erhebt sich vielfaches Gemurmel. Zwei, drei dutzend dunkle Männerstimmen erheben raunend Zustimmung oder Ablehnung. Nicht wenige lachen, wenngleich verhalten und leise. Dann ein Donnerkrachen, gefolgt von einem zweiten und plötzlich ist es still. Schritte schlurfen über knirschend harschigen Schneeboden, geteilt vom dritten unheilvollen Pochen eines Steckens. Alles ist still, jede Stimme verstummt. Nicht einmal Atem ist zu hören.
"Dein Bestes ist nicht gut genug. Dein Bestes wird niemals gut genug sein. Bevor du nicht alles gegeben hast, wirklich alles, hast du nichts gegeben. Was nützt dem Drachen dein Tod, was kümmert den Drachen das Blut eines Mannes alleine? ER will weder dein Blut noch deinen Leib noch dein Leben. Der größte Geist von allen verlangt nach deiner Seele. Er verlangt nach deinem Dienst und deiner Entschlossenheit. Er verlangt von dir alles. Und du...du weißt genau, dass du ihm längst nicht alles gegeben hast, was du zu opfern vermagst. Du weißt es. Wir alle wissen es. Du willst die letzten Weihen, den größten Segen des Drachengeistes?"
Wie Hiebe einer dornenbewehrten Peitsche schneiden die scharfen Worte des Sprechers durch die atemlos lauschende Stille. Dann zerreißt ein dritter Donner das Schweigen, knackt sich knisternd durch berstendes Eis. Der dumpfe Klang eines zu Boden fallenden Leibes folgt ihm, zischend verdampft eine Flüssigkeit. Leise und bedrohlich spricht jemand weiter.
"Du weißt, was du zu tun hast. Löse deine letzten Bande. Wasche dich endlich rein von der Vergangenheit. Opfere dein letztes Blut, sonst werden deine Adern niemals vom brennenden Eis des Drachengeistes erfüllt werden. Du weißt, was es gilt. Tu es endlich. Tu es endlich oder geh zurück zu deinem lächerlichen Volk und sei weiter Johan, der schwache, bittere Wurm. Du willst die letzten Weihen? Dann verdien' sie dir."
Die schlurfenden Schritte und ihr Freund, das Steckenpochen wandern wieder weg, knirschen auf frostigen Boden. Lange bleibt es still, dann kündet ein vielfaches Füßescharren, dass die Ansammlung sich zerstreut. Die Geräusche des Alltags heben wieder an. Schwerterklirren, Töpfescheppern. Und dazwischendrin ein leises, zischendes Röcheln wie von jemandem, der mühsam seinen Atem wiederfindet. Ein lederner Handschuh knarzt, als sich eine Faust ballt.
"Ich werde es tun, alter Narr. Du wirst sehen, wie ich es tun werde. Und wenn ich einst Jormags Segen erlangt habe, dann...dann hüte dich. Hüte dich vor mir...dem schwachen, bitteren Johan..."
II - Die Welpe (von Llarrian)
Spätnachts im Borealiswald...
"Na, komm halt, du irres Mistvieh."
Die Welpenzähnchen lassen ab vom Fuß, als dieser sich samt zugehörigem Bein bewegen anfängt. Endlich steht der Zweibeinwolf auf. Warum ist er so langsam? Schon läuft das Jungtier voran. Da draußen ist das, was sie ihm zeigen will. Mitkommen muss er, aber er ist wie immer viel zu langsam. Hin und her zwischen felligem Lager und Hüttentüre wetzt die aufgeregte Welpe. Schneller, Leitwolf, schneller. Da ist etwas, ich muss dir etwas zeigen. Endlich hat er sich sein komisches Fell um die Beine gewickelt, sehr gut, daran kann sie ihn besser zerren. Wolfszähnchen verbeißen sich in abgetragenes Hosenleder und knurrend zerrt die Kleine daran. Schneller, schneller. Da ist etwas. Komm endlich.
"Ist ja gut, ist ja gut. Bei Vater Wolfs haarigem Schweif, du bist auch echt lästig."
Hinaus geht es in den windigen Abend, sehr gut, er folgt endlich. Unter dem Zaun schlüpft die Welpe hindurch, wetzt voraus in den rauschenden Borealiswald. Kommt er? Schneller, Leitwolf, schneller! Warum bist du so langsam? Da ist etwas, komm endlich. Das Tierchen wetzt zurück, winselnd und knurrend umspringt es die beiden gemächlichen Beine. Du musst eilen, sonst ist es weg. Aber du musst das riechen, das riecht komisch. Nach dir und nicht nach dir. Komm, komm, schneller! Über moosigen Boden und alte Wurzeln führt das Wölfchen ihren Gefährten, bis...
"Woah, hej, ihr da! Na, noch am Weiterfeiern? Midsonn verlängern, das lob' ich mir! Habt ihr noch einen Schluck, bevor ich in die Felle kr...unfff..."
Viele Beine umkreisen nun den Leitwolf am Boden. Er rührt sich nicht, warum rührt er sich nicht? Blut, das riecht doch nach Blut? Blut! Die Welt des Welpen versinkt in einem roten Schleier und instinktiv stellt sich ihr Haar auf, der Zorn des kleinen Wölfchens erwacht. Beissen! Beissen! Ich beiß' euch tot! Ich beiß' euer Blut hervor, wenn ihr dem Zweibeinwolf seines nehmt! Knurrend und bellend und voller Mut stürzt sich das Tierchen auf die nächstbesten Beine, verbeißt sich in Stiefel, kämpft bis aufs Blut. Sogar, als sie hochgehoben wird, schnappt die Irre wild um sich her, will beissen und töten. Dann drückt ihr jemand mit eisernen Fingern die Schnauze zu.
"Was machen wir mit dem Mistvieh hier?"
Ein kleines Winseln. Mehr geht nicht mit abgedrücktem Maul. Zu fest, zu fest! Beissen, beissen! Immer noch wehrt die Welpe sich wie verrückt. "Das kümmert mich nicht. Wir haben, was wir hier wollten. Verschürt ihn und dann los." Welpi kriegt Angst, soviel Eis und Kälte ist in dieser Stimme und sie hält still. "Nein, wartet." Eine grobe Hand packt das Tierchen im Nacken, hebt es höher. "Damit fangen wir an. Dieses ganze Weulfspack soll sehen, wie schwach ihr lächerlicher Wolfsgeist ist. Nichteinmal seine Kinder kann er beschützen." Welpi zappelt und zuckt vor instinktiver Angst. Es piekst am Bauch. Plötzlich wird es heiss an der Kehle. Irgendwo heult ihr Wolfsvater und dann zieht Nebel auf...
III - Rastgeflüster (von Llarrian)
Ein grausiger Fund
Auf dem Weg zwischen Rudelhütte und Rasthof findet sich zur Morgenstunde ein schauderhaftes Bild. Der Leib eines kleinen, grauen Wolfswelpen liegt dort im Sand, der Kopf ein paar Schritt entfernt. Der weichbepelzte Bauch ist blutverkrustet, die Gedärme wurden der ganzen Länge nach herausgezogen. Dem kleinen Köpfchen wurde die Schnauze eingetreten und die Augen zerstochen. Vom Rastwirt Johansson, mit dem das Vieh in der letzten Zeit immer zu sehen war, fehlt jede Spur.
IV - Rabenträume (von Dr.Moe)
Schweiss glänzt nass auf der Stirn des so eben Erwachten. Hektisch flirren die graubraunen Pupillen auf und ab, während der Schlaf aus den noch wundverkrusteten Augen geblinzelt wird. Die verwaschene Realität kehrt zurück, das Mobiliar nimmt langsam klare Konturen im dunstigen Morgenlicht an. Ruckartig richtet der Norn sich aus den buntgewebten Laken auf, sein Herz schlägt wild. Übelkeit macht sich bemerkbar und gerade so gelingt es noch, die ersten galligen Säfte, welche ihren Weg vom Magen durch die Kehle hinaus suchen, mit einem verzogenen Gesicht herunterzuschlucken. Der bittere Geschmack bleibt beharrlich am Gaumen haften.
Moe hält die Luft einen Moment an, ehe er langsam und bedacht seine Atmung zu steuern beginnt. In den Bauch hinein, sich auf den Weg besinnend, den die Luft die Lunge hinunter nimmt. Konzentration. Ruhe. Sammeln.
Die wiederkehrenden Bilder aus der zuletzt durchlebten unfreiwilligen Vision, die Rabe ihm gesandt hatte, haften noch immer in seinem Unterbewusstein. Kratzen beharrlich und nervtötend an der Oberfläche, lauern einer Raubkatze gleich, um im nächsten Augenblick der Schwäche mit aller Gewalt in den Vordergrund zu preschen. Phantomschmerzen begleiten diese Momente, mal mehr, mal weniger ausgeprägt.
Rauschkraut und Medititation helfen, davon abzuschalten. Dass dies kein Dauerzustand sein kann, ist dem Norn bewusst. Die ganze Sache mit diesem Rudel scheint ihn irgendwie zu beschäftigen, aus welchen Gründen jedoch, darüber rätselt er schon seit Tagen. Immer wieder ermahnt er sich, es könne ihm im Prinzip egal sein. Er kennt die Hälfte von ihnen nicht einmal im Ansatz. Schlimme Dinge geschehen. Sie hatten die Warnung durch das Medium erhalten, eigentlich war er doch nun raus aus der Sache...zumindest versucht er wehemennt, sich das einzureden und die Idee zu ignorieren, dass für ihn selbst noch etwas in dieser Sache im argen liegen könnte.
Maurice erhebt sich von der harten Matratze und beschliesst, die ganze Sache darauf zu schieben, dass er wohl durch die Geschehnisse der letzten Zeit durchlässiger ist, als sonst. Der Gedanke ist gerade dabei fertig zu reifen und überzeugende Züge anzunehmen, als er auf den Balkon tritt und eine Nachricht an seiner Ladentür findet.
V - Der Fund (von Aanika)
Heiter ging es am Lagerfeuer der Rast zu. Es wurde gelacht und gescherzt, geneckt und sich rasch wieder versöhnt. Man mochte sich und zeigte das auf unterschiedlichste Weise. Nastrai hatte zwei Forellen zubereitet und die liessen sich er, Tuula und Aanika nun schmecken. Forellen im Kräuterbett. Mit Zitrone! Das waren diese gelben Eier, die spritzten wenn man sie quetscht. Natürlich tat Aanika genau das, nachdem Nastrai die Zitrone halbiert hatte. Ihre Rudelschwester Tuula sollte das Ziel sein, doch sie hatte nicht mit der Tücke des Objekts gerechnet.
"Verfluchtescheißbeschiss'neZitrone!" wurde die Wirtin laut, als der für Tuula gedachte Zitronensaftstrahl sie ins Auge traf. Wild gerieben wurde und genauso geflucht, während die beiden anderen Norn lauthals lachten. Blinzelnd und mit zugekniffenem rechten Auge wurde dann losgegessen. Fisch mochten alle und, obwohl man zuvor sagte, man habe garkeinen Hunger, würde aber notfalls nehmen was übrig bleibt, wurde nun geschlemmt und das Kräuterbett der Forellen weitete sich bald auf Finger und Münder der drei aus.
"Das wirst Du anders sehen, wenn Du einmal Kinder hast, Aanika!" meinte Nastrai im Scherz auf die kühne Behauptung Aanikas hin, sie würde sehr gern in den Fellen sein, aber nicht zum Schlafen. Doch seine Spitze traf sie ins Herz und alle Fröhlichkeit des Abends war dahin. Sie spürte ihr Herz zerspringen und Zorn aufflammen, obwohl sie wusste, dass er es nicht wissen konnte und nur gutmütig gescherzt hatte. So sehr wünschte sie sich eigene Kinder, doch es blieb ihr, aus eigener Dummheit, verwehrt. Also tat sie das Zweitbeste, was ihr nach "Hau dem Kerl eine Axt in den Schädel" in den Kopf schoß. Flucht.
Hinab in Richtung der Schlafhütte führte der Weg und plötzlich war da etwas schleimig-weich auf dem Weg, was dort noch nie war. Sie wich zurück und weitete die Augen und was sie dort zu sehen bekam, wischte ihren eigenen Schmerz wie ein scharfer Bergwind fort. Blut und Gedärme. Sofort erwachten die Instinkte der Schneeleopardin und sie duckte sich etwas, sah sich um. War da noch jemand in der Nähe? Ihre Äxte hatte sie in der Rasthütte gelassen, doch sie war alles andere als wehrlos und, wie um das zu untermalen, entfuhr ihrer Kehle ein leises Fauchen. Angespannt näherte sie sich dem kleinen, grauen Fellbündel, das da im Sand des Weges lag. Sie schnupperte doch ohne eine Wolfsnase musste sie näher heran. Der Leib eines Wolfswelpen! War das etwa...?
"Nein, nicht Irre! Sie ist doch noch so klein!" raste es Aanika durch den Kopf. Kopf... wo war der eigentlich? Sie suchte und fand ein weiteres Bündel Fell, kaum ein paar Schritte entfernt. Schon längst wusste sie, dass es die kleine Bestie mit den nadelspitzen Zähnen war, die sie rasch ins Herz geschlossen hatte, doch die Wirtin brauchte Gewissheit. Vorsichtig streckte sie die Hand nach der, fürchterlich zerdrückten, Wolfsschnauze aus und als ihre Finger das bisschen verbliebene Fell berührten zerriss es ihr schier das Herz. Sie war es. Deutlich konnte sie die Kratzer von vor wenigen Tagen ertasten, die Weisspfote, ihre junge Schneeleopardin, der Kleinen beigebracht hatte.
"EIK!" war der nächste fürchterliche Gedanke und wieder suchte sie den Weg ab, der nun taghell vor ihr lag, obwohl es noch lange finster blieb. Ein wenig erleichtert, dass sie nicht auch noch die Leiche des Wolfs fand, eilte Aanika zur Schlafhütte und sah sich dort um. Es roch nach... Schnaps. Er war wohl reichlich betrunken gewesen nach dem Midsonn-Fest in der Rast. Die Hose war nicht zu finden, ansonsten sah alles aus wie immer. Keine Kampfspuren, nichts. Was war passiert?
Durchs feuchte Gras abseits des Weges führten die eiligen Schritte wieder zur Rasthütte hinauf, um nicht versehentlich das Wölfchen zu treten, das es ohnehin nicht spüren würde. Aber sie würde es spüren und dann noch mehr weinen als sie es jetzt schon tat. "TUULA! SCHNELL! ES IST ETWAS PASSIERT!" rief sie die beiden Verbliebenen am Rastfeuer an, die sich wohl gerade über Aanikas plötzlichen Aufbruch unterhielten. Tuula wusste vom Grund der Kinderlosigkeit und erklärte es ihm wohl ruhig, als die Schneeleopardin auf den Hof gestürzt kam, aufgeregt, fassungslos und die Rechte voller Blut.
Sofort war man auf den Beinen und das Aanika ihre geschliffenen Äxte aus der Rasthütte holte, liess Nastrai und Tuula unruhig werden. "Was ist denn? Was ist los?" wurde gefragt, aber die Antwort kannte die Norn aus Löwenstein selbst nicht. "Sie... sie hab'n... irg'ndwer hat..." ihre Stimme brach unter Tränen und Schmerz über das Gesehene. "Eik is' weg! Schaut euch das an!" brachte sie dann noch hervor und eilte auch schon wieder den Weg hinab, die Knöchel um die beiden Äxte weiss vor Anspannung. Wer auch immer das getan hatte, sie würde ihn umbringen. Jagen und abschlachten.
Im Licht einer Fackel zeigte sich das ganze Ausmass der Tat und die drei Norn standen da wie Statuen. Fassunsglosigkeit stand ihnen ins Gesicht geschrieben und Zorn flammte in ihren Augen auf. "Ist das...?" war es Tuula, die die Stille brach. Aanika konnte nur nicken, krächzte dann ein "Aye. Das is' Irre. Oder das, was noch von ihr übrig is'." und wieder brachen ihr die Tränen aus. "Wir werden sie umbringen und leiden lassen!" war Tuulas nächster Satz, doch Nastrai beschwichtigte sofort. "Wir sind Norn. Wir tun so etwas nicht." mahnte er zur Ruhe, doch die beiden Weiber wollten das wohl gerade nicht hören.
Noch eine Weile stand man einfach nur da, liess die Köpfe ohnmächtig ob der Grausamkeit hängen, bis es wieder Tuula war, die das Schweigen brach. "Jemand... sollte das hier wegmachen." deutet sie auf die zerstückelten Überreste des jüngsten Wölfchens des Rast. Aanika zögerte nicht lange und nahm die grausige Aufgabe auf sich. "Schaut ihr in der Hütte nach, ob ihr was seht was 'ch nich' geseh'n hab'" wies sie die beiden anderen an und wandte sich auch schon um, hinauf zur Rasthütte, um ein Tuch zu holen und die Einzelteile der kleinen Beisserin einzusammeln. Behutsam, als ob sie der jungen Wölfin immernoch wehtun könnte, hob die Wirtin alles sorgsam aufs Laken, strich dem Wölfchen gerade noch einmal über die zerschmetterte Schnauze, als Tuula und Nastrai zurückkehrten. "Wir werd'n sie alle umbring'n." flüsterte sie dem toten Wolf zu und es klang wie ein Schwur, dann schlug sie das Tuch zu, verbarg die Überreste.
"Nichts was auf einen Kampf hinweist." bestätigten Tuula und Nastrai Aanikas Einschätzung der Schlafhütte. "Man muss ihn herausgelockt haben. Irgendwie. Eik ist fort. Und es ist zu dunkel um die Spur jetzt noch aufzunehmen. Keiner von uns hat eine Wolfsnase." sprach man weiter, doch Aanika konnte es schon nicht mehr hören, denn sie sog die kalte Nachtluft in die Lungen und brüllte in den Wald. "WIR WERD'N EUCH ALLE UMBRING'N!" wusste nun der ganze Wald und selbst die Tiere und der Wind hielten den Atem an im Angesicht des kaum zu bändigenden Zorns. Stille Tränen liefen Aanika übers Gesicht als sie die kleine Wölfin aufhob und auch den anderen erging es kaum besser. Nicht nur die Trauer über den grausamen Tod des Wölfchens stand in den Gesichtern, sondern auch große Sorge ob des ungewissen Schicksals ihres geliebten Freundes und Rudelführers war in jedem flammenerhellten Antlitz zu sehen.
"Wir sollten sie zu Yilva in die Wolfshütte bringen." war Tuulas Vorschlag, doch Aanika lehnte ab. "Nein. Sie bleibt hier. Varda wird sich verabschied'n woll'n un' wir verbrenn'n das, was noch übrig is'. So will es der Brauch." Nastrai nickte und zu dritt schleppte man sich den Weg hinauf zur Rasthütte, die Herzen schwer von Sorge und Trauer. Wo sollte sie die Kleine hinlegen? Aanika sah sich um in der Rasthütte und wusste es sofort. Behutsam, fast zärtlich, bettete sie die Welpin auf Eiks Stuhl an der großen Tafel der Rast und schloß die Augen, atmete aus.
"Das war kein Tier, dass das gemacht hat. Das war ein Zeichen! An uns! An die Rast und das Rudel!" dämmerte es Tuula und Nastrai und Aanika verstanden. Die Wirtin vielleicht noch etwas mehr. "Zeich'n... Du has' mir doch von Moes Visi... Vis... von dem was er geseh'n hat, als er Varda berührte erzählt! Wolf un' Schneeleopardin! Das war nich' Varda un' ich! Das war'n Eik un' Sjor! Wir müss'n Sjor find'n! Die werd'n sie auch hol'n!" platzte es aus Aanika heraus und einen Moment herrschte Stille. "'ch geh' nach Löw'nstein un' such' Moe un' mein'n Wolf. Er hat ne gute Nase. 'ch beeil' mich, weil wir müss'n schnell hinterher. Du schreibs' Sjor, oder hinterlässt ne Nachricht in der Leopard'nhalle. Sie muss gewarnt werd'n. Sie wird uns helf'n könn'n, wie sie 's schonmal gemacht hat. Lokke wollt' eh heut' Ab'nd nach Löw'nstein komm'n. 'ch samm'l ihn ein un' wir komm'n durch 's Portal hierher." sprudelte es aus Aanika heraus und keiner widersprach. Nastrai mahnte sich auszuruhen und brach bald auf um genau das zu tun.
Das Rudel war aufgescheucht und musste handeln. Wollte handeln. Und so zog man aus um alle zu versammeln, Hilfe zu erbitten und den schmerzlich vermissten Leitwolf zu finden. Und um Rache zu nehmen, für den Tod des jüngsten Mitglieds des Rastrudels.
"Wir werd'n euch alle umbring'n." waren die letzten geflüsterten Worte Aanikas in den Borealis-Wald , ehe sie mit schnellen, entschlossenen Schritten nach Hoelbrak und zum Portal nach Löwenstein eilte.
VI - Böses Erwachen (von Varda)
Eik hatte sie aufgeweckt. Er war hinaus getreten, als es noch dunkel gewesen war. In jeder anderen Nacht wäre Varda einfach wieder eingeschlafen. Doch seit sie in an jenem Abend Moe's Raritätenladen verlassen hatten, hatte die große Norn keine Ruhe mehr finden können. Die Angst, dass seine Vision, dass die dunkle Zukunft, von der er gesprochen hatte, wahr werden könnte, saß ihr im Nacken.
Und so war sie wach geblieben und hatte gewartet, dass Eik zurück kam. Sekunden wurden zu Minuten und irgendwann hielt Varda es nicht mehr aus.
Du bist vollkommen verrückt geworden, sagte sie zu sich selbst, als sie sich hastig anzog und nach Bogen und Köcher griff. Wenn er dich so sieht, wird er lachen und den Kopf schütteln.
Doch sie konnte sich nicht zurück halten. Sie wusste, dass sie vermutlich den Verstand verlor. Immer ein Stück mehr, seit sie Löwenstein verlassen hatten.
Vardas Sinne waren noch betäubt vom Schlaf, als sie aus der Hütte hinaus trat und tief einatmete. Ihre Nase war verstopft von der Hitze, die drinnen zwischen all den Fellen herrschte und es war zu dunkel, um Fußspuren im Sand zu erkennen. Das Licht des abnehmenden Vollmonds war von dunklen Wolken bedeckt und war ihr in dieser Nacht kein Wegweiser. Varda hob den Kopf und horchte, doch da war nichts. Der Wind strich sanft durch die Bäume, ließ die Blätter rascheln und singen. Ansonsten war es still.
Doch als sie hörte, wie ein Ast entzwei brach, wandte sie ruckartig den Kopf.
Das ist nun schon viel zu lange her, dachte Varda, während ihre Schritte immer schneller und hektischer wurden. Ein Tier war auf jenen Ast getreten und davon gehuscht, als sie angerannt kam. Danach war sie weiter in die Richtung gegangen, um nach Eik zu suchen.
Mit jeder weiteren Sekunde wurde die große Norn unruhiger. Sie wusste nicht, wie lange sie schon durch den Borealis-Wald lief.
Minuten.
Stunden.
Es erschien ihr, als wäre sie bereits die halbe Nacht zwischen den Bäume umher gewandert.
Wie eine Spinne kroch die Angst ihr den Rücken hinauf. Sie fraß sich in ihre Gedanken und betäubte den Verstand. Wo war Eik bloß?
Ein weiterer knackender Ast ließ sie den Kopf ruckartig wenden und vor ihr stand Freya, eine Norn des Rastrudels.
Natürlich, die Rast!, schoss es Varda durch den Kopf. So blind vor Angst hatte sie ganz vergessen, dort nachzusehen. Vielleicht war Eik jemandem begegnet und war für einen Krug oder Zwei hinauf zur Hütte gegangen und hatte sich ans Feuer gesetzt.
Doch als sie Freyas Gesicht in der Dunkelheit musterte und die vor Schmerz verzerrten Züge erkannte, blieb ihr Herz stehen.
„Was is' passiert?“, flüsterte sie und ging auf die junge Frau zu. „Freya, was is' los? Wo is' Eik?“
„Du weißt es noch nicht?“, antwortete sie und schluchzte leise. Tränen rannen ihr über das Gesicht und Vardas Kehle schnürte sich zusammen.
Oh nein. Nein, nein, nein, nein...
Sie wollte die Norn nochmals fragen, was passiert sei, als Freya auch schon loslief.
Die Rothaarige folgte ihr ohne zu Zögern und erkannte schnell, dass sie auf die Rast zuliefen. Ihre Schritte wurden schneller, lauter. Sie überholte die andere Norn rasch, rannte an ihr vorbei und auf die große Wirtshütte zu. Sie ignorierte die anderen Gesichter, denen sie begegnete. Ignorierte die Tatsache, dass der ganze Hof unruhig und wach war.
Erst, als sie die große Hütte betrat, hielt sie ruckartig an. Dort drinnen schienen ihre Sinne endlich wieder zu ihr zu finden. Sie roch den faulen Gestank des Todes sofort. Er war nicht stark, doch er war da und begann sich stetig auszubreiten. Und er drückte Vardas Herz so fest zusammen, dass es schmerzte.
Freya hatte sie eingeholt, als die wilde Wölfin bereits begann, dem Geruch zu folgen.
„Eiks Stuhl...“, schluchzte die Jüngere nur.
Vardas Hände zitterten, als sie sich dem Platz näherte. Ihr Herz, ihr Atem, alles raste und sie konnte sich kaum beruhigen.
Das Bündel, welches auf der Sitzfläche lag, war klein. So klein, dass es noch nicht mal den Platz ausfüllte, auf dem der Leitwolf immer saß. Was würde sie sehen?
Die Angst zwang sie in die Knie, sie spürte den Schmerz nicht, als sie auf den Holzboden aufschlug. So stark hatte das Zittern von ihr Besitz ergriffen, dass sie es kaum schaffte, das Leinentuch beiseite zu schieben. Doch als sie dessen Inhalt sah, schien alles still zu stehen.
Ihre Augen sahen auf die Überreste der kleinen Wölfin. Auf das vom Blut getränkte Fell und den vom Körper entrissenen, entstellten Kopf. Doch sie brauchte mehrere Momente, um zu realisieren, was sie dort sah.
See aus Blut, flüsterte eine Stimme in ihrem Kopf. Herz aus Eis... Verlust... Verlust...
Varda bekam keine Luft. Egal, wie tief sie einatmete, sie bekam einfach keine Luft. Das Zittern hielt sie wieder gefangen, dieses Mal stärker als zuvor und wanderte von den Händen aus über den ganzen Körper.
Die Vision, die Vision hat sich erfüllt!, schrie es in ihren Gedanken.
Die ganzen Zeit, seit Freitag Abend, lauerte die blanke Panik in ihr, versteckt in einer dunklen Ecke und nun kam sie brüllend hervor.
Sie spürte Freyas Arme um sich, wie die junge Frau sie festhielt, doch das Zittern ließ sich nicht aufhalten.
„Wir können Eik nicht finden“, weinte die Jüngere an ihrer Schulter. „Varda, es tut mir leid, es tut mir so leid...“
Die Angesprochene hörte nur halb zu. In Gedanken war sie zurück in Moe's Raritätenladen und stand vor dem dunklen Norn, der ihre rechte Hand hielt. Die verbrannte Hand, die vom Tod gezeichnet war.
„Es war, als hätte mir jemand etwas entrissen“, hatte Moe erzählt.
Und genauso fühlte es sich an, als endlich die Erkenntnis in ihren Kopf sickerte, dass Eik weg war. Dass sich die dunkle Zukunft, vor der sie sie sich so sehr gefürchtet hatte, nun hier war.
Wie ein Sturm brach die Angst aus ihr hervor und betäubte die Sinne. Sie vergrub das Gesicht in den Händen und schrie. Selbst als die Wangen mit heißen Tränen bedeckt waren und ihr Hals kratzte, schien der Schmerz nicht enden zu wollen.
VII - Wolfsträume (von Camra)
Der Schnee fiel in dicken Flocken und so langsam, dass die einzelnen kleinen weißen Punkte vor dem Auge zu tanzen schienen. Wenn man versuchte, ihren Bewegungen mit dem Blick zu folgen, verlor man sich hoffnungslos in den wilden Ausbrüchen zu allen Seiten, diesem fröhlichen, zeitverlorenen Spiel, das sich fast jeden Tag aufs Neue still wiederholte. Der Wind, der die Richtung der Schneeflocken zu beeinflussen begann, wehte kühl über den frisch gefallenen Schnee, ließ diesen puderig über einen kleinen Hügel davonstieben, die Sicht für einen Moment mit purem Weiß unterlegt. Ein leises, zwischen Vergnügen und Angriffslust hin- und herpendelndes Knurren erklang hinter dem Hügel, und kurz darauf flog ein struppiger Wolfswelpe darüber.
War das kleine Tier gesprungen oder hatte man es geworfen? Egal, es japste kurz, als es im Schnee aufschlug, rollte einige Schritt den Hügel hinab und kam wieder mit heraushängender, hechelnder Zunge auf die dürren Beine. Fast sofort raste der Welpe wieder los und stürzte sich auf die beiden Gestalten, die über den Hügelkamm hinauf gerannt kamen, ein großer, kräftiger Wolf mit zerzaustem, goldbraunem Fell, und eine schlankere, geschmeidige Schneeleopardin, deren Fell nicht minder zerwühlt und schneebedeckt war. Der große Wolf gab einen Laut von sich, der fast an ein Lachen erinnerte, als das kleine Wölfchen sich prompt an der dick bepelzten Vorderpfote der Leopardin versuchte und feststellen musste, dass das Bein dann doch ein bisschen zu breit für das Welpenmaul war. Dennoch wollte das Kleine nicht aufgeben, versuchte durch wildes Strampeln der Hinterläufe die Beute zu bezwingen, bis die Leopardin mit gutem Schwung das Wölfchen ein Stückchen weiter nach hinten in den frisch gefallenen, weichen Schnee schleuderte.
Sich zuerst schüttelnd, dann mit einem wilden Angriffsjapsen, stürmte der kleine Welpe zurück und schien das Spiel zu genießen - die Leopardin warf das kleine Tier nie zu weit, und zielte immer auf frische Schneehaufen. Überhaupt war das kleine Wölfchen kaum müde zu machen, es griff nicht nur die Leopardin an, sondern probte die Macht des jungen Kiefers an einem Baumstumpf, versuchte zwischendrin einen Hasen zu erlegen, der natürlich schneller war, rupfte ein gefährliches Grasbüschel aus dem Schnee und schleppte zu guter Letzt ein undefinierbares, halb verrottetes Etwas an, bei dem sich nicht einmal mehr über den Geruch feststellen ließ, was es einmal zu Lebzeiten gewesen war. Während Wölfchen durch den Schnee tobte und ihre Angriffswut an der Umgebung ausließ, hatte der größere Wolf mit dem Maul einen Tannenzweig samt Schnee heruntergezogen, auf die Leopardin gezielt und dann losgelassen, was ihr einen dicken Haufen Schnee mitten auf die Nase bescherte. Sie stürzte sich auf den frechen Wolf und versuchte gerade, ihn mit beiden Vorderpfoten und einer angemessenen Menge Schnee einzuseifen, als Bewegungen im Tiefschnee ihre Aufmerksamkeit ablenkten.
Der große Wolf gab einen Warnlaut von sich, der das Wölfchen alarmieren sollte, doch es war bereits zu spät: Im Spiel gefangen, waren die drei von einer Rotte bösartig geifernder Eisbrutwölfe umkreist worden, deren übler, nach Blut und frisch gerissenem Fleisch stinkender Atem durch die kalte, klare Luft wie ein schwärendes Miasma driftete. Die drei schoben sich instinktiv näher aneinander heran, das kleine Wölfchen suchte beim großen Wolf Schutz, der den Kopf senkte und angriffslustig die Zähne fletschte, die Leopardin duckte sich in Katzenmanier an den schneebedeckten Boden und legte die Ohren an, bereit zum Sprung. Wie auf ein geheimes Zeichen hin begannen die Eisbrutwölfe ihren Angriff: Drei widmeten sich der Leopardin, die anderen stürzten sich wie eine Flut aus grau und braunem Hass auf die beiden Wölfe. Das Schneegestöber wurde heftiger, die Körper der Kämpfenden rollten durch den aufgewühlten Untergrund, Japsen, Schreie, wildes Knurren, Fauchen, Tatzenhiebe, und dann ein verzweifelter Schrei des Wolfswelpen, der in der hereinbrechenden, alles überwältigenden Dunkelheit verklang.
Stille. Die Eisbrutwölfe waren fort, nur der zerwühlte, von unzähligen Pfotenabdrücken bewegte Schnee blieb zurück, und die schwer atmende Leopardin, die sich nach allen Seiten umblickte. Es war dunkel geworden, der Schnee klatschte ihr aufs Fell, nasse Flocken wie Tränen, und auf dem Boden Blut. Wo waren die Wölfe, der große und das kleine Wölfchen? Sie stromerte mit einem Hinken durch den Schnee, versuchte etwas von ihrem Geruch aufzunehmen, doch dort war nichts mehr ausser blutigen Pfotenabdrücken, große und kleine, die in die Dunkelheit führten. Sie atmete heftig, spürte das abflauende Zittern der Glieder, die nachlassende Anspannung, und Leere. Wo waren sie? Was war mit ihnen geschehen? Sie gab einen leisen, klagenden Laut von sich und lief geradewegs in die Düsternis hinein ...sie musste sie suchen ... finden!
Sie musste sie suchen ...
Finden ...!
Goldene Augen öffneten sich und blickten verwirrt in die Dunkelheit.
Es hatte wieder zu schneien begonnen, frisch gefallener Schnee zog eine dünne Decke über die als Einpersonen-Schlafhöhle aufgebauten, dicken Felle der Jägerin. Ihr im Schutz einer kleinen Baumgruppe aufgeschlagenes Lager sah aus, als wäre es ein undefinierbarer, menschenlager Hügel unter den Bäumen. Still starrte Camra in den Himmel, in dessen Schutz die kleinen Flocken rieselten. Sie brauchte einige Momente, um die Eindrücke des Traumes abzuschütteln, denn das war es gewesen, nur ein Traum. Wirklich nur ein Traum?
Sie schmeckte die Bitterkeit der Verzweiflung auf ihren Lippen. Sie war diese Leopardin gewesen, und sie hatte die beiden nicht beschützen können. Warum nur hatte sie von Eik und seinem Neuzugang geträumt, dieser kleinen, angriffslustigen Wölfin, die sich grundsätzlich auf alles stürzte, was auch nur in Sichtweite kam? Einer ihrer Stiefel trug noch die Bisspuren des Welpen, der sich daran vergeblich bemüht hatte. Die Jägerin träumte für gewöhnlich nicht sehr häufig, und wenn, verloren sich ihre Träume schnell in den Augenblicken, die unmittelbar nach dem Aufwachen folgten. Träume wie dieser waren ...selten. So klar standen die Bilder vor ihren Augen, als hätte sie das Geschehen selbst erlebt. Und es roch nach Blut. Witternd blähte sie ihre Nasenflügel, doch schnell realisierte sie, dass sich nichts sterbendes in der Umgebung befand. Dennoch ...
Es gab nur einen Weg, sich zu vergewissern, dass dieser Traum nur ein Traum gewesen war. Sie würde zur Rast reisen müssen, um dort nach Eik und dem kleinen Wölfchen zu sehen. Alle anderen Optionen würden nur zu Grübeleien, aber nicht zu Gewissheit führen, und sie brauchte Gewissheit. Zuviel Blut in diesem Traum, zuviel Hass in den Augen der Angreifer waren es gewesen. Es würde schon ausreichen, wenn sie in das Hauptgebäude der Rast hineingehen würde und Eik im Kreis der anderen am Feuer sitzen sähe. Sie müsste den Traum nicht einmal erwähnen, niemanden beunruhigen. Träume sind Sache der Schamanen, und die Geister hatten Camra stets ihr Leben leben lassen. Irgendwann hatte ihr Vater gescherzt, sie sei so schamanistisch wie ein Stück Stein, und daran hatte sich nie wirklich etwas geändert. Die Geister sprachen zu anderen. Nicht zu ihr.
Vieles in ihr war der Leopardin nahe, stetig rastlos, immer auf der Jagd, selten lange an einem Ort. Sie blieb nicht lange genug, um viele Freundschaften zu schließen, die meisten anderen Norn schätzten Beständigkeit, jemanden, der in der Nähe blieb. Eik war einer der wenigen, die verstanden und nicht versuchten, sie zu ändern. Deswegen kam sie an der Rast vorbei, wenn sie in der Nähe war. Sie tauschten Worte, Gedanken, und wenn sie aufbrach, um einer neuen Fährte zu folgen, wärmte sie der Gedanke, dass auch ein Wanderer Orte und Norn finden konnten, wo es immer ein Feuer geben würde. Doch sie waren selten. Auch deswegen musste sie dorthin.
Nach dem Feuer sehen. Nach dem Met sehen, nach dem Lachen. Denn all das war er für die Rast, ein natürlicher Mittelpunkt. Er sprach stets mit warmen Worten vom Rastrudel. Beim letzten gemeinsamen Gespräch schien es, als habe er gefunden, was er gesucht hatte. Nun war er endlich glücklich. Es war für sie schwer zu verstehen, wieviel er daran finden konnte, an einem Ort zu bleiben, aber für ihn funktionierte es. Das war das Entscheidende.
Noch immer blickte sie in den Himmel und schwieg. Wenn der Morgen anbrach, würde sie ihr Lager abbrechen und sich auf den Weg machen. Nur einmal nachsehen ...